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Keine Chancengleichheit? Bremer Kleinparteien kritisieren Wahlsystem

Plakatwand mit Wahlwerbung verschiedener Parteien

"Chancengleichheit verletzt": Beschwerde aus Bremen gegen Neuwahlen

Bild: dpa | Eibner-Pressefoto/Franz Feiner

Bremens Kleinparteien stehen unter Zeitdruck. Um bei der Bundestagswahl antreten zu können, brauchen sie schnell Unterstützer-Unterschriften. Einige finden das ungerecht.

Bis zur Neuwahl am 23. Februar wird noch viel Wasser die Weser herunterlaufen. So dürften es viele Bremer Wählerinnen und Wähler betrachten. Die meisten Kleinparteien aber sehen das anders. Sie hätten sich deutlich mehr Zeit bis zur Bundestagswahl gewünscht.

Anders als die etablierten Parteien, die bereits im Bundestag oder in Landtagen vertreten sind, müssen Kleinparteien Unterschriften von Unterstützern sammeln, um überhaupt zur Wahl zugelassen zu werden. Auf diese Weise möchte der Bund verhindern, dass auch Initiativen Listen einreichen, die keine glaubhaften politischen Absichten verfolgen und die Wahl lediglich ins Lächerliche ziehen wollen. Konkret benötigen Kleinparteien die Unterschriften von 0,1 Prozent der Wahlberechtigten ihres Bundeslands, um eine Landesliste aufstellen zu können.

Für Bremens Kleinparteien heißt das: Sie brauchen mindestens 460 Unterstützer-Unterschriften für eine Landesliste. Um in den Wahlkreisen Bremen I und Bremen II auch Direktkandidaten aufstellen zu können, benötigen sie laut Landeswahlamt zudem 200 Unterstützer-Unterschriften pro Kandidat und Wahlkreis. Das Problem: Die Zeit rennt. Den Kleinparteien bleibt bei der anstehenden Bundestagswahl weniger Zeit zum Sammeln der Unterschriften als üblich. Voraussichtlich bis zum 20. Januar werden sie alle Unterschriften abgeben müssen, um auf den Wahlzetteln zur Bundestagswahl am 23. Februar vertreten zu sein.

Bremer Partei reicht Beschwerde bei Bundeswahlleiterin ein

Die Bremer Partei "Grundeinkommen für Alle" (GfA) fühlt sich durch die Regelung benachteiligt. "Das ist nicht in Ordnung", sagt der GfA-Vorsitzende Uwe Bjorck. Lediglich 23 Mitglieder zählt seine Partei, 14 davon in der Stadt Bremen. In einem Brief fordert der GfA-Vorstand die Bundeswahlleiterin dazu auf, "die gesetzlichen Rahmenbedingungen kritisch zu überprüfen und an die besonderen Anforderungen vorgezogener Wahlen anzupassen". Die Chancengleichheit sei andernfalls gefährdet.

"Kleine Parteien haben es schwer in Deutschland"

Gruppenfoto von Parteimitgliedern von "Mera25"
Das Team von Mera25 Bremen ist nicht begeistert über den frühen Neuwahl-Termin, möchte sich aber nicht beklagen. Bild: Mera25

Nicht ganz so dramatisch sieht es Thilo Matzkeit, Vorstandsmitglied der Kleinpartei "Mera25 Bremen". Auch seine Partei möchte zumindest eine Bremer Landesliste für die Bundestagswahl aufstellen. Zu diesem Zweck werde die Partei demnächst ihre 25 Mitglieder im Land Bremen zur Wahlversammlung einladen. Es gelte zu klären, wer kandidieren soll. Bis Mitte Januar 460 Unterschriften zu sammeln, werde sehr schwierig für Mera25 Bremen, räumt Matzkeit ein: "Das wird ein Kraftakt."

Um ihn zu bewältigen, müssten die Parteimitglieder die Menschen im Land Bremen auch auf der Straße ansprechen. Grundsätzlich sei das Sammeln der Unterschriften eine große Hürde für die kleinen Parteien, so Matzkeit. Dass dies nun auch noch so schnell gelingen müsse, mache es noch schwieriger. "Kleine Parteien haben es generell schwer in Deutschland, auch durch die Fünf-Prozent-Hürde", findet Matzkeit. Beklagen wolle sich Mera25 darüber aber nicht.

"Wir werden Türklinken putzen"

Porträt von Aurelia Schleife
Findet nicht in Ordnung, dass die Kleinparteien vor der Bundestagswahl Unterschriften sammeln müssen und große Parteien nicht: Aurelia Schleifert. Bild: Die Basis

Ganz anders klingt es aus dem Bremer Landesverband von "Basisdemokratische Partei Deutschland" (die Basis). Sie sieht hinter der Fünf-Prozent-Hürde und dem Sammeln von Unterstützer-Unterschriften "ein System, das mehr nach Machterhalt als nach echter Chancengleichheit riecht", sagt Aurelia Schleifert, Mitglied des Landesvorstands der "Basis".

Gleichwohl sei ihre Partei dazu entschlossen, nicht nur die erforderlichen Unterschriften für eine Landesliste zu sammeln, sondern auch die für zwei Direktkandidatinnen. "Wir werden Wahlstände aufbauen und Türklinken putzen", kündigt Schleifert an. Die Erfolgschancen für Die Basis stünden gut, sagt sie. 160 Mitglieder habe die Partei im Land Bremen.

"Wir sind vorbereitet"

Porträt von Lotta von Bötticher
Lotta von Bötticher sieht Volt Bremen gut vorbereitet auf den frühen Wahltermin. Bild: privat

Deutlich gelassener blickt Lotta von Bötticher, Bremer Landesvorsitzende der Partei "Volt" dem frühen Neuwahl-Termin entgegen: "Das ist kein Problem für uns", zeigt sie sich optimistisch, fügt allerdings hinzu: "Wir schaffen das, weil wir darauf vorbereitet sind."

Rund 100 Mitglieder habe Volt inzwischen im Land Bremen. Bei den Wahlen zur Bremischen Bürgerschaft im Mai 2023 erreichte die Partei landesweit 2,4 Prozent, bei der Europawahl 4,7 Prozent. Entsprechend sei Volt im Land Bremen bereits recht bekannt. Wie Die Basis Bremen möchte auch Volt Bremen sowohl eine Landesliste zur Bundestagswahl aufstellen als auch zwei Direktkandidaten ins Rennen schicken. Wer konkret antreten wird, werde sich am 1. Dezember bei einer Versammlung von Volt in Bremen entscheiden.

Die nötigen Unterschriften für die Wahl wolle man unter anderem an Infoständen einsammeln, kündigt von Bötticher an. Die Menschen in Bremen und Bremerhaven müssten sich aber keine Sorgen machen: "Wir werden niemandem beim Weihnachtsmarkt auf den Geist gehen", so von Bötticher scherzhaft.

Bremer Parteien reagieren gelassen auf den Bundestagswahltermin

Bild: Radio Bremen

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Quelle: buten un binnen.

Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Der Nachmittag, 15. November 2024, 16:35 Uhr