3:2 nach 0:2: Werder geht mit Tischtennis-Spektakel in die Winterpause
Mehr Drama ging nicht: Der Bremer Bundesligist holte mit einem packenden Kraftakt den wichtigen Sieg gegen Grenzau – und bleibt in Schlagdistanz zu den Playoff-Rängen.
Cristian Pletea wusste gar nicht, wohin mit sich. Eigentlich wollte er am liebsten die ganze Welt umarmen, fiel aber erst einmal seinen Mitspielern und dann seinem Coach Cristian Tamas überglücklich um den Hals. Die 200 Zuschauer in der Bremer Klaus-Dieter-Fischer-Halle waren alle längst aufgesprungen und hörten gar nicht auf, Werders Team für dieses Tischtennis-Spektakel frenetisch zu feiern.
"Was für eine Achterbahnfahrt", meinte Pletea später im Gespräch mit dem Sportblitz und schüttelte immer noch ungläubig den Kopf. Mit 3:2 hatten die Bremer dieses Bundesliga-Duell gegen TTC Grenzau noch gewonnen – nachdem sie schon mit 0:2 zurück lagen.
"Alles ging so wahnsinnig schnell"
Und Pletea hatte mit Kirill Gerassimenko im Doppel den entscheidenden Punkt für Werder erkämpft. "Ich weiß gar nicht, was passiert ist", sprudelte es aus Pletea heraus, für Kirill und mich hat es sich am Tisch angefühlt wie 30 Sekunden. Alles ging so wahnsinnig schnell."
Es war ein Tischtennis-Rausch in fünf Sätzen. Und dieses Doppel lief sinnbildlich für den ganzen Werder-Abend: ein wildes Hin und Her, zwischen jubeln und leiden, inmitten spektakulärer Ballwechsel. Die beiden Bremer hatten furios begonnen, sie fegten ihre Gegner Patrick Baum und Samuel Walker in den ersten beiden Sätzen mit 11:2 und 11:1 förmlich von der Platte.
Unmögliche Winkel, irrwitziges Tempo
Dann holten die Grenzauer plötzlich wieder auf, setzten Pletea und Gerassimenko zunehmend unter Druck. Knapp verloren sie den umkämpften dritten Satz mit 10:12, die Partie kippte. Auf der Bremer Bank wurde wieder gezittert. "Wir sind sehr gut gestartet", sagte Tamas, "aber ich wusste, wenn es knapper werden würde, wird es mental schwerer, dem Druck stand zu halten."
Und gerade Pletea hat bisher noch Probleme gehabt, seine überbordende Gefühlswelt unter Kontrolle zu halten und den Fokus im Match nicht zu verlieren. Doch dieses Mal brachte sich Pletea nicht raus, der 22 Jahre junge Rumäne spielte wild entschlossen. Gemeinsam mit Gerassimenko drehte er im fünften Satz noch einmal auf: Sie hechteten nach den Bällen, fegten aus schier unmöglichen Winkeln mit irrwitzigem Tempo die Bälle noch auf die Platte. Die Halle tobte.
"Wir haben toll gekämpft"
Dann war es endlich geschafft, der zweite Matchball verwandelt. 11:4 – Glücksrausch in grün und weiß. Die Bundesliga-Hinrunde hatte für Werder doch noch ein Happyend gefunden.
Es war ein unglaubliches Spiel. Es ging hin und her und zum Glück haben wir es noch geschafft, den 0:2-Rückstand wettzumachen. Es war fantastisch und wir haben toll gekämpft.
Werder-Trainer Cristian Tamas
Nötig wurde dieser Kraftakt gleich aus mehreren Gründen. "Wir waren alle sehr müde", sagte Tamas. Keine anderthalb Tage waren dem Team geblieben, die bittere Auswärtspleite gegen Bergneustadt zu verdauen. "Wir haben viel geredet, haben versucht, die Kräfte nochmal zu bündeln. Wir wussten, dass es heute schwer wird, weil wir nicht bei 100 Prozent sind."
"Marcelo hat uns gerettet"
Dann kassierte Topstar Mattias Falck gleich im ersten Match gegen Baum eine 0:3-Klatsche, bei der sich der Schwede im ersten Satz auch noch an der Achillessehne verletzte. Falck musste behandelt werden, doch nachdem auch Gerassimenko sein Einzel gegen Maciej Kubik verlor und Werder mit 0:2 mit dem Rücken zur Wand stand, sah es schon nicht mehr danach aus, als würde es noch zum zweiten Einzel für Falck kommen.
"Marcelo hat uns gerettet", sagte Falck daher, "er war unser Matchwinner heute." Mit seinem mitreißenden Sieg weckte Marcelo Aguirre die Bremer Lebensgeister. "Marcelo hat das Zeichen gesetzt, dass wir kämpfen müssen und das haben wir getan", fügte Tamas hinzu.
"Hoffen, dass wir die Chance auf die Playoffs bekommen"
Falck durfte also nochmals ran, nach der Niederlage, die gleich doppelt weh getan hatte. "Ich habe Schmerzmittel genommen und dann ging es irgendwie", sagte er, "gegen Kubik habe ich dann kaum Fehler gemacht, mit dem Match bin ich sehr zufrieden." Auch sein Coach war es: "Das kennen wir von Mattias, wenn er ein Match verliert, verliert er das zweite aber nicht. Er steigert sich dann immer."
Das galt auch für sein gesamtes Team, das noch einmal alle Kraftreserven mobilisierte, um unbedingt mit dem Sieg das Jahr zu beenden. Nun steht Werder mit positiver Bilanz von 12:10 als momentan Tabellensechster da und hält vor dem Start der Rückrunde am 11. Januar Anschluss an die Playoff-Ränge.
Wir sind froh, dass wir nicht unten in der Tabelle sind und etwas Abstand haben. Wir kämpfen um jeden Sieg und hoffen, dass wir zum Schluss vielleicht nochmal die Chance haben, in die Playoffs zu kommen.
Werder-Coach Cristian Tamas
SV Werder Bremen – TTC Zugbrücke Grenzau 3:2
Mattias Falck – Patrick Baum 0:3 (5:11, 4:11, 9:11)
Kirill Gerassimenko – Maciej Kubik 1:3 (11:9, 11:13, 9:11, 4:11)
Marcelo Aguirre – Samuel Walker 3:1 (11:3, 13:15, 11:6, 11:7)
Mattias Falck – Maciej Kubik 3:0 (11:7, 11:8, 11:7)
Kirill Gerassimenko/Cristian Pletea – Samuel Walker/Patrick Baum 3:2 (11:2, 11:1, 10:12, 7:11, 11:4)
Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Rundschau, 21. Dezember 2022, 8 Uhr