Interview

Junge Mutter aus Bremen wartet auf ein Spenderherz

Eine junge Frau mit blonden Haaren lehnt an einer holzvertäfelten Wand und schaut in die Kamera.
Seit rund zwei Wochen steht Tabea Hinners offiziell auf der Warteliste für ein Spenderherz. Bild: Privat

Tabea Hinners ist mit einem Herzfehler geboren. Die 29-Jährige steht seit 14 Tagen auf der Warteliste für ein Spenderherz und kämpft mit der Ungewissheit.

Wenn Patienten in Deutschland ein Spenderherz brauchen, müssen sie meist zwei Jahre warten. Das ist einer der Gründe, warum vor einem Jahr das Organspenderegister eingeführt wurde. Das Ziel: Mehr Menschen sollen sich als Organspender registrieren lassen. Wir haben mit einer jungen Frau gesprochen, die auf ein Spenderherz wartet.

Tabea Hinners ist 29 Jahre alt, sie wurde mit einem Herzfehler geboren und schon mit Anfang 20 wurde ihr ein Herzschrittmacher eingesetzt. Damit konnte sie bisher gut leben. Bis zum letzten Jahr. Sie bekam Herzrhythmusstörungen und musste ins Krankenhaus – und nach mehreren Untersuchungen war klar: Sie braucht ein Spenderherz. Hinners hat einen Sohn, er ist jetzt drei Jahre alt.

2018 hast du einen Herzschrittmacher bekommen – wann begann deine Krankengeschichte?

Ich bin mit Herzfehler geboren. Der wurde das erste Mal 1997 operiert, an der Uniklinik in Kiel, und das zweite Mal 2005 – auch in Kiel. Da war ich elf. Dann war so weit erst mal alles super. Aber dann bin ich kardial dekompensiert. Das bedeutet, dass das Herz irgendwann nicht mehr mitgemacht hat. Im Verlauf bin ich dann auf der Intensivstation gelandet, mit Herz- und Nierenversagen. Und dann habe ich meinen Herzschrittmacher bekommen. Doch dann kamen Herzrhythmusstörungen dazu. Im Dezember 2024 bekam ich einen Herzkatheter, kurz vor Weihnachten. Abends ging die Tür auf und es kamen acht Ärzte plus die Psychologin in meinen Raum. Da wurde dann gesagt: Okay, es ist so schlecht, dass wir es wohl ersetzen müssen.

Eine Mitarbeiterin des Deutschen Roten Kreuzes nimmt eine Transportbox für ein menschliches Organ für eine Transplantation von einem Koordinator der Deutschen Stiftung Organtransplantation entgegen.
In Bremen warten aktuell sechs Menschen auf ein Herz – und einer von ihnen ist Tabea Hinners. Bild: dpa | Sebastian Gollnow

Wie ging es dir direkt nach dieser Aussage?

Ich war danach ein kleines Häufchen Elend. Ich habe eine Freundin in Kiel, sie wollte mich eh besuchen kommen. Sie hatte mich dann angerufen und ich war völlig aufgelöst. Ich war so froh und so dankbar, dass sie hergekommen ist und mich aufgefangen hat. Und die Psychologin hat mich aufgefangen. Ich habe dann meine Eltern und meinen Mann angerufen. Das war so ein Ergebnis, womit wir nicht gerechnet haben. Also wir haben damit gerechnet, dass etwas nicht in Ordnung ist. Dass wir neue Medikamente ansetzen müssen und regelmäßigere Kontrollen. Aber dass es so schlimm ist, dass wir das Organ komplett ersetzen müssen – damit haben wir nicht gerechnet.

Seit 14 Tagen stehst du jetzt auf der Warteliste für ein Spenderherz. Was für Vorbereitungen müsst ihr da jetzt treffen?

Ich wurde am 5. März jetzt offiziell gelistet. Am 6. März war ich noch zu den letzten zwei Untersuchungen und hatte die Aufklärungsgespräche. Also Narkosebogen und OP-Bogen musste ich tatsächlich schon unterschreiben. Weil dafür dann wahrscheinlich keine Zeit mehr sein wird. Wenn ein passendes Organ vorhanden ist, bekomme ich einen Anruf und dann entscheidet das Transplantationsteam. Fahre ich selber, schicken die mir einen Krankenwagen, der mich fährt oder fliegen wir mit einem Hubschrauber nach Kiel.

Wie fühlt es sich für dich an, dass du weißt, dein Leben hängt von dem Tod eines anderen Menschen ab?

Ja, man wartet letztendlich darauf, dass einer Familie ein Unglück passiert, damit man leben darf. Du musst halt darauf warten, dass jemand einen Motorradunfall oder einen Skiunfall hat und die Familie dann entscheidet, dass die funktionsfähigen Organe weitergegeben werden dürfen. Das ist schon eine Herausforderung für mich. Ich kann mir nicht vorstellen, wie das für Familien mit Kindern ist, die darauf warten, dass ihr Kind ein Organ kriegt.

Kurz war auch im Gespräch, dass du ebenfalls eine neue Leber brauchst – wie wäre das abgelaufen?

Stimmt, das stand er erst noch im Raum. Ich habe noch einen jüngeren Bruder. Der wollte sich testen lassen, ob er als Spender infrage kommt. Meine Schwägerin auch – aber das ist zum Glück vom Tisch. Und es ist ja schon ein Unterschied, ob du eine Lebendspende kriegst.

Wie hat sich dein Leben verändert, seit dir gesagt wurde, dass du ein Spenderherz brauchst?

Also, man denkt ein bisschen mehr über den Tod nach. Klar, der Tod ist ja für uns alle allgegenwärtig. Wir werden alle irgendwann sterben. Aber die Chance, jung zu sterben, ist was anderes. Wobei Chance nicht das richtige Wort ist, das klingt blöd. Es besteht ein realistisches Risiko, dass ich aus dieser OP nicht lebend herausgehe. Und dann muss man auch ehrlich sein.

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Bild: Radio Bremen
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Autorin

Quelle: buten un binnen.

Dieses Thema im Programm: Bremen Next, Next am Nachmittag, 18. März 2024, 14:25 Uhr