Darum schmelzen Forscher in Bremerhaven uraltes Antarktis-Eis ein
Es knistert und blubbert, wenn Eis schmilzt, weil darin ist Luft eingeschlossen ist. Die AWI-Forscher untersuchen aber das Eiswasser. Denn das hat viel zu erzählen.
Die Antarktis am Südpol ist mit minus 60 bis 70 Grad Celsius im Winter einer der kältesten Orte der Welt. Und er ist immens wichtig für Wissenschaftler. Denn das Jahrtausende alte Eis verrät viel darüber, wie unser Klima in der Vergangenheit war und wie es sich verändert.
Auch Forschende vom Alfred-Wegener-Institut (AWI) aus Bremerhaven sind immer wieder in der Antarktis und bringen von dort Eisbohrkerne mit. Diese werden dann im Labor in Bremerhaven untersucht. Derzeit läuft ein Projekt zum östlichen Teil der Antarktis, denn dieser ist noch recht wenig erforscht.
Tausende Jahre altes Eis in Bremerhaven eingeschmolzen
Minus 15 Grad sind es im Kühlraum des Alfred-Wegener-Instituts in Bremerhaven: "Lass uns mal reingehen. Schnell schnell, die Tür wieder zumachen", sagt AWI-Forscher Remi Dallmayr. Am Rande des Raums steht eine längliche Apparatur. Und darin klemmt es: das weiße Antarktis-Eis. "Dieses Eis kommt aus dem Ost-Antarktischen Plateau", sagt Dallmayr. "Wir hatten zu Beginn einen 200 Meter langen Eiskern. Und wir schätzen, ganz grob, dass das Eis am unteren Ende etwa 5.000 Jahre alt sein könnte."
Und dieses Tausende Jahre alte Eis wird in Bremerhaven eingeschmolzen, um das Eiswasser auf seine Bestandteile hin zu untersuchen. Dallmayrs Kollegin, die Glaziologin Maria Hörhold, legt einen weiteren Meter Eis in die Apparatur und erklärt: "Dieses Eis haben wir vorher vorbereitet, wir haben das so zurechtgeschnitten, dass wir das schmelzen können. Haben vermessen, wo sind Brüche, wie lang ist das genau? Und dann pack' ich das vorsichtig aus und dann stellen wir das auf den Schmelzkopf."
Wenn Eis schmilzt, kann das teilweise ganz schön knistern und blubbern. Denn im Eis ist Luft eingeschlossen. Die Luft untersucht das AWI nicht, das machen andere Labore. Hier geht es um das Eiswasser.
Eis beweist einen Vulkanausbruch
Vor dem Kühlraum haben sich Dallmayr und Hörhold eine Art Kontrollzentrum aufgebaut. Computer-Bildschirme zeichnen Kurven und Graphen. Denn das Eiswasser wird sofort von verschiedenen Maschinen auf seine Bestandteile hin analysiert, die genaue Beprobung erfolgt später im Labor.
"Heute Morgen hatten wir hier einen schönen Ausschlag dieser Kurve hier," erzählt Remi Dallmayr begeistert, "Wir vermuten, dass da damals ein Vulkan-Ausbruch passiert ist." Vulkan-Ausbrüche geben Hinweise auf das Alter des Eises. Wann es irgendwo auf der Welt einen Vulkan-Ausbruch gab, lässt sich nämlich oft genau sagen.
Das Hauptziel der AWI-Forscher ist es aber, über die Substanzen im Eis herauszufinden, wie der Klimawandel auf die Ost-Antarktis wirkt. Das ist bisher noch nicht genau bekannt, sagt Gletscher-Forscherin Hörhold: "Eine große Unsicherheit ist ja, wie schnell die Antarktis zum Meeresspiegelanstieg beitragen wird. Und dazu müssen wir verstehen, wie sich die aktuellen Veränderungen zeigen. Also wieviel Temperaturanstieg haben wir in der Ost-Antarktis, und eben auch wie viel Schnee fällt im Jahr, wie dies sich verändert."
Wie sich das Eis verändert mit der Welt
Das Erforschen der Ost-Antarktis ist weitaus schwieriger als bei anderen Regionen wie die westliche Antarktis oder Grönland. Das ost-antarktische Plateau hat so wenig Schnee, dass es schwierig sei, wirkliche Jahreswerte zu nennen, erklären die Forscher. Eine Strategie könnte es sein, sehr viele Kerne zu analysieren und die zu einem Klima-Record von der ganzen Region zusammenzufassen.
In zwei bis drei Jahren, so hoffen Dallmayr und Hörhold, werden sie ihre Ergebnisse wie ein Puzzle zusammensetzen und ihre Studie veröffentlichen. Sie dürfte neue Erkenntnis bringen zur Frage, wie sich das Eis und mit ihm unsere Welt verändert.
Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, 28. Mai 2023, 11:40 Uhr