Das passierte am 9. November in Bremen
Die erste Republik, die Reichspogromnacht, der Mauerfall in Berlin – all das passierte an einem 9. November. In Bremen änderte das eine ganze Menge.
1 1918: In Bremen drängen Arbeiter und Soldaten an die Macht
Im Herbst 1918 hatten die Deutschen genug: genug von Krieg, genug von der Monarchie. Es sollte sich etwas ändern, viele Menschen aus der einfachen Bevölkerung sehnten sich nach Frieden und nach mehr Mitbestimmung. In vielen Städten bildeten sich Arbeiter- und Soldatenräte, so auch in Bremen. In Berlin rief der stellvertretende SPD-Vorsitzende Philipp Scheidemann am 9. November die erste deutsche Republik aus. Sie sollte später als Weimarer Republik in die Geschichte eingehen.
Genau genommen war es nicht der 9. November, der in Bremen von einem Tag auf den anderen alles änderte, sondern der 14. November. An diesem Tag erklärte der Arbeiter- und Soldatenrat seine Machtübernahme, die Bürgerschaft wurde aufgelöst, der Senat auf Verwaltungsaufgaben beschränkt. Die rote Fahne wehte einen Tag später am Bremer Rathaus. Zwar überwarfen sich die Mitglieder der Räterepublik, und am 4. Februar 1919 war sie schon wieder vorbei. Dennoch ist sie eine Besonderheit. Denn nur sehr selten konnten die Räte damals auf deutschem Boden tatsächlich vorübergehend Macht erlangen.
2 1938: Die SA zerstört die Bremer Synagoge und plündert jüdische Geschäfte
In München waren hochrangige NSDAP-Mitglieder zusammengekommen, um den Jahrestag des Hitler-Ludendorff-Putsches im Jahr 1923 zu feiern. Viele von ihnen sahen in einer Hetzrede von Propagandaminister Joseph Goebbels eine Aufforderung zu Aktionen gegen deutsche Juden. Dabei war auch der Führer der SA-Gruppe Nordsee und Bremer Bürgermeister Heinrich Böhmcker. Er telefonierte mit dem Stabschef der SA-Gruppe in Bremen und forderte zu Plünderungen und Zerstörungen auf.
Bilder der Reichspogromnacht in Bremen
SA-Mitglieder setzten daraufhin die Synagoge im Schnoor in Brand. Sie brannte vollständig aus. Auch eine jüdische Gebetsstube in Sebaldsbrück ging in Flammen auf. Geschäfte in der Innenstadt wurden verwüstet und geplündert. Die Gewalttäter beschränkten sich aber nicht auf Sachbeschädigungen. Fünf Menschen jüdischen Glaubens aus Bremen und Umgebung wurden ermordet. Am 10. November trieb die SA 160 jüdische Männer aus Bremen vom Schulhof des Alten Gymnasiums bis zum Gefängnis in Oslebshausen. Von dort aus ging es am Folgetag zum Bremer Hauptbahnhof, wo ein Sonderzug die Männer ins Konzentrationslager Sachsenhausen deportierte. Einige Wochen später konnten sie von dort zurückkehren.
3 1989: Freude und Skepsis nach dem Mauerfall
Während in Berlin schon in der Nacht vom 9. auf den 10. November gefeiert wurde, blieb es in Bremen zunächst ruhig. Doch schon am Tag nach dem historischen Mauerfall war der Bahnsteig 7 im Bremer Hauptbahnhof voll mit Menschen: Der erste Zug aus Bremens Partnerstadt Rostock, den DDR-Bürger ohne Visum besteigen konnten, erreichte die Hansestadt. "Ganz herrliches Gefühl ist das. Dass man hier jetzt auch mal hinkommen kann", sagte einer der Bremen-Besucher aus der DDR damals zu buten un binnen.
Die Bremer reagierten teilweise noch skeptisch. Auf die Frage, ob es eine Wiedervereinigung geben sollte, antwortete ein Bremer Schüler: "Es wäre vielleicht schon besser, ein geeintes Deutschland zu haben, aber ich kann mich mit dem Gedanken nicht ganz anfreunden. Deutschland war in diesem Jahrhundert zweimal Aggressor in zwei großen Kriegen. Es könnte wieder zu mächtig werden. Unter der Führung einer falschen Hand, wer weiß, wohin das führen kann." Auch Neu-Bremer, die in den Wochen und Monaten vor dem Mauerfall nach Bremen geflohen waren, reagierten noch verhalten auf die Nachricht. Zurückgehen – das wollten viele damals zunächst jedenfalls nicht. Zu wenig trauten sie der DDR-Führungsriege.
Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Der Tag, 9. November 2017, 23:20 Uhr