Interview

Darum hält ein Gutachter den Bremerhavener Energy-Port für sinnvoll

Warum Bremerhaven einen Energiewende-Hafen braucht

Bild: Radio bremen

Eine Studie hat verschiedene Möglichkeiten für einen Offshore-Hafen in Bremerhaven aufgezeigt. Wie der Hafen aussehen könnte und warum Bremen schnell sein sollte, erklärt Gutachter Ninnemann.

Nach Meinung der Bremer Regierung soll Bremerhaven einen Energy-Port bekommen, also einen Hafen, an dem zum Beispiel Wasserstoff ankommen kann. So soll Bremerhaven von der Energiewende profitieren.

Dafür hatte das Häfenressort eine Studie in Auftrag gegeben. Sie sollte prüfen, wie so ein Energie-Hafen aussehen könnte. Einer der Wissenschaftler, der daran mitgearbeitet hat, ist Jan Ninnemann von der Hanseatic Transport Consultancy. Bei buten un binnen erklärt er, ob solch ein Projekt seiner Meinung nach wirklich notwendig ist – und wann und wie es umgesetzt werden müsste.

Herr Ninnemann, ist dieser Hafen notwendig?

Wenn wir auf die politische Gesamtlage schauen, dann sehen wir, dass das Thema Energiewende das zentrale Thema ist, das die gesamte Republik beschäftigt. Dafür brauchen wir natürlich entsprechende Kapazitäten in den Seehäfen. Um die Energiewende zu schaffen, um die entsprechenden Energieträger wie Wasserstoff zu importieren. Und auch, um das Thema Offshore-Windenergie voranzutreiben.

Auch Cuxhaven gibt es, und auch in WiIhelmshaven soll zum Beispiel LNG ankommen, das auch für Wasserstoff genutzt werden kann. Warum braucht es da noch einen Hafen?

Insgesamt muss man sagen: Wenn man anschaut, wie die Ausbauziele gelagert sind, dann braucht man mehr Kapazitäten. Cuxhaven hat sicherlich gute Kapazitäten im Bereich Offshore, die werden aber nicht ausreichen.

Für das Thema Energieimport von Wasserstoff und Wasserstoffderivaten werden die Kapazitäten in Wilhelmshaven und anderen Standorten nicht ausreichen. Wir brauchen eine ganzheitliche Strategie für die deutschen Seehäfen.

Jan Ninnemann im buten un binnen-Studio in Bremen
Jan Ninnemann, Wirtschaftswissenschaftler der Hanseatic Transport Consultancy

Und das kann aus Ihrer Sicht mit diesem Energy-Port in Bremerhaven gut funktionieren?

Ja, dieser Hafen kann für Deutschland ein sehr wichtiger Baustein in der Energieversorgung sein, um Energie aus Übersee zu importieren. Weil wir eben nicht in der Lage sind, die Wasserstoffmengen, die wir für die deutsche Industrie und die Verkehrswende brauchen, in ausreichendem Maße selber zu produzieren. Dafür brauchen wir diese Gateways, und dafür ist Bremerhaven ein wichtiger Standort.

Und der wäre dann mit Wasserstoff ausgelastet, oder sollten dort auch andere Bereiche angesiedelt werden?

Am Ende haben wir in unserer Potenzialstudie auf einen Mix geschaut. Das heißt, es kommt im Grunde darauf an, hier ein Energiecluster oder einen Energiehafen zu bilden, der zum einen dafür da ist, Wasserstoff oder andere Energieträger zu importieren, vielleicht das Thema Offshore-Windenergie voranzutreiben.

Bei weiteren Ansiedlungen fällt das Thema Recycling von Offshore-Energieanlagen ein, das Thema Batterie-Recycling, das Thema der Produktion von Lithium – da gibt es viele Beispiele, wo es Potentiale gibt, die in Bremerhaven anzusiedeln.

Jan Ninnemann im buten un binnen-Studio in Bremen
Jan Ninnemann, Wirtschaftswissenschaftler der Hanseatic Transport Consultancy

Recycling von Offshore-Anlagen, was genau soll das sein?

Das Thema Offshore-Windenergie besteht ja nicht nur daraus, Windenergieanlagen vorzubereiten für den Transport in die Nordsee. Sondern wir sehen, dass diese Felder natürlich einem permanenten Wandel unterliegen. Das heißt, sie werden abgebaut, sie werden neu aufgebaut, größere Windkraftblätter werden dort angebracht. Und das heißt, die müssen auch wieder zurückgeführt und an Land bearbeitet werden. Sie müssen auch recycelt werden, damit man eben die Rohstoffe, die da drin sind, auch gewinnen kann und für andere Zwecke wieder einsetzen kann.

Bis wann müsste dieser Hafen denn wirklich da stehen?

Grundsätzlich gilt natürlich: Je schneller, desto besser. Wir sehen, dass auf dem Thema Energiewende erheblicher Druck und erhebliche Dynamik ist. Da ist es aus Bremer Sicht wichtig, sich hier frühzeitig zu positionieren auf der Landkarte potentieller Investoren.

Natürlich sehen wir auch, dass die Projekte, die sich im Bereich Wasserstoff bewegen, noch in einem sehr frühen Stadium sind. Und natürlich ist es wichtig, jetzt die entsprechenden Rahmenbedingungen zu schaffen, denn so eine Hafenplanung dauert natürlich eine ganze Zeit. Insofern ist es notwendig, jetzt die entsprechenden Weichen zu stellen.

Ich denke, es wird Zeit, jetzt klar zu signalisieren, in welche Richtung es laufen soll. Wo die Schwerpunkte sein sollen, um dann die nächsten Voruntersuchungen voranzutreiben. Um in drei, vier, fünf Jahren dann mit belastbaren Ergebnissen dazustehen.

Jan Ninnemann im buten un binnen-Studio in Bremen
Jan Ninnemann, Wirtschaftswissenschaftler der Hanseatic Transport Consultancy

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Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 24. März 2023, 19:30 Uhr