Exklusiv
Nach der Brebau: Rassismus auch bei Wohnungsvergabe der Bremer Gewoba?
Laut einem internen Bericht, der buten un binnen vorliegt, wurden auch bei der teil-städtischen Gewoba Kürzel für Wohnungsbewerber verwendet. Ein System sei aber nicht erkennbar.
Der Rassismus-Skandal bei der städtischen Wohnungsbaugesellschaft Brebau hat auch den Aufsichtsrat der teil-städtischen Gewoba in Alarmbereitschaft versetzt. Umgehend hatte das Gremium mit seiner Vorsitzenden, Bremens Bausenatorin Maike Schaefer (Grüne), einen Bericht zur Vermietungspraxis angefordert. Dieser liegt buten un binnen nun exklusiv vor.
Welche Chancen haben Menschen mit Migrationsgeschichte bei der Gewoba? Werden sie ebenfalls bei der Wohungssuche strukturell diskriminiert, ähnlich wie bei der Brebau? Um das herauszufinden, haben die Verantwortlichen des Unternehmens Datensätze aus den Jahren 2012 bis 2021 ausgewertet. Aus Datenschutzgründen wurde der größte Teil bereits anonymisiert, rund 22.000 werden intern noch als "aktiv" geführt, ließen sich daher noch analysieren.
Abkürzung "S+R" für Sinti und Roma
Das Ergebnis dieser internen Überprüfung dürfte den Aufsichtsrat rund um Senatorin Schaefer nicht jubeln lassen, aber zumindest stark beruhigen. Bei insgesamt 130 von 22.000 Datensätzen wurden problematische Abkürzungen vermerkt. Am häufigsten wurde die Abkürzungen wie "S+R" oder "R+S" verwendet, ein Kürzel, das für Sinti und Roma steht. Am zweithäufigsten wurde die Abkürzung "KT" bzw. "Kopftuch" gebraucht. Eine Systematik mit Codes und Kürzeln wie bei der Brebau, die sogar schriftlich festgehalten wurde, gibt es laut internem Bericht nicht bei der Gewoba.
Geschrieben wurde der Bericht von Manfred Corbach, er leitet die Immobilienwirtschaft im Unternehmen. Er schreibt, dass ein "selbstkritischer Blick" notwendig sei, um eine "kontinuierliche Verbesserung der Prozesse" zu gewährleisten. Unmittelbar nach den Brebau-Enthüllungen war eine Arbeitsgruppe eingesetzt worden, um Alltagsrassismus bei der Gewoba aufzuspüren.
Herkunft spielt laut Bericht keine Rolle
Der interne Bericht liest sich an einigen Stellen wie eine Pressemitteilung. So ist etwa davon die Rede, dass die Gewoba ein "Spiegelbild der Bremer/Bremerhavener Stadtgesellschaft" sei. Tatsächlich sind knapp ein Drittel der Mieterinnen und Mieter ausländischer Herkunft. Die Gewoba legt in ihrem Bericht großen Wert darauf, dass äußere Merkmale oder gar die Herkunft keine Rolle bei der Vermietung spielen würden. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seien in den vergangenen Jahren mehrfach im "Umgang mit menschlicher Vielfalt" geschult worden, heißt es im Bericht weiter.
Die Gewoba ist mit 42.000 Einheiten Bremens größte Wohnungsbaugesellschaft. Die Stadtgemeinde Bremen ist mit 75,1 Prozent beteiligt. Im Aufsichtsrat sitzen neben der Vorsitzenden Senatorin Schaefer unter anderem auch der Fraktionsvorsitzende der CDU, Thomas Röwekamp, und andere Poltikerinnen und Politiker unterschiedlicher Parteien sowie Vertreter der Wirtschaft. Als Reaktion auf den Bericht hat Schafer für die kommende Woche eine Aufsichtsratssitzung einberufen. Es sei ihr ein wichtiges Anliegen, "diese Funde schnellstmöglich aufzuklären und transparent zu machen", so die Senatorin.
Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 4. Juni 2021, 19:30 Uhr