Warum auch in Bremen so wenig Frauen programmieren
Der IT-Bereich ist auch in Bremen "Männersache". Können Angebote nur für Frauen dem entgegenwirken?
In Bremen findet an diesem Wochenende der "Hackathon for Ladies" statt. In 48 Stunden wird hier programmiert, diskutiert und entwickelt. Die Veranstaltung ist allerdings nur für Frauen. Damit soll den weiblichen IT-lern unter die Arme gegriffen werden, denn Frauen in der Informatik sind immer noch eine Seltenheit.
Informatik als Männerdomäne
Auch in Bremen ist Informatik männlich dominiert. Nicht mal ein Viertel der Informatikstudierenden ist weiblich. In Bremen liegt der Anteil mit 16 Prozent sogar unter dem Bundesdurchschnitt – der liegt immerhin bei 19 Prozent. In der Digitalbranche generell sind zwar etwa 28 Prozent der Beschäftigten weiblich, doch hier werden auch Tätigkeiten wie Projektmanagement mitgezählt. Schaut man sich nur den IT-Bereich an, liegt der Anteil wieder bei 16 Prozent.
Kann das an einem "angeborenen" Interessenunterschied liegen? Ulrike Brendel, Pressesprecherin von der Zentralstelle der Landesfrauenbeauftragten (ZGF) Bremen sieht klare Indizien, dass andere Faktoren wie Geschlechterklischees eine große Rolle spielen: "Nehmen wir die Teilnahme an Forschungswettbewerben als Grundlage, sehen wir zu Beginn der Sekundarstufe 1 noch weitestgehend eine Gleichverteilung von Jungen und Mädchen bei den Teilnehmern. Das Interesse verschiebt sich im Laufe der Schullaufbahn stark in Richtung der Jungen."
Historisch ist Programmieren ein Frauenberuf
Das war aber nicht immer so. Coden war historisch Frauensache, es habe laut Brendel als Bürotätigkeit gegolten. "Die Idee damals lautete: (männliche) Ingenieure und Wissenschaftler planen, während die Coderinnen die einfache Ausführung übernehmen", so Brendel. Ein eher prekärer Beruf also. Auch mit weiblichen Pionieren wie Margareth Hamilton, die verantwortlich für die Programmierung der Raumfahrtmission von Apollo 11 war, gewann das Coden immer mehr an Relevanz.
Doch mit der vermehrten Verwissenschaftlichung seien die vermeintlich besseren technischen Fähigkeiten von Männern betont worden, auch auf dem Arbeitsmarkt seien zunehmend Männer nachgefragt worden und es seien Netzwerke entstanden, die Frauen ausschlossen.
Gründe sind vielfältig
Auch die Informatik-Professorin Gerlinde Schreiber betont: "Seit diese ausgezeichneten Perspektiven und Gehälter bekannt sind, interessieren sich immer mehr Männer für die IT." Sie ist Leiterin des Internationalen Frauenstudiengangs Informatik an der Hochschule Bremen. Durch ihre langjährige Erfahrung als Dozentin sehe sie auch, dass es Frauen oft an technischem Selbstbewusstsein fehle. "Junge Frauen sind oft verunsichert, wenn sie 'nur' die Hälfte verstehen – anders als junge Männer."
Diese Unsicherheit bei Mädchen zeigt sich schon in der Kindheit. "Jungen schätzen in der Regel ihre computerbezogenen Fähigkeiten höher ein als Mädchen. Laut der ICILS 2018 (International Computer and Information Literacy Study 2018) – die regelmäßig die computer- und informationsbezogenen Fähigkeiten in der Sekundarstufe 1 erfasst – ist es allerdings objektiv gemessen genau umgekehrt", so Bredel von der ZGF. Aber auch fehlende Vorbilder, Geschlechterklischees und fehlende Angebote seien nachweislich ein Grund, warum so wenige junge Frauen in der IT zu finden sind.
Es braucht niedrigschwellige Angebote und sichere Räume
Doch wie löst man dieses Ungleichgewicht? Die langfristige Auflösung von Rollenklischees ist sicherlich ein wichtiger Schritt. Die ZGF sieht hier aber auch die Politik in der Verantwortung. Es müsste frühzeitige Bildungsangebote in Schulen geben. Und Angebote für Frauen auch ohne Vorkenntnisse seien wichtig. Dadurch wird auch Ängsten und Sorgen entgegengewirkt, nicht in die IT zu passen. So berichtet Schreibel aus dem Frauenstudiengang: "Wir betonen, dass es keine Vorkenntnisse braucht, man muss nicht schon durch Schulunterricht, Videospiele oder Ähnliches mit Informatik zu tun gehabt haben. Das Interesse und Hartnäckigkeit reichen."
Angebote nur für Frauen seien ebenfalls relevant. "Viele Frauen möchten nicht als Exotin im Hörsaal zwischen Hunderten Männern wahrgenommen werden. Da liegt schnell sehr viel Aufmerksamkeit auf ihnen", so die Professorin.
So wie die Hack4Ladies, die neben vielen großen Unternehmen auch von Bremens Wirtschaftssenatorin gesponsert wird. Und das Angebot scheint zu wirken: Die Veranstalter rechnen mit fast doppelt so vielen Teilnehmerinnen wie im letzten Jahr. Zusätzlich zu Software sollen hier auch Spaß an der Technik und weibliche Netzwerke entwickelt werden. Wohl auch mit der Hoffnung, dass sich Frauen das Programmieren (zurück) erobern – und solche Veranstaltungen nicht für immer notwendig sein müssen.
Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 6. Mai 2023, 19:30 Uhr