Wird die Bremer Opposition an der Arbeit gehindert?

Mitglieder der Bremischen Bürgerschaft nehmen an einer Plenarsitzung teil.

Fehlende Unterlagen: Opposition fühlt sich in ihrer Arbeit behindert

Bild: dpa | Sina Schuldt

Immer wieder beklagen speziell CDU und FDP in Bremen, dass sie in Gremien Unterlagen oft zu spät bekommen. Das Problem ist nicht neu.

Das war dann doch zu viel für die Bremer Oppositionsparteien: Weniger als 24 Stunden vor Beginn der Bildungsdeputation Anfang Juni lagen alle Berichte und Unterlagen für die Sitzung vor. Inhaltliche Auseinandersetzung? So nicht möglich.

Die Opposition forderte, die Sitzung zu vertragen, die Regierungsparteien stimmten zu – und am Ende waren alle Beteiligten frustriert. Denn: Auch wenn so eine geplatzte Sitzung ein Novum in der Bremer Politik ist, ist das Problem der fehlenden Unterlagen nicht neu.

Gerade CDU und FDP in Bremen beklagen immer wieder: Sie fühlen sich in ihrer Arbeit behindert, weil auch in anderen Gremien Vorlagen oft erst verspätet vorgelegt werden. CDU-Fraktionschef Frank Imhoff kritisiert deshalb den Senat. "Die parlamentarischen Rechte, die wir als Opposition haben, werden zunehmend missachtet oder anders ausgelegt." Das sehe man daran, dass seit Jahren Deputationsvorlagen zu spät kommen. "Wie sollen wir uns denn auf Sitzungen vorbereiten, wenn wir nicht mal die Unterlagen haben?"

Die parlamentarischen Rechte, die wir als Opposition haben, werden zunehmend missachtet.

CDU-Fraktionschef Frank Imhoff

"Die Aufgabe der Opposition ist natürlich, die Regierung zu kontrollieren", sagt FDP-Fraktionschef Thore Schäck. Das gehe nur, wenn auch die Regeln eingehalten werden. Diese Regeln, von denen Schäck spricht, sind genau festgelegt: Eine Woche vor jeder Sitzung muss offiziell eingeladen werden, zu diesem Zeitpunkt sollten auch alle Unterlagen da sein. Verantwortlich dafür ist die Verwaltung.

Ich will jetzt nicht unterstellen, dass das späte Bereitstellen der Unterlagen ein bewusster Versuch ist, die Oppositionsarbeit zu blockieren. Aber es kriegt ein Geschmäckle.

FDP-Fraktionschef Thore Schäck

Auch Holger Fricke von der Fraktion Bündnis Deutschland erklärt: Wenn 18-seitige Unterlagen erst am Tag der Sitzung geliefert werden, sei es kaum möglich, sich einzuarbeiten oder gegebenenfalls wissenschaftliche Mitarbeiter oder Experten zu befragen. "Dann kann man ja im Prinzip gar nicht arbeiten. Wenn 18-seitige Unterlagen erst am Tag der Sitzung geliefert werden, das ist ja unmöglich, das geht gar nicht."

Verlässliche Verfahren sind wichtig für Demokratie

Aber warum ist es eigentlich so wichtig, dass die Oppositionsfraktionen, die ja keine Mehrheiten gegenüber der Regierung bilden können, in alle Prozesse eingebunden werden? Politikwissenschaftler Andreas Klee sagt: Ein Merkmal von Demokratien sind funktionierende und verlässliche Verfahren. Und dazu gehöre auch, dass die Oppositionsparteien die Regierung kritisch begleiten kann. "Opposition kontrolliert", so Klee. "Ansonsten wär's für die Regierung zu leicht, sie haben die Mehrheit ja schon, also können sie bestimmte Entscheidungen alleine treffen."

Die Opposition habe die Aufgabe, Fragen zu stellen, Dinge zu hinterfragen. Sie solle bewusst schauen, ob das, was die Regierung macht, auch richtig ist.

Opposition kontrolliert. Also ist es völlig in Ordnung, wenn es mal knirscht und knallt.

Politikwissenschaftler Andreas Klee

Die Bildungsbehörde räumte nach dem Platzen der Deputation Versäumnisse ein und verspricht Besserung, auch in anderen Behörden ist die Verwaltung aufgefordert, verlässlicher zu werden. Die Vertreter der Bremer Regierungsfraktionen sagen: Unter diesen Bedingungen sei es auch für sie schwierig, eine ernsthafte politische Debatte zu führen. "Man stellt oft erst hinterher fest, dass man noch Fragen gehabt hätte, wenn man die Vorlagen hätte intensiver studieren können", so Franziska Tell von den Bremer Grünen.

Regierungsfraktionen hoffen auf Besserung

Auch Linken-Politikerin Miriam Strunge, die die Bildungsdeputation leitet, sagt: Sie wolle lieber über Inhalte statt über Formalien diskutieren. Deshalb könne sie auch den Frust der Opposition verstehen: "Ich glaube, dass es gut ist, dass die CDU nochmal deutlich gemacht hat, dass es so, wie es gerade läuft, nicht funktioniert." Sie hoffe, das führe jetzt zu den nötigen Verbesserungen.

Für SPD-Fraktionschef Mustafa Güngör ist klar: Eine bewusste Behinderung der Opposition sei das nicht; Diskussionen seien für ihn das Herzstück der Demokratie.

Die Deputationen und die Ausschüsse sind der Ort, wo intensiv beraten werden muss mit der Opposition gemeinsam aber auch mit den Regierungskoalitionen.

SPD-Fraktionschef Mustafa Güngör

Dass die Unterlagen nicht vorlagen, sei sicherlich keine bewusste Behinderung der Oppositionsarbeit gewesen: "Es ist ja auch für die Regierungskoalitionen nicht möglich, sich vorzubereiten."

Ob die Gremienarbeit sich verbessern wird, wird sich wohl erst im August zeigen: Erst dann stehen die ersten Deputationssitzungen nach der Sommerpause auf der Tagesordnung.

CDU: Bildungsbehörde behindert Oppositionsarbeit

Bild: Radio Bremen

Autorin

  • Lisa-Maria Röhling
    Lisa-Maria Röhling

Quelle: buten un binnen.

Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Der Nachmittag, 26.06.2024, 17.20 Uhr