Infografik
Elternverein statt städtische Kita? Was dafür und was dagegen spricht
Elternvereine sind eine beliebte Alternative zu öffentlichen Kitas, gerade in der Stadt Bremen. Eltern können hier die Kitas mitgestalten – und das müssen sie auch.
Rund 560 Kindertagesstätten gibt es im Land Bremen. Die meisten Kitas tragen neben den Städten Bremen und Bremerhaven Kirchen und Wohlfahrtsverbände. Doch auch Elternvereine spielen für die Versorgung mit Kitas eine große Rolle in Bremen. Worin sich die Kitas der Elternvereine von anderen Kitas unterscheiden:
Was genau macht ein Elternverein?
Elternvereine werden üblicherweise von den Müttern und Vätern kleiner Kinder als Träger einer öffentlich geförderten Kindertagesstätten (Kita) gegründet. Die Eltern der Kita-Kinder sind zugleich Mitglieder des Vereins. Daher können sie die Kita ihrer Kinder aktiv mitgestalten, sie müssen aber auch Verantwortung übernehmen. "Alle Eltern tragen die Kita mit", erklärt Kristin Tanneberg, Geschäftsführerin des Verbunds Bremer Kindergruppen, die Idee hinter Elternvereinen in einem Satz.
Wie viele Elternvereine gibt es im Land Bremen?
In der Stadt Bremen gibt es laut dem Verbund etwa 115 Kitas beziehungsweise Kita-Standorte, die von Elternvereinen getragen werden. In Bremerhaven sind es hingegen lediglich zwei, teilt Mark Schröder für den Magistrat mit: die "Mäuse vom Kampacker" und den "Kindertreff Oase". Früher, so Schröder, habe es mehr Elternvereine in Bremerhaven gegeben, sie hätten sich jedoch nach und nach aufgelöst. Der Magistrat führt das auf den Ausbau der Kindertagesbetreuung durch die Stadt zurück.
So viele Kita- und Krippenplätze gibt es im Land Bremen
Welche Vor- und Nachteile bieten Kitas von Elternvereinen gegenüber anderen Kindertagesstätten?
Kitas von Elternvereinen seien meist vergleichsweise klein und böten Kindern daher einen "überschaubaren Rahmen" für ihre Bildung und Erziehung, sagt Patricia Brandt aus dem Bildungsressort. Eltern könnten sich in Elternvereinen stärker als in anderen Kitas beteiligen und sowohl untereinander als auch mit den Fachkräften einen engen Austausch pflegen. "Sie übernehmen konkret Verantwortung für das Umfeld, in dem ihre Kinder miteinander leben und lernen", so Brandt. Kristin Tanneberg spricht sogar von einer "Erziehungspartnerschaft", die die Eltern in einem Elternverein mit den Erzieherinnen und Erziehern eingingen.
Die Vorteile von Elternvereinen sind in gewisser Weise jedoch auch deren Nachteile. So erklärt Mark Schröder für Bremerhavens Magistrat den Mangel an Elternvereinen in der Seestadt auch mit den Worten: "Bei Elternvereinen müssen sich die Eltern mehr in die Organisation der Betreuungsangebote einbringen und mehr wirtschaftliche Verantwortung übernehmen. Diese Bereitschaft scheint über die Jahre zurückgegangen zu sein."
Tatsächlich räumt auch Tanneberg ein, dass große Träger etwa krankheitsbedingte Ausfälle des Personals besser kompensieren könnten als Elternvereine. Hier müssten die Eltern nicht nur die Betreuung der Kinder selbst organisieren, sondern beispielsweise auch Hausmeistertätigkeiten übernehmen. Am Rande sei erwähnt: Eltern zahlen für Kita-Plätze in Elternvereinen unterm Strich die gleichen Beiträge wie für Plätze in einer städtischen Kita.
Spart Bremen durch die Elternvereine Geld?
Das ist schwer zu sagen, da das System komplex ist. Elternvereine bekommen von der Stadt je nach Öffnungszeiten und Zahl der Kinder Geld. Auch erheben sie Beiträge, die sie von der Stadt erstattet bekommen, erklärt Tanneberg.
Entsprechend teilt auch das Bremer Bildungsressort mit, dass Elternvereine heute "nicht mehr erheblich günstiger" für Bremen seien als andere Träger. Hinzu kämen hohe Verwaltungskosten. Sie entstünden beim Bearbeiten von Zuwendungen an die Vereine und beim Erstatten von Elternbeiträgen. "Das liegt vor allem an der hohen Zahl einzelner Träger, deren Fälle einzeln bearbeitet werden müssen", sagt Patricia Brandt aus dem Bildungsressort.
Warum gibt es überhaupt Elternvereine, die Kitas führen?
Eltervereine sind seit 1968 infolge der Studentenbewegung entstanden, zunächst in Frankfurt, Berlin und Stuttgart, teilt die Bundesarbeitsgemeinschaft Elterninitiativen mit. Die Motivation dahinter habe in der Kritik an der autoritären Pädagogik der etablierten Kindergärten als Ausdruck einer autoritären Gesellschaft bestanden. In den siebziger Jahren seien zahlreiche weitere Elterninitiativen hinzugekommen, weil es in der Bundesrepublik an Hort- und Kindergartenplätzen gefehlt habe.
Elternvereine gibt es heute im gesamten Bundesgebiet, vor allem aber in den alten Bundesländern. Im Osten Deutschlands war die Kinderbetreuung bis zur Wende ausschließlich staatlich organisiert. Entsprechend gründeten sich die ersten Elternvereine hier erst ab 1989.
Quelle: buten un binnen.
Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 12. September 2024, 19.30 Uhr