Tarifstreit: Darum fordert Verdi eine "Stadtstaatenzulage" für Bremen
Im Tarifstreit für den öffentlichen Dienst der Länder streiken Bremer Beschäftigte auch heute wieder für eine Stadtstaatenzulage. Was es damit auf sich hat, erklären wir hier.
An diesem Mittwoch stehen die Zeichen in vielen Bremer Landesbehörden auf Streik. Gewerkschaften wie Verdi und der Beamtenbund fordern einerseits 10,5 Prozent mehr Lohn, mindestens aber ein Plus in Höhe von 500 Euro pro Monat. Darüber hinaus verlangen sie – auch für Bremen – eine sogenannte Stadtstaatenzulage von 300 Euro im Monat.
Mit dieser Forderung für Beschäftigte im Landesdienst von Berlin, Hamburg und Bremen gehen die Gewerkschaften erstmals konkret auf die besonderen Begebenheiten der drei Bundesländer ein. Denn für alle drei Länder gilt: Die Beschäftigten erledigen neben Landesaufgaben auch viele kommunale Aufgaben.
In Bremen betreffe das vor allem die Stadt Bremen, sagt Ingo Tebje, Verdi-Gewerkschaftssekretär im Bezirk Bremen-Nordniedersachsen.
Was die meisten nicht wissen: Ein Großteil, der für die Stadt Bremen erledigten kommunalen Tätigkeiten, werden über den Ländertarif bezahlt.
Ingo Tebje, Verdi-Gewerkschaftssekretär
Beschäftigte in Niedersachsen erhalten höhere Löhne
Damit gingen allerdings mehrere Nachteile für die Landesbeschäftigten einher. So gebe es für die Kolleginnen und Kollegen auf kommunaler Ebene Zusatzleistungen wie eine leistungsorientierte Bezahlung, die bis zu zwei Prozent des Gehalts ausmachen könne. Darüber hinaus liege die tarifliche Arbeitszeit im Tarifvertrag der Länder (TV-L) bei 39,5 Stunden, auf kommunaler Ebene (TVöD) hingegen nur bei 39 Stunden. Nicht zuletzt existierten auf kommunaler Ebene zusätzliche, für viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer attraktive Eingruppierungen, die auf Länderebene fehlten.
Die Kollegen beim Jobcenter Bremen würden somit schlechter bezahlt als die Kollegen beim Jobcenter in Bremerhaven oder in Niedersachen, sagt Tebje. Das gelte auch für andere Behörden wie die Wohngeldstelle, das Amt für Straßen und Verkehr, den Ordnungsdienst oder das Gesundheitsamt. Die Fluktuation sei daher hoch und der Wechsel von Bremen ins benachbarte Niedersachsen, wo besser bezahlt werde, Gang und Gäbe. "In der Gesamtschau ist der TVöD bislang immer attraktiver als der TV-L", sagt der Gewerkschafter.
Diese Menschen im Land Bremen betreffen die Tarifgespräche:
Sollten sich die Tarifparteien tatsächlich auf eine Stadtstaatenzulage einigen, würde dies für viele nach dem Ländertarif-Beschäftigte ein deutliches Lohnplus bedeuten. Zum Vergleich: In der Entgeltgruppe 5 des Ländertarifvertrags bekommen Beschäftigte mit mindestens dreijähriger Berufsausbildung und bis zu sechs Jahren Berufserfahrung aktuell 2.957 Euro Gehalt. Beschäftigte mit gleicher Qualifikation, die aber nach dem Tarif der Kommunen (TVöD) bezahlt werden, erhalten derzeit 3.245 Euro. Eine Zulage von 300 Euro im Monat würde diesen Unterschied etwa ausgleichen.
Arbeitgeber rechnen mit anderen Zahlen als Gewerkschafter
Die Arbeitgeber legen im Streit um die Ländertarife hingegen andere Zahlen zugrunde – und nehmen vor allem die unteren Lohngruppen in den Fokus. So rechnet die Tarifgemeinschaft deutscher Länder vor dem Hintergrund der aktuellen Tarifverhandlungen vor, dass schon die von Verdi und Co. geforderten Lohnerhöhungen von 500 Euro in den unteren Entgeltgruppen zu überproportionalen Erhöhungen von bis zu 23,9 Prozent führen würden. Die darüber hinaus geforderte Stadtstaatenzulage ergäbe demnach für die Beschäftigten in Bremen, Hamburg und Berlin Erhöhungen von bis zu 38,2 Prozent, schreiben die Arbeitgeber.
Auch Bremen ist durch den im Finanzressort angesiedelten Kommunalen Arbeitgeberverband Bremen am Verhandlungstisch vertreten. Zu einzelnen Forderungen und Bestandteilen der Gespräche möchte man sich dort "aus Respekt vor den laufenden Verhandlungen" aber nicht äußert, teilt Finanzressortsprecher Matthias Makosch mit. Klar sei: Die Beschäftigten verdienten eine Anpassung ihrer Löhne, aber die Länder müssten für ihre Aufgaben auch handlungsfähig bleiben, so der Sprecher.
Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 15. November 2023, 19:30 Uhr