75 Jahre Land Bremen – 7 Schritte auf dem Weg zur Selbstständigkeit

Am 21. Januar 1947 verkündete die US-Militärregierung die Gründung des Landes Bremen. Doch bis dahin gab es zahlreiche Probleme zu bewältigen. Ein historischer Überblick.

Der Winter 1946/47 ging als Hungerwinter in die Bremer Geschichte ein. Es war der Winter, in dem der Schneider zum letzten Mal feststellte, dass "de Werser steiht" und er mit seinem heißen Bügeleisen trocken über die zugefrorene Weser laufen konnte. Auch eineinhalb Jahre nach Kriegsende lag Bremen größtenteils in Trümmern, die Menschen froren in den Ruinen und Baracken, die sie bewohnten, die Schulen setzten den Unterricht aus, weil es zu wenig Material zum Heizen gab. In diesen schwierigen Zeiten wurde Bremen unter Bürgermeister Wilhelm Kaisen wieder eigenständig. Doch wie kam es dazu?

1 Das Dritte Reich ist am Ende

Schwarz-Weiß-Bild mit einem Soldaten an einer zerstörten Brücke über einem Fluss
Kurz vor Ende des Krieges wurden in Bremen die Brücken gesprengt, um den einmarschierenden Truppen den Weg abzuschneiden. Bild: dpa | AKG-Images

Bevor die deutschen Truppen die bedingungslose Kapitulation zum 8. Mai 1945 unterzeichneten und damit den Zweiten Weltkrieg in Europa beendeten, wurde die Stadt Bremen am 26. April durch die britische Armee besetzt und damit, wie später ganz Nordwestdeutschland, Teil der britischen Besatzungszone. Allerdings hatten sich die Vertreter der Briten, der Sowjetunion und der USA schon vor Ende des Krieges darüber geeinigt, wie das eroberte Deutschland aufgeteilt werden würde und gaben die Stadt Bremen zwei Tage später in die Hände des US-Militärs.

3 Die wichtige Verbindung nach Übersee

Die Besatzungszone der Amerikaner lag im Süden und umfasste Teile von Bayern, Hessen und Baden-Württemberg. Um ihre Truppen versorgen zu können, benötigten sie einen Zugang zur Nordsee mit einem Überseehafen. Aus diesem Bedürfnis heraus entstand im britischen Besatzungsgebiet die "Bremer Enklave".

Zu der Zeit ein alltägliches Bild in Bremen: Die US-Militärpolizei.
Zu der Zeit ein alltägliches Bild in Bremen: Die US-Militärpolizei. Bild: Staatsarchiv Bremen

Diese umfasste zunächst die komplette Wesermündung mit der Stadt Bremen, dem Überseehafen Bremerhaven, dem Landkreis Bremen, der hannoverschen Stadt Wesermünde, den Landkreisen Wesermünde und Osterholz, sowie dem oldenburgischen Landkreis Wesermarsch.

Da dieses große Gebiet völlig neue Verwaltungsstrukturen gebraucht hätte, fielen die Landkreise im Dezember 1945 wieder in ihre ursprünglichen Bezirke in der britischen Besatzungszone. Übrig blieben die Stadt Bremen mit ihrem Landkreis, das stadtbremische Hafengebiet Bremerhaven und die Stadt Wesermünde unter amerikanischer Verwaltung.

4 Wie Bremerhaven und Bremen zusammenkamen

Am 22. November 1946 wurde, rückwirkend zum 1. November, von der britischen Militärregierung aus den bisherigen Ländern Hannover, Braunschweig, Schaumburg-Lippe und dem Freistaat Oldenburg das neue Land Niedersachsen gegründet.

Theaterplatz mit amerikanischen LKWs, 1945
Der Theaterplatz mit amerikanischen LKWs im Jahr 1945 . Bild: Stadtarchiv Bremerhaven

Das schloss auch die Stadt Wesermünde mit ein, zu der seit 1939 auch das Gebiet der Stadt Bremerhaven, nicht aber der stadtbremische Überseehafen gehörte. Da man sich einig war, dass Stadt und Hafen zusammengehörten, verkündete die britische Militärregierung in ihrer Verordnung Nr. 76, dass Wesermünde zum 31. Dezember 1946 aus dem Land Niedersachsen wieder ausschied und künftig zu Bremen gehören würde.

5 Eigenständigkeit hat lange Tradition in Bremen

Erstmals galt Bremen im Jahre 1186 als freie Reichsstadt, verbrieft von Kaiser Friedrich I., genannt Barbarossa. Im Laufe der Zeit musste sich die Stadt ihre Eigenständigkeit immer wieder erkämpfen. Dem Verhandlungsgeschick von Bürgermeister Wilhelm Kaisen ist es wohl zu verdanken, dass Bremen auch als amerikanische Enklave nicht im neuen Land Niedersachsen aufging und seine Eigenständigkeit bewahren konnte.

Eine Urkunde
Mit dieser Proklamation wurde die Bevölkerung über die Ausrufung des Landes Bremen informiert. Bild: Staatsarchiv Bremen

Am 21. Januar 1947 verkündete die US-Militärregierung in ihrer Proklamation Nr. 3, dass die Stadt Bremen, das Landgebiet Bremen und der Stadtkreis Wesermünde mit dem Überseehafen Bremerhaven von nun an als Land Bremen bezeichnet wird und "unbeschadet der Machtbefugnisse der Militärregierung (…) bis zur Annahme einer neuen Verfassung für das Land Bremen, die gegenwärtige deutsche Regierung der Stadt Bremen als die Landesregierung" anerkannt wird.

6 Aus Wesermünde wird Bremerhaven

Festakt zur Eingliederung Wesermündes in das Land Bremen, 7.2.1947, Wilhelm-Raabe-Schule, stehend Oberbürgermeister Gerhard van Heukelum, rechts daneben der Präsident des Senats Wilhelm Kaisen
Festakt zur Eingliederung Wesermündes in das Land Bremen, 7.2.1947, Wilhelm-Raabe-Schule, stehend Oberbürgermeister Gerhard van Heukelum, rechts daneben der Präsident des Senats Wilhelm Kaisen Bild: Stadtarchiv Bremerhaven

Die Stadt Wesermünde, so ein Beschluss, durfte sich weiterhin selbst verwalten, mit eigenem Bürgermeister, Stadtrat, Schulen und Polizei. Am 7. Februar 1947 fand ein feierlicher Staatsakt zur Eingliederung der Stadt Wesermünde in der Aula des Geestemünder Realgymnasiums statt.

Am selben Tag haben die Vertreter der Stadt einstimmig entschieden, dass die Stadt künftig Bremerhaven heißen würde. Dies trat am 10. März 1947 mit dem Ortsgesetz Nr. 1 in Kraft.

7 Der Rest ist Geschichte

Am 23. Mai 1949 wurde die Bundesrepublik Deutschland gegründet, das Land Bremen war nun ein Teil der BRD. Mit den Pariser Verträgen ist Deutschland 1955 zum souveränen Staat geworden und stand, mit Ausnahme Berlins, nicht mehr unter die Kontrolle der Besatzungsmächte.

Bürgermeister Wilhelm Kaisen war noch bis 1965 im Amt und starb 1979. An ihn erinnert unter anderem seit 1980 die Wilhelm-Kaisen-Brücke.

Autor

  • Martin von Minden
    Martin von Minden Autor

Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 21. Januar 2022, 19:30 Uhr