Interview
Krankenhausreform: "Wir haben eine aufgeblasene Struktur"
Der Bundesrat hat der geplanten Krankenhausreform zugestimmt — auch mit Bremer Unterstützung. Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard erläutert die Gründe.
Das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) hat lange für Streit gesorgt. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will die angeschlagenen Krankenhäuser unter anderem mit einer Neuregelung der Finanzierung wieder auf die Beine stellen. Dazu sollen sich Kliniken mehr spezialisieren und dafür teils auch mehr Geld bekommen. Dass das klappt ist bei Experten und den Bundesländern umstritten. Letzten Endes hat die Reform am Freitag in Berlin eine Mehrheit im Bundesrat bekommen und kann am 1.1.2025 in Kraft treten — auch dank der Stimme von Bremens Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard (Linke).
Das war heute eine spannende Debatte, während der der brandenburgische Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) noch seine Landesgesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) gefeuert hat, um sie davon abzuhalten, der Reform zuzustimmen. Wie haben sie das erlebt?
Das war schon eine angespannte Situation und es ist schon — finde ich — ein No-Go, wenn praktisch nebenan eine Entlassungsurkunde unterschrieben wird, um eine Ministerin am Reden beziehungsweise ihrer Meinung zu hindern. Dann finde ich das schon, wenn man in einer Koalition ist, mehr als seltsam.
Nun ist die Reform ja durchgegangen — trotz Brandenburg, trotz aller Bedenken… Aber die Geschichte mit Brandenburgs Ministerin Nonnemacher zeigt ja auch, wie verhärtet die Fronten bei diesem Thema sind. Warum ist es eigentlich so schwer, gerade im Gesundheitsbereich einen Konsens zu finden?
Ach, eigentlich entspricht das gar nicht der Diskussion unter den Gesundheitsministern und -ministerinnen. Das ist durchaus viel konstruktiver verlaufen in den letzten eineinhalb Jahren als es jetzt den Anschein hat. Wir haben in sehr vielen fachpolitischen Sachlagen durchaus eine hohe Gemeinsamkeit gehabt.
Aber während die eine Seite sagt "Ich will noch das und das verändert haben", haben wir gesagt, wir müssen mit dieser Reform beginnen. Kein einziges Gesetz bleibt auf Dauer, wie es ist, und dazu kommt ja noch, dass die Reform präzisiert wird durch drei Verordnungen, die auf jeden Fall mit den Ländern sehr, sehr eng abgestimmt werden.
Aktuell sind viele Krankenhäuser schon finanziell angeschlagen und es gibt Experten, die sagen: Dieses neue System wird gar nicht ausreichen, um die Kliniken zu finanzieren. Also: Droht uns da — trotz des guten Willens, trotz des KHVVG — eine neue Pleitewelle bei den Krankenhäusern?
Das muss man ein Stück weit auseinanderhalten. Momentan sind die Krankenhäuser massiv unter Druck, finanziell, das stimmt. Aber auch wegen des Fachkräftemangels, das dürfen wir nicht vergessen. Wir haben eine zu aufgeblasene Struktur und eine schlecht organisierte Struktur als dass wir das mit dem aktuellen Personal überein bringen würden. Das ist auch eine wesentliche Seite, warum diese Reform so wichtig ist.
Wir müssen wirklich Leistungsgruppen beziehungsweise Eingriffe, spezialisierte medizinische Eingriffe, konzentrieren — mit dem entsprechenden Fachpersonal — und brauchen parallel gleichzeitig eine wirklich gute niedergelassene ambulante Versorgung. Das fällt jetzt hier in dem Zusammenhang immer ein Stückchen hinten runter, das finde ich auch bedauerlich, aber diese sektorenübergreifende Zusammenarbeit, die hat echt noch Luft nach oben. Aber das birgt auch Möglichkeiten innerhalb der neuen Reform.
Konkret nachgefragt: Was heißt denn diese Reform für Bremen und umzu? Was wird sich hier ändern?
Diese Reform hat ja ihre Schatten vorausgeworfen und es gibt ja eine ganze Menge von Bundesländern, die durchaus schon im Geiste der Reform Strukturierungen auch vornehmen. Das haben wir in Bremen auch gemacht. Ich meine, ein Stadtstaat hat es etwas leichter, weil die Standorte nicht so weit auseinanderliegen. Aber gerade das, was wir bei der Gesundheit Nord gemacht haben, mit der Entscheidung zur Verlagerung, geht ja schon in diese Richtung.
Und es wird weitergehen, dass wir sagen: Die Standorte werden möglichst für bestimmte medizinische Schwerpunkte Kooperationen bilden und das auch an bestimmten Standorten konzentrieren. Das ist ein Prozess, und den können wir jetzt endlich mit dem berühmten KHVVG flankieren und untermauern und das wird auch für Bremen tatsächlich an den Standorten Unterschiede mit sich bringen. Aber für die Gesamtgesundheitsversorgung wird es besser.
Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Der Nachmittag, 22. November 2024, 17:10 Uhr