Kündigung wegen Corona: "Ich fühle mich wie weggeworfen"

Corona hat Auswirkungen auf die Wirtschaft – und das merken auch Arbeitnehmer. Vielen Aushilfen wurde bereits gekündigt. Dagegen sollte man sich wehren, so die Arbeitnehmerkammer.

Ein Holzstempel mit dem Wort "gekündigt".
Die Krise, die durch das Coronavirus ausgelöst worden ist, verunsichert viele Menschen – und kostet einige auch den Job. Doch die Arbeitnehmerkammer rät, dagegen vorzugehen. Bild: Imago | blickwinkel

Das Coronavirus und die damit ausgelöst Krise hat für alle Menschen in Deutschland Konsequenzen – auch in Bremen. Doch für einige sind diese Konsequenzen nicht nur, dass sie zu Hause bleiben müssen und möglichst wenig mit anderen in Berührung kommen. Denn sie haben keinen Job mehr – ihnen wurde direkt mit Beginn der Krise gekündigt.

Zum Beispiel zwei Bremer Mitarbeitern eines großen Bekleidungskonzerns. Sie erzählen, dass ihnen direkt am Dienstag mündlich die Kündigung ausgesprochen wurde. Von einem Tag auf den anderen.

Ich fühle mich, als sei ich weggeworfen worden.

Bremer Mitarbeiter eines Bekleidungskonzerns (Name ist der Redaktion bekannt)

Das größte Problem für diesen Bremer: Zuvor war er sozialversicherungspflichtig als Aushilfe angestellt – jetzt muss er sich selbst versichern. Und das ist teuer. Eine Kollegin von ihm hat sogar einen Jahresvertrag. Die Kündigung wurde ihr trotzdem ausgesprochen. Sie hat mehrere Jahre in dem Unternehmen gearbeitet. Den beiden und anderen Aushilfen wird nur gesagt: Die schriftliche Kündigung kommt dann noch. Das Unternehmen hat sich bislang zu dem Vorgang noch nicht geäußert. Aber sind diese Kündigungen so überhaupt rechtens?

Bei mündlicher Kündigung: Arbeit und Vergütung einfordern

Nein, sagt Manon Klebow von der Arbeitnehmerkammer Bremen. Sie berät Arbeitnehmer in Sachen Arbeitsrecht.

Es gibt nur eine schriftliche Kündigung. Wenn man mündlich gekündigt wird, dann kann man zu seinem Arbeitgeber gehen und Arbeit einfordern. Wenn dieser die Arbeitskraft dann ablehnt, dann sollte man abwarten und am Ende des Monats seine Vergütung einfordern. Die muss der Arbeitgeber dann nämlich auszahlen.

Manon Klebow, Arbeitsrechtlerin bei der Arbeitnehmerkammer Bremen

Natürlich müsse man sich immer die Einzelfälle anschauen, doch generell gelte, dass auch in einer Ausnahmesituation Arbeitsverhältnisse nicht einfach fristlos gekündigt werden könnten. "Befristete Verträge werden eigentlich sogar gar nicht gekündigt. Sie laufen in der Regel aus", sagt Klebow. Wichtig sei bei einer Kündigung, dass sich der Arbeitnehmer direkt beraten ließe – und im Zweifelsfall Rechtsmittel einlege.

Lieber einmal mehr Klage einreichen als einmal weniger

"In der aktuellen Situation ist es besser, einmal mehr Klage einzureichen und sie zurückzuziehen, wenn sie keine Aussicht auf Erfolg hat", sagt Klebow. Denn für die Klageeinreichung am Arbeitsgericht habe man nur drei Wochen nach der schriftlichen Kündigung Zeit. Deshalb sollte man sich frühzeitig um eine Beratung bemühen. Vor allem jetzt findet Klebow es wichtig, gegen Kündigungen vorzugehen, da noch niemand die aktuelle Situation erlebt habe: "Niemand weiß, wie die Gerichte entscheiden werden."

Da in den meisten Arbeitsverträgen die Kündigungsgründe nicht ausgeführt werden würden, sei das oft Auslegungssache. Doch nicht nur Klage einreichen sei wichtig, sondern auch, sich bei der Agentur für Arbeit und gegebenenfalls auch beim Jobcenter zu melden, sagt Klebow. Der Schritt sei natürlich nie schön, aber notwendig. Dann würden wenigstens die Kosten der Versicherungen übernommen werden.

Anstieg der Arbeitslosenzahlen wird kommen

Jörg Nowag ist Pressesprecher der Agentur für Arbeit in Bremen – und er ist sich sicher, dass man in der aktuellen Lage gute Chancen hat, erneut einen Job zu finden. Zum einen im Gesundheitswesen – aber auch in anderen systemrelevanten Wirtschaftszweigen, wie in Supermärkten.

Noch merke die Agentur keinen Anstieg der Arbeitslosenzahlen, da das Thema Kurzarbeit im Vordergrund stehe. Er rechne jedoch damit, dass die Krise Auswirkungen auf die Arbeitslosenzahlen haben werde.

Das Ausmaß ist derzeit aber noch nicht absehbar.

Jörg Nowag, Pressesprecher der Bremer Agentur für Arbeit

Besonders bedroht sieht er die Branchen Gastronomie und Tourismus. Dem stimmt auch Klebow zu und nennt zusätzlich noch den Einzelhandel. Bereits jetzt merke sie bei der Arbeitnehmerkammer, dass der Beratungsbedarf ansteige.

Arbeitnehmerkammer berät jetzt vermehrt

Beratungen finden derzeit nur telefonisch und per Mail statt. Die Arbeitnehmerkammer Bremen bietet jetzt auch eine Telefonhotline mit arbeitsrechtlichen Informationen an. Unter der Telefonnummer 0421/3630111 für Bremen und 0471/9223511 für Bremerhaven erhalten Ratsuchende Auskünfte.

Zusätzlich beantwortet die Arbeitnehmerkammer unter der E-Mail-Adresse recht@arbeitnehmerkammer.de für die Stadt Bremen und bhv@arbeitnehmerkammer.de für die Stadt Bremerhaven schriftliche Anfragen.

Autorin

Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Der Tag, 20. März 2020, 23:30 Uhr

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