Kannten Sie diese 3 Fakten über die Bremer Kolonialgeschichte?

Einweihung des Kolonial-Kriegerdenkmals in Bremen 1932: ettow-Vorbeck hält die Gedächtnisrede

3 wenig bekannte Fakten über Bremens Kolonialgeschichte

Bild: dpa | ullstein bild

Bremen ist mit Überseehandel reich geworden. Doch wussten Sie von der ersten Tropenhelmfabrik? Oder von der Hochseefischerei vor Island? Ein neues Buch will aufklären.

Wie verwoben ist die Geschichte Bremens mit dem Kolonialismus? Dazu wurde in Bremen mit dem Afrika-Archiv schon in den 1970er-Jahren begonnen, Aufarbeitungsarbeit zu leisten. Viele Verschiedene Aspekte zu Bremens Kolonialgeschichte trägt das neue Buch "Stadt der Kolonien – Wie Bremen den deutschen Kolonialismus prägte" zusammen.

Mehr Menschen dieses Wissen in verständlicher Weise zugänglich machen, war eines der Ziele für Mit-Herausgeber Norman Aselmeyer: "In den letzten Jahren sind viele Bücher über die Beteiligung einzelner Städte erschienen. Ein Überblickswerk für Bremen aber gab es bisher nicht. Wir hatten den Eindruck, dass vielen Menschen gar nicht klar ist, wie eingeschrieben das Thema in die Bremer Stadtgeschichte ist." Aselmeyer ist Historiker und hat sich für das Buch mit Virginie Kamche, Mitgründerin der Vereins Afrika Netzwerk Bremen, zusammengetan.

Immer noch viele Vorurteile in den Köpfen

Kamche engagiert sich seit mehreren Jahren für eine bessere Integration in Bremen. "Durch den Kolonialismus gibt es immer noch viele Vorurteile in den Köpfen. Oft werde ich gefragt: 'Was habe ich mit der Kolonialzeit zu tun?' Ich selbst habe auch nicht direkt etwas damit zu tun. Die Folgen aber spüren wir bis heute. Und wenn wir nicht daran arbeiten, dann wird es auch in weiteren Generationen noch so sein", sagt die Mit-Herausgeberin.

Neben dem Meilenschwindel, Bremen als Kaffeestadt oder der Frage nach Straßenumbenennungen enthält das Buch auch weniger bekannte Teile der Geschichte. Aselmeyer betont: Als Wegbereiter und Triebkräfte seien Bremen und Hamburg als Hanse- und Hafenstädte zentral gewesen, auch wenn die politischen Entscheidungen zumindest während der Zeit des deutschen Kolonialreichs woanders getroffen wurden.

1 Tropenhelme made in Bremen

Als die Schutztruppen, wie die deutschen Militäreinheiten in den Kolonien genannt wurden, im Jahr 1896 eine einheitliche Uniform bekamen, trat die Firma Ludwig Bordtfeld Bremen auf den Plan. Nach eigener Aussage die "erste deutsche Tropenhelmfabrik", konkurrierte sie anfangs mit anderen Firmen, setzte sich dann aber mit einem Helmentwurf durch, bei dem man das Nackenteil einklappen und so ungehindert schießen konnte, ohne den Helm beim Heben des Kopfes zu verlieren.

"Um den massiven Bedarf an militärischen Kopfbedeckungen zu decken, baute Ludwig Bortfeldt eine Fabrik auf. Die 'erste deutsche Tropenhelmfabrik' befand sich in der Riensberger Straße 30/32 in Bremen, direkt neben dem Riensberger Friedhof im Stadtteil Schwachhausen", schreibt Autorin Laura Haendel. Heute sei nichts mehr vom Gebäude übrig, an der Stelle stehen mittlerweile Wohnhäuser.

2 Das Meer als Kolonie: Hochseefischerei vor Island

Ende des 19. Jahrhunderts begannen bremische Fischdampfer mit der Fischerei vor Island. "Die isländische Fischerei verfügte noch nicht über die Technologien, die eine Nutzung derselben Fangplätze erlaubt hätte", schreibt Autor Ingo Heidbrink. Er geht davon aus, dass europäische Fischereinationen die Gewässer um Island als quasikoloniale Ressource nutzten.

Ausgehend von der Definition des Kolonialismus als 'der Ausdehnung der Herrschaftsmacht europäischer Länder auf außereuropäische Gebiete mit dem vorrangigen Ziel der wirtschaftlichen Ausbeutung', könne man die Fischerei in den Gewässern um Island als Kolonialismus bezeichnen. In den bremischen Reedereien habe man die Fischerei mit der Freiheit der Meere gerechtfertigt. Tatsächlich aber nutzte man die Fanggründe für den eigenen Profit.

"Kolonialismus, das war aus Sicht bremischer Vertreter der Fischereiunternehmen und der Besatzungen der Fischereifahrzeuge etwas, das sich im globalen Süden ereignete und nicht in den rauen Gewässern des Nordatlantik", so Heidbrink.

3 Wie in Bremer Schulen Nachwuchs für den Kolonialismus gesucht wurde

Seit Ende des 19. Jahrhunderts gab es Lichtbildvorträge an Bremer Schulen. "Lichtbilder waren gemalte oder fotografische Diapositive, die, begleitet durch einen Vortrag, zur Aufklärung oder Unterhaltung auf große Leinwände projiziert wurden", schreiben die Autoren Sabine Horn und Norman Aselmeyer. Über diese Vorträge wurden Bremer Schüler auch über die Kolonien informiert – und sollten gleich für die Arbeit dort begeistert werden.

Unter anderem beteiligte sich der Bremer Tabakhändler Johann Karl Vietor als Vortragender im Jahr 1924: "Unsere Pflicht ist es, vor allen Dingen in unseren Kindern die Erinnerung an unsere Kolonialepoche lebendig zu erhalten, damit sie später, wenn unsere Stunde wieder geschlagen hat, dasselbe, oder, wohlmöglich noch Besseres leisten als wir in den Jahren 1884–1914."

Während der Herrschaft der Nationalsozialisten habe die Kolonialpropaganda ihren Höhepunkt erreicht. Lichtbildvorträge wurden dann auch von Schulfilmvorführungen abgelöst. "Die kolonialen Vorträge wurden jedoch zunehmend auf rassistische und völkische Aspekte reduziert; die Kunde von Natur, Menschen und Handel wich dem Studium von 'Siedlungsraum' und 'Deutschtum' im Ausland."

Seit 1935 habe es sogar Bemühungen gegeben, in Bremen eine eigene Kolonialschule zur Ausbildung des kolonialen Nachwuchses einzurichten, die aber erfolglos blieb.

Autorin

  • Patel Verena
    Verena Patel Redakteurin und Autorin

Quelle: buten un binnen.

Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Der Nachmittag, 12. August 2024, 17:38 Uhr