Fragen & Antworten
Wie Bremerhaven doch noch von Offshore-Windenergie profitieren könnte
Die Offshore-Industrie steht vor großen Herausforderungen. In Berlin hat die Branche nun in die Zukunft geblickt – auch unter Beteiligung des Bremerhavener Branchenverbands.
Energieerzeugung ist eines der drängenden Themen dieser Tage. An den Nachrichten aus Lützerath kommt derzeit keiner vorbei. Dort will der Konzern RWE das Kohle-Vorkommen unter dem Ort abbauen, was auch wegen seiner Umweltauswirkungen in der Kritik steht. Die Bundesregierung plant derweil alternative Energien auszubauen. Gerade für die Windenergie hat sie ehrgeizige Pläne. In Berlin haben nun die Windenergie-Unternehmen unter Beteiligung des Bremerhavener Branchenverbands WAB ihre Bilanz des vergangenen Jahres vorgestellt – und einen Ausblick für die Zukunft.
Wie steht es denn momentan um die Branche?
Ganz gut. Insgesamt 38 neue Anlagen sind in der Nordsee im letzten Jahr ans Netz gegangen. Im Jahr davor keine einzige. Zuvor hatte es jahrelang Stillstand gegeben, gerade in Bremerhaven kann man davon ein Lied singen – inzwischen haben sich alle Anlagen-Produzenten aus der Seestadt verabschiedet. Sogar gerichtlich festgestellt, wenn man so will. Denn schließlich entschied das Bundesverwaltungsgericht, dass es keinen Bedarf mehr für das Offshore-Terminal Bremerhaven (OTB) gibt.
Die meisten Anlagen stehen in der Nordsee und gehören hauptsächlich zu Niedersachsen, gefolgt von Schleswig-Holstein. In der Ostsee hat Mecklenburg-Vorpommern die meisten Anlagen. Und es sollen insgesamt mehr werden. Die Branche begrüßt die Ausbaupläne, wie sie nun nochmal betonte.
Wir sehen große Chancen für das Land Bremen, die Stadt Bremerhaven und weitere Küstenstandorte aber auch für die Wertschöpfung in Binnenland mit den wachsenden Ausbauzielen für die Windenergie auf See. Besonders Offshore-Wind und grüner Wasserstoff sollten am Standort Bremerhaven zusammengedacht werden.
Heike Winkler, Windenergie-Agentur WAB
Dann kann es jetzt also losgehen mit dem Offshore-Ausbau?
Ausschreibungen sind noch keine Aufträge für die Unternehmen, sagt die Chefin des Branchenverbands Windenergie-Agentur in Bremerhaven (WAB), Heike Winkler. Die Branche kämpft mit Materialengpässen und hat zu wenige Kapazitäten für die Produktion, die in Bremerhaven früher bereitstanden. Und auch beim Personal gibt es Engpässe. Hinzu kommt: Deutschland ist nicht das einzige Land, das den Umstieg auf Erneuerbare vorantreiben will – welt- und europaweit wird ausgebaut. Die Branche sagt deshalb: Die Ziele sind ehrgeizig und die Bundesregierung muss nun unterstützen und dabei aufs Tempo drücken, wenn es zu schaffen sein soll.
Was fordert die Branche konkret?
Die Branche, die Verbände und die Politik sollen jetzt konkret vereinbaren, wie der Ausbau funktionieren soll. Dabei soll es darum gehen, dass die Regierung den Rahmen schaffen und Gesetze anpassen solle. Konkret heißt das, die Regierung müsse Investitionen einfacher und sicherer machen. Häfen sollten ausgebaut und Werften unterstützt werden, damit diese Service- und Spezialschiffe bauen könnten. Zudem sei eine Ausbildungsoffensive für Fachkräfte nötig. Diese Forderungen der Branche stehen so oder ähnlich allerdings schon seit Jahren im Raum.
Winkler von der WAB sieht für Bremerhaven insbesondere Chancen bei Stahlbau Nord und der Lloyd-Werft, unter anderem für den Bau von Errichter- und Spezialschiffen oder Umspann-Plattformen. "Das Thema Crew Transfer Vessels, also Service-Schiffe, könnte auch für die Bredo Dry Docks interessant sein.", so Winkler weiter.
Ebenfalls seit Jahren in der Diskussion: Umweltverträglichkeit von Windparks. Was sagen die Verbände dazu?
Auch das war Thema bei der Bilanzierung in Berlin. Verbandsvertreter sagten dazu, die Branche habe sich von Anfang an um Naturschutzbelange bemüht. So gebe es etwa Blasenschleier, die beim Bau der Anlagen eingesetzt werden, um Lärm zu dämmen. Gleichzeitig gab es das Zugeständnis, ein solcher Bau sei immer ein Eingriff in die Natur. Um dann aber gleich anzuführen, Windparks hätten für einige Tiere sogar positive Auswirkung – etwa als Rückzugsort für Fische. Ob das Umweltverbände überzeugen würde blieb an der Stelle offen – die saßen bei Veranstaltung nicht mit am Tisch.
Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Der Nachmittag, 16. Januar 2023, 15:10 Uhr