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Neuer Mietspiegel für Bremen: Was ist, wenn ich zu viel Miete zahle?

Bunte Reihenhäuser frontal fotografiert (Archivbild)

Neuer Mietspiegel für Bremen: Was ist, wenn ich zu viel Miete zahle?

Bild: dpa | Shotshop/Detailfoto

Der Mietspiegel zeigt, wo das Wohnen in der Stadt viel oder wenig Geld kostet. Wir erklären, welche Vorteile er mit sich bringt und welche Probleme er nicht löst.

Mieten kann im angespannten Bremer Wohnungsmarkt teuer sein. Mieterinnen und Mietern stellt sich dabei oft die Frage, ob der veranschlagte Mietpreis überhaupt angemessen ist. Das soll nun durch den neuen Mietspiegel, der seit Anfang des Jahres gilt, für alle leichter ersichtlich sein.

Wofür ist der Mietspiegel da?

Der Mietspiegel ist eine statistische Erhebung der ortsüblichen Vergleichsmieten. Er soll als rechtlich bindende Datengrundlage für die Festlegung und Erhöhung von Mieten fungieren. Als Basiswert dient dabei die sogenannte mittlere Nettokaltmiete – sie verändert sich je nach Lage, Art, Baujahr, Größe, Beschaffenheit und Ausstattung des Gebäudes. Allein der Wohnort entscheidet oft schon, wie hoch die Kaltmieten sind. Nach zwei Jahren werden die für den Mietspiegel verwendeten Daten überprüft und nach vier Jahren komplett erneuert. Mietspiegel sind für Städte mit mehr als 50.000 Einwohnern mittlerweile gesetzlich verpflichtend.

Der Mietspiegel soll außerdem bei der Anwendung der Mietpreisbremse helfen. Diese besagt, dass die Miete bei Neuvermietung nur zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen darf.

Kann ich also auf Grundlage des neuen Mietspiegels meine Miete reduzieren, wenn ich mehr als 10 Prozent der Vergleichsmiete zahle?

Ja, das sei in der Theorie möglich, außerdem sei sogar eine Rückzahlung von zu viel gezahlter Miete durchsetzbar, sagt der Geschäftsführer des Bremer Mieterschutzbundes Gert Brauer, der den Mietspiegel mit ausgehandelt hat. In der Praxis sieht er die Mieter aber im Nachteil: "Man müsste dem Vermieter nachweisen, dass er in Kenntnis eines geringen Wohnungsangebotes die Situation ausgenutzt hat. Diesen Vorsatz kann man aber kaum beweisen."

Brauer sieht außerdem die Mietpreisbremse kritisch, da sie teure Mieten, die schon länger bestehen, nicht aushebeln könne: "Praktisch haben Mietende nichts davon, da der Anspruch verfällt, wenn der Vormieter bereits eine überteuerte Miete gezahlt hat."

Enno Hinz vom Verein Mieter helfen Mietern Bremen hält eine Mietkürzung unabhängig von der Kenntnis des Vermieters bei Vertragsschluss für möglich. Allerdings müssten einige Voraussetzungen stimmen: "Der Mietvertrag muss nach Dezember 2015 unterschrieben worden sein und die Miete mehr als 10 Prozent über dem Mietspiegel liegen", sagt Hinz. Außerdem darf seither keine Vertragsänderung erfolgt sein. "Eine unterschriebene Mieterhöhung oder der Wechsel eines Vertragspartners schließt die Anwendung der Mietpreisbremse aus." Auch wenn der Vermieter vor Vertragsabschluss schriftlich über besondere Gründe für den höheren Preis einer Wohnung informiert habe, sehe es für die Mieter schlecht aus. Bei den neuen Regelungen gebe es einige Punkte, die noch nicht abschließend von Gerichten geklärt seien.

Geld liegt auf einem Mietvertrag
Theoretisch kann man zu viel gezahlte Miete zurück fordern. In der Praxis sieht das aber schwieriger aus. Bild: Imago | Steinach

Der Geschäftsführer des Eigentümerverbands Haus & Grund, Ingmar Vergau, sieht das Problem beim Mietspiegel eher darin, dass die Daten Vermieter benachteiligen können: "Nicht jede Wohnung ist gleichwertig, dass eine Wohnung aber höherwertig ist und insofern eine erhöhte Miete rechtfertigt, müssen Vermieter in der Regel selbst nachweisen."

Bringt mir der Mietspiegel als Mieter dann überhaupt etwas?

Ja, durch den Mietspiegel kann es für Vermieter schwieriger werden, ohnehin schon teure Mieten zu erhöhen. "Früher mussten Vermieter nur drei Vergleichsmieten aus dem Stadtteil vorweisen, die höher lagen", sagt Brauer vom Mieterschutzbund. Das heißt, dass Vermieter sich die Vergleichsmieten sozusagen selbst aussuchen konnten. "Das hat zu vielen Mieterhöhungen geführt. Es war einfach eine Frechheit, was da möglich war. Jetzt haben wir aber eine transparente und objektive Datenlage, die nicht umgangen werden kann. Für viele heißt das, dass ihre Mieten nicht mehr steigen."

Dabei profitieren laut Brauer besonders die Stadtteile, in denen viele Menschen bereits zu hohe Mieten zahlen, wie etwa im Viertel, Findorff oder in der Neustadt. Der Vertreter des Eigentümerverbands sieht durch die Änderung allerdings auch Vorteile für Vermieter: "Früher mussten Vermieter drei Vergleichsmieten anbringen, sich auf den Mietspiegel zu berufen ist einfacher", sagt Vergau.

Kann meine Miete durch den Mietspiegel womöglich sogar steigen?

Ja, es gebe Stadtteile, in denen Mieterhöhungen durch den Mietspiegel begründet werden, sagt Brauer. "Das sind dann aber tatsächlich Mieten, die sehr niedrig sind. Durch die Kappungsgrenze, die in Bremen gilt, können aber auch diese Mieten in drei Jahren nur um 15 Prozent steigen." Einen generellen Anstieg der Mieten durch den Mietspiegel kann Brauer bislang nicht feststellen: "Ein flutartiger Anstieg der Mieten ist bisher ausgeblieben."

Alt-Bremer Reihenhäuser in der Bremer Neustadt.
Ein flutartiger Anstieg der Mieten sei bisher ausgeblieben, so Brauer. Bild: Radio Bremen | Martin von Minden

Auch Vergau glaubt nicht, dass die Mieten jetzt massenhaft ansteigen werden: "Im Durchschnitt bleiben die Mieten unserer Mitglieder bis zu zehn Jahre unangetastet", sagt er. Allerdings räumt er ein, dass viele Vermieter angekündigt hätten, jetzt zu prüfen, wo sie im Vergleich liegen: "Wir raten dazu, sich mit den Mietenden zu besprechen und Kompromisse zu finden, sodass eine niedrige Miete innerhalb von drei Jahren vielleicht nur um zehn und nicht um 15 Prozent steigt."

Erster Mietspiegel für Bremen: Was ändert sich dadurch?

Bild: Radio Bremen

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Autor

  • Lukas Scharfenberger

Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Rundschau am Mittag, 11. April 2024, 12 Uhr