Tanz-Talent Kalistov und sein Leben zwischen Krieg und Tanz-WM
Im Juni gewann Dimitri Kalistov mit Luna Albanese die Junioren-WM. In Bremen sorgt der Ukrainer sich um das Leben seines Vaters und seines Bruders in der Heimat.
An Dimitri Kalistovs Anfänge in Bremen kann Roberto Albanese sich noch sehr gut erinnern. Als 11-Jähriger kam der Ukrainer 2019 erstmals an die Weser, um sich beim Grün-Gold-Club vorzustellen. "Der Junge war ein kompletter Anfänger", blickt Albanese zurück. Trotzdem war er seinerzeit sofort von dessen tollen Anlagen überzeugt. Täuschen sollte Albanese sich nicht. Mittlerweile gilt Kalistov als eines der größten Talente im Latein-Tanzen.
Mit Luna Albanese, der Tochter von Roberto und Uta Albanese, gewann er im Juni die Junioren-WM im Latein-Tanzen. In allen fünf Final-Tänzen belegten sie den 1. Platz. Doch die Freude bei Kalistov war getrübt, denn seitdem Russland am 24. Februar die Ukraine überfallen hat, ist sein Leben nicht mehr wie zuvor. Zuvor pendelte er regelmäßig zwischen Kiew und Bremen. Auch im Februar war er in der ukrainischen Hauptstadt, um den Geburtstag seines großen Bruders zu feiern.
Der große Erfolg ohne Vater und Bruder
Mit der Familie wollte Kalistov fliehen, doch an der Grenze zu Rumänien musste er sich von seinem Vater und seinem Bruder verabschieden. Beide durften das Land nicht verlassen. Mit seiner Mutter machte er sich auf den Weg nach Bremen. Hier besucht er nun die Oberschule an der Ronzelenstraße. Kontakt zu seinem Vater und seinen Bruder hält er per Videochat. Dass sie nicht dabei sein konnten, als er den WM-Titel gewann, schmerzt ihn.
Die wichtigsten Menschen in meinem Leben konnten nicht dabei sein, weil sie im Krieg sind. Das hat diesen Moment ein wenig zerstört. Deshalb konnte ich mich nicht so richtig freuen.
Dimitri Kalistov
Der ältere Bruder nahm Kalistov einst mit zum Tanzen und trainierte ihn. Er denke viel über sein Leben nach, doch auf der Tanzfläche müsse er dies abschalten können. "Tänzer", sagt er, "sind wie Schauspieler". Kalistov lebt dabei aktuell zwischen zwei Welten. Die eine ist seine sportliche Entwicklung in Bremen. Die andere ist der Krieg in der Ukraine und die ständige Sorge um das Leben seines Vaters und seines Bruders.
Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 18. Oktober 2022, 19:30 Uhr