Bremens Hockey-Star Frerichs: "Konnte nicht aufhören zu schreien"

Bremer Hockey-Talent Lena Frerichs schuftet fürs Comeback

Bild: Radio Bremen | Petra Philippsen

Lena Frerichs ist das größte deutsche Hockey-Talent. Doch ihr Kreuzbandriss bremste Bremens Sportlerin des Jahres vom BHC im Mai brutal aus. Der Weg zurück ist lang.

Zwei Monate ist es her, da geriet die Welt von Lena Frerichs aus den Fugen. Auf dem Kunstrasen-Feld des Bremer Hockey-Clubs, der wie ein zweites Zuhause für die 19-Jährige von kleinauf gewesen ist, war es passiert.

In einem Zweikampf im Bundesligaspiel gegen den Münchner HC verletzte sich Frerichs schwer, riss sich das Kreuzband im rechten Knie. Der Schock war groß, bei ihr, bei ihren Teamkolleginnen, bei den Fans auf der Tribüne.

Ich bin noch nie auf dem Feld liegen geblieben. Aber ich konnte nicht mehr aufstehen und ich konnte nicht mehr aufhören zu schreien.

Lena Frerichs im Sportblitz

"Kann mir meinen Schrei nicht anhören"

Hockey-Spielerin Lena Frerichs krümmt sich am Boden vor Schmerzen.
Der Schockmoment, als sich Lena Frerichs schwer verletzt. Bild: Imago | Axel Kaste

Das Video ihrer Verletzung hat sie auf ihrem Handy und inzwischen kann sie es sich auch anschauen. Allerdings nur ohne Ton. "Meinen Schrei kann ich mir auf keinen Fall anhören, der macht mich traurig."

Auch jetzt, zwei Monate nach dem Schock, kommen ihr immer noch mal die Tränen, wenn sie an diesen fatalen Moment Anfang Mai zurückdenkt. Er bremste sie brutal aus zu einem Zeitpunkt, als es in ihrer Karriere so vielversprechend angelaufen war.

"Denke mir ziemlich oft: Warum gerade ich?"

Lena Frerichs vom Bremer HC.
Lena Frerichs ist bereits U21-Europameisterin und steht jetzt im A-Kader der Nationalmannschaft. Bild: Imago | Axel Kaste

Als größtes Talent im deutschen Hockey-Sport hatte es Frerichs gerade in den A-Kader der Nationalmannschaft geschafft, wäre bei der Heim-EM im August dabei gewesen. Doch nun wird es wohl noch mehr als ein halbes Jahr dauern, bis ihr Knie wieder verheilt ist. Das schmerzt, nicht nur körperlich.

"Mental ist es ein Auf und Ab", sagt Frerichs, "ich denke mir schon ziemlich oft: 'Warum gerade ich? Und warum gerade jetzt?'" Aber dann macht sich Bremens Sportlerin des Jahres auch wieder selber Mut, dass dieser Rückschlag am Ende vielleicht doch für etwas gut sein wird: "Vielleicht komme ich ja stärker und noch fitter zurück."

Traum von Olympia 2024 lebt für Frerichs

Hockey-Spielerin Lena Frerichs in Aktion beim Länderspiel der deutschen Nationalmannschaft in Bremen.
Beim Lehrgang in Bremen spielte Lena Frerichs (rechts) im März erstmals im A-Kader der Nationalmannschaft mit. Bild: Imago | Axel Kaste

Und dieser Gedanke motiviert Frerichs nun schon seit sieben Wochen, hart in ihrer Reha zu schuften. Die Pläne wurden vom Athletiktrainer der Nationalmannschaft für sie ausgearbeitet, ihre Physiotherapeutin in Bremen und ihr Fitnesscoach vom BHC stehen mit ihm in engem Austausch. Frerichs Knie ist in guten Händen.

Auch Bundestrainer Valentin Altenburg besuchte sie zwei Tage nach der Verletzung Zuhause, mit einem Strauß Blumen und tröstenden Worten. Der Kontakt zu ihm und die Unterstützung sind weiterhin da und das gibt Frerichs den wichtigen Halt, dass er sie trotz der langen Ausfallzeit nicht fallen lässt. Und dass der Traum von den Olympischen Spielen in Paris im nächsten Sommer noch nicht ausgeträumt ist.

Doppelter Stress: Reha und Studium

Und Ziele braucht Frerichs in diesen Tagen. Denn die ersten sieben Wochen seien "echt schnell rumgegangen", sagt sie, "aber nur, weil es von Woche zu Woche immer viel besser geworden ist und ich ein Ziel hatte". Am liebsten möchte sie so schnell wie möglich wieder spielen. Nun aber fängt die Phase der Reha an, in der sie viel Geduld braucht, und das fällt ihr schwer. "Ein bisschen Angst habe ich vor den nächsten sechs Monaten schon", sagt Frerichs. Doch sie weiß auch: "Ich werde genug zu tun haben."

Nicht nur in der Reha, sondern auch mit ihrem Lehramtsstudium an der Bremer Uni. Mathe und Physik studiert die Einser-Abiturientin, Sport gibt es ja nicht. "Jetzt habe ich weniger Hockey-Stress, dafür mache ich mir mehr Uni-Stress", sagt Frerichs: "Die Klausurenphase fängt an und ich muss vom letzten Jahr noch Klausuren nachholen." Aber es ist auch eine gute Ablenkung vom Knie, nach den Sommerferien beginnt sie zudem ein Praktikum an einer Oberschule in Horn.

Erstmal nur in der Zuschauerrolle

Lena Frerichs feuert ihr Mitspielerinnen vom Seitenrand  aus an.
Trotz Verletzung weiter engagiert: Lena Frerichs feuert ihr Team des Bremer HC an. Bild: Imago | Foto2press

Daher kann sie bei der EM auch nicht ihre neuen Nationalmannschafts-Kolleginnen vor Ort in Gladbach anfeuern, aber verfolgen wird sie die Spiele. Auch, wenn es schwer fällt. "Ich habe schon Vorbereitunggspiele geguckt", sagt sie, "aber das war anfangs hart. Ich dachte immer: 'Schalte ich aus? Gucke ich doch weiter?'" Wenn ihre Teamkolleginnen vom BHC in die Saison wieder einsteigen, wird es nicht einfacher für Frerichs als Zuschauerin. Ohne seine absolute Führungsspielerin war das Team nach der Feldsaison aus der Bundesliga abgestiegen.

"Ich werde bei den Spielen dabei sein", sagt Frerichs, "ich kann von außen bestimmt trotzdem helfen." Und es hat noch einen anderen Effekt: "Es füllt meine Wochenenden", sagt sie und muss lachen. "Freie Wochenende – das kannte ich bisher gar nicht." Hockey ist ihr Leben, und bald wird es auch wieder mit mehr Leben gefüllt sein. Die schwere Phase, die noch vor ihr liegt, wird Frerichs durchstehen. Sie hat ein breites Netz, das sie auffängt: "Ohne meine Familie wüsste ich gar nicht, wie es gehen sollte."

Bremer HC steigt nach Niederlage gegen Mannheim aus der Bundesliga ab

Bild: dpa | Foto2press

Mehr zum Thema:

Autorin

Dieses Thema im Programm: Sportblitz, 10. Juli 2023, 18:06 Uhr