Hochschwangere Frau wird aus Bremer Kreißsaal nach Vechta geschickt
Die Frau lag schon im Kreißsaal, dann kam die Nachricht: Auf allen Bremer Geburtsstationen sei kein Bett mehr frei. Letztendlich brachte die Frau ihr Kind in Vechta zur Welt.
Es ist ein Horror-Szenario für werdende Eltern: Die Frau kommt mit Wehen in die Klinik, erste Untersuchungen im Kreißsaal werden gemacht – dann die Nachricht: Es gibt auf der Geburtsstation kein freies Bett. Die Frau muss in ein anderes Krankenhaus verlegt werden – und das ist 80 Kilometer entfernt.
Passiert ist das einer werdenden Mutter im Klinikum Bremen-Mitte. Wie die Mutter der Schwangeren berichtet, war die Fruchtblase zwei Wochen vor dem errechneten Entbindungstermin geplatzt. Mutter und Tochter fuhren daraufhin ins Krankenhaus. Angekommen im Kreißsaal wurde bereits eine Kardiotokografie gemacht, mit der sich das Ungeborene vor und während der Geburt überwachen lässt, auch der venöse Zugang war gelegt. Für Mutter und Tochter war eindeutig: Die Tochter war als Patientin in der Klinik aufgenommen. Auch die Hebamme habe ihnen das bestätigt, erzählt die Mutter.
Keine Bremer Klinik kann die Frau aufnehmen
Wenige Minuten später dann die 180-Grad-Wende: Die Hebamme bat die Frau, eine andere Klinik in Bremen auszuwählen, das Klinikum Mitte hätte plötzlich keine Kapazitäten mehr. "Meine Tochter hat sich dann fürs Diako entschieden", erzählt die Mutter. Doch auch da kein Erfolg – schlimmer noch: Die Hebamme teilte der Schwangeren mit, dass es in keiner der vier Bremer Geburtskliniken – neben Mitte und Diako gehören dazu das St. Joseph-Stift und Klinikum Bremen-Nord – ein freies Bett für die Aufnahme nach der Entbindung gebe. Nur in Vechta habe es noch freie Kapazitäten gegeben, sodass die Hebamme sie dort direkt angemeldet habe.
Umgehend fuhr die Mutter ihre Tochter in das dortige St. Marienhospital. Nach einer Stunde Fahrt kamen sie dort an, wurden "freundlich, schnell und komplikationslos aufgenommen und sofort im Kreißsaal weiter versorgt", so die Mutter. Mehr noch: Inzwischen seien die kleine Jolina und ihre Mutter aus dem Marienhospital entlassen worden.
Es geht ihnen gut. Wir sind unendlich stolz, aber ein fader Beigeschmack bleibt.
Mutter der Schwangeren zu buten un binnen
Klinikbetreiber Geno bestätigt den Fall
Der Klinikverbund Gesundheit Nord (Geno), der auch das Klinikum Mitte betreibt, bestätigt die Schilderungen der Mutter. "Der Fall hat sich im Wesentlichen so zugetragen", sagt ein Sprecher auf Nachfrage. Sowohl das Klinikum Mitte als auch alle anderen Bremer Kliniken hätten auf den Geburtsstationen kein freies Bett gehabt. "Es war leider tatsächlich so, dass alle stationären Kapazitäten ausgebucht waren."
Für werdende Eltern sei es natürlich keine optimale Situation, in das 80 Kilometer entfernte Vechta verlegt zu werden, räumt der Sprecher ein. Er betont allerdings, dass es sich hierbei um einen Einzelfall handele.
Das ist die Ausnahme, das kommt nur in ganz seltenen Fällen vor.
Geno-Sprecher zu buten un binnen
Von 50 Entbindungen pro Woche in der Klinik werden laut dem Geno-Sprecher fünf bis zehn Frauen in andere Kliniken innerhalb Bremens oder ins Umland verlegt. Wie viele werdende Mütter aus dem Klinikum Mitte in Klinken ins niedersächsische Umland gebracht werden, könne er nicht sagen. Die Zahlen lägen nicht differenziert für das Land Bremen und Niedersachsen vor. Der Sprecher betont allerdings auch, dass Notfälle wie etwa Frühgeburten oder Risikoschwangerschaften zu dem Zeitpunkt in Bremen hätten aufgenommen werden können. Für solche Fälle würden Betten vorgehalten.
Auch andere Bremer Klinik verlegt Schwangere ins Umland
Wie aber kam es zu dem Engpass? Geburten seien schwer zu kalkulieren, erklärt der Geno-Sprecher. Es gebe Zeiten, in denen viele Kinder zur Welt kämen, und Zeiten, in denen wenige Kinder geboren werden. Die Geno versuche diese Wellenbewegung bei der Planung zu berücksichtigen – in der Regel sei die Kapazität auf den Geburtsstationen gut geregelt –, aber es gebe – wie in diesem Fall – Ausnahmen, so der Sprecher. Zu lösen sei das Problem lediglich durch zusätzliches Pflegepersonal.
Nicht nur im Klinikum Mitte, auch im Bremer St. Joseph-Stift kommt es vor, dass werdende Mütter für die Geburt erst nach Niedersachsen fahren müssen. Etwa nach Rotenburg oder Oldenburg, wie eine Pressesprecherin auf Nachfrage mitteilt. "Wir versuchen dabei, möglichst ortsnah zu verlegen und die Mobilität der Familie in den Blick zu nehmen."
Leider sind die Kapazitäten bremen- und niedersachsenweit überall begrenzt und der Personalmangel spürbar, so dass wir leider auch außerhalb des bremischen Stadtgebietes z.B. nach Oldenburg oder Rotenburg verlegen müssen.
Pressesprecherin vom St. Joseph-Stift
Auch das St. Marienhospital Vechta bestägte den Vorfall buten un binnen. Ein Sprecher sagte, dass es gelegentlich vorkomme, dass werdende Mütter aus Bremen in dem Krankenhaus aufgenommen werden. Zahlen dazu, wie oft dies der Fall gewesen sei, liegen aber nicht vor. Er stellte jedoch klar, dass in Vechta keine werdende Mutter abgewiesen werde. "Solch ein Fall würde so bei uns nicht vorkommen", sagte er. Das Vorgehen der Bremer Kolleginnen und Kollegen halte er für ungewöhnlich.
Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Rundschau am Mittag, 15. August 2023, 12 Uhr