Interview
E-Bike, Lastenrad & Co.: Wie gut sind Bremens Radwege?
Bremen gilt als Fahrradstadt schlechthin, auf seinen Radwegen sammeln sich zig verschiedene Modelle. Doch nicht überall sind die Radwege dafür ausgebaut, sagt eine ADFC-Expertin.
Bremen ist eine Fahrradstadt: Hier besaß schon 2018 jeder Haushalt im Durchschnitt zwei Fahrräder. Jeder vierte Weg wird auf dem Sattel zurückgelegt – oft auf einer der 573 Kilometer langen Hauptrouten, die die Hansestadt durchkreuzen. Kein Wunder, dass Bremen in Fahrrad-Rankings in der Regel gut abschneidet. Doch ist wirklich alles so schön und gut auf Bremens Radwegen? Frauke Maack, Referentin des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) in Bremen, sieht an einigen Stellen deutlichen Verbesserungsbedarf.
Frau Maack, Bremen liegt in Fahrrad-Rankings meist weit vorne. Wie finden Sie das?
Bremen schneidet allein deswegen so gut ab, weil es einen sehr hohen Anteil an Radfahrenden hat. Fast jeder in Bremen besitzt ein Fahrrad. Das führt dazu, dass viele Radfahrende unterwegs sind und sie sich so sicherer fühlen. Autofahrende sind dann eher darauf geschult, auf Radfahrende zu achten. Man muss aber sagen, dass die anderen Städte in den letzten Jahren mehr Mittel in ihre Infrastruktur gesteckt und daher aufgeholt haben. Bremen hat beim letzten ADFC-Fahrradklima-Test mit der Note 3,6 abgeschnitten (Anm. d. Red.: Bewertung in Schulnoten von 1 bis 6). Das heißt: Es ist viel Luft nach oben. Man kann nur sagen, dass es in den anderen Städten noch mehr Luft nach oben gibt.
Bei dem jüngsten ADAC-Mobilitätstest hat Bremen hingegen im Vergleich zum Jahr 2017 Punkte verloren. Wie vergleichbar sind die unterschiedlichen Studien?
Bei der Zufriedenheit, also bei dem, was gut bewertet wurde, sind sie eigentlich sehr ähnlich. Bremen hat etwa bei dem ADAC-Ranking 2024 bei dem Zustand der Radwege und der Radwegebreite verloren, so ähnlich wie beim ADFC-Ranking 2022. Hier hat Bremen aber trotz einer Note von 3,6 – das wäre eine 4 in Schulnoten – den ersten Platz belegt. Ob das in Zukunft so bleibt, wird man sehen. Städte wie Dresden haben sehr viel mehr Geld in die Hand genommen, um den Radverkehr auszubauen.
Wie bewerten Sie dann die Infrastruktur und den Zustand der Radwege in Bremen?
Es gibt sehr viele veraltete Radwege, die für die heutigen Anforderungen viel zu schmal sind. Sie sind auch nicht mehr als benutzungspflichtig gekennzeichnet, weil sie keine gute Struktur bieten. Durch Wegeschäden, weil sie zugeparkt sind oder weil sie ewig lang nicht an die örtliche Infrastruktur angepasst wurden. Das heißt: Da ist ein recht großer Sanierungsstau, was den Erhalt der Radwege angeht. Und dann gibt es immer mehr unterschiedliche Fahrräder: Ein Kinderfahrrad, das langsam fährt, Lastenräder mit oder ohne E-Antrieb, E-Bikes, die bis zu 25 Kilometer pro Stunde fahren.
Was sind die Folgen dieser rasanten Entwicklung bei Fahrrädern?
Es ist einfach nicht genug Platz da, um all diesen Verkehrsteilnehmern gerecht zu werden. Dann muss nicht nur saniert, sondern auch aus- und umgebaut werden. Es ist halt so, dass man bei nicht als benutzungspflichtig gekennzeichneten Radwegen auf der Straße fahren darf. Das ist in Bremen an vielen Stellen so, etwa weil die Wege zu schmal sind. Da hat man aber das Problem, dass es häufig aufgesetzte Parkplätze gibt und man daher nicht auf die Straße wechseln kann oder es einfach nicht genug Platz gibt für Fahrräder auf der Straße.
Was kritisieren Sie am meisten an den Radwegen in Bremen?
Im Verkehrsentwicklungsplan von 2014 steht, was alles in den letzten Jahren gebaut werden sollte, bis spätestens 2027. Da muss man sagen, dass das relativ in den Kinderschuhen stecken geblieben ist. Es gibt einen Flickenteppich, was Premiumrouten angeht. Auf der D15, die von Hemelingen bis Bremen-Nord gehen soll, sind Teilabschnitte fertig, da fährt man komfortabel. Aber dann landet man am Nadelöhr Tiefer, es ist ein Zweirichtungsverkehr mit Fußgängern auf einem sehr schmalen Weg. Da muss dringend eine Verkehrsumverteilung erfolgen.
Immerhin hat Bremen in diesem Bereich in den letzten Jahren etwas getan.
Wo? (lacht) Der Wallring ist gebaut, genau. Sonst sind Einzelabschnitte fertiggestellt worden, aber das geht auf Dauer nicht. Was in allen Rankings als Zufriedenheit gewichtet wird, ist die gute Erreichbarkeit der Ziele in der Innenstadt. Das kommt auch dadurch, dass man fast alle Einbahnstraßen in beide Richtungen befahren kann. Aber es gibt auch viele Gefahrenstellen, wo Radfahrende überhaupt nicht sicher sind.
Wie könnte es dann besser werden?
Auf jeden Fall muss zusätzlich zu dem, was jetzt passiert, noch viel mehr passieren. Es werden oft die Premiumrouten gegen die Sanierung der Radwege ausgespielt, aber ich finde, man muss an alles denken. Man muss halt Premiumrouten bauen, aber auch die Fahrradwege, die bereits vorhanden sind, sanieren und ausbauen. Und man sollte auch irgendwann mal dahin kommen, den Platz neu zu verteilen.
Quelle: buten un binnen.
Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 6. Mai 2024, 19:30 Uhr