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Drogenabhängige Eltern: Wie Haaranalysen Bremer Kinder schützen sollen

Haarsträhnen in einer beschrifteten Tüte (Symbolbild)

Drogenabhängige Eltern: Haaranalysen für den Kinderschutz

Bild: Imago | nordpool/Riediger

Bei suchtkranken Eltern werden auch die Haare der Kinder regelmäßig auf Drogenrückstände untersucht. So kann der Konsum oder die Berührung mit Drogen nachgewiesen werden.

Seit der Fall "Kevin" vor 17 Jahren das Bremer Jugendamt erschüttert hat, setzen Fachkräfte bei Kindern von suchtkranken Eltern auf besondere Vorsicht. Um ihren Schutz zu sichern, werden nicht nur Haare der Eltern, sondern auch die der Kinder regelmäßig auf Drogen getestet. Mit einer solchen Untersuchung kann nachgewiesen werden, ob im Umfeld der Kinder Drogen konsumiert wurden.

In Bremen und Bremerhaven wurden im Jahr 2021 insgesamt 129 solcher Tests an Kinderhaaren gemacht. In mehr als der Hälfte der Fälle wurden die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen fündig.

Wann werden die Haare von Kindern und Jugendlichen auf Drogen getestet?

Wenn der Verdacht besteht, dass Eltern Drogen nehmen, kann das Jugendamt nicht nur bei den Eltern, sondern auch bei den Kindern, die mit im Haushalt leben, Haaranalysen durchführen lassen. So kann das Jugendamt nachvollziehen, ob im Umfeld der Kinder mit Drogen hantiert wurde – und gegebenenfalls weitere Schritte einleiten.

Im Gegensatz zu Blut- und Urintests weisen Haaranalysen keinen akuten Drogeneinfluss, sondern "chronischen Missbrauch" nach.
Die Tests sagen allerdings nicht immer etwas darüber aus, ob die Drogen nur von außen (zum Beispiel durch Körperkontakt oder Schweiß der Eltern) auf die Haare der Kinder gelangt sind oder ob die Drogen tatsächlich den Körper der Kinder durchlaufen haben. Auch über die Menge der Drogen lässt sich nicht immer etwas sagen. Denn wie viele der Drogen in den Haaren eingelagert werden, hängt unter anderem von der Haarstruktur, der Haarfarbe und der Häufigkeit des Haarewaschens ab.

Welche Rückschlüsse lassen sich dann überhaupt ziehen?

Die Tests geben konkrete Hinweise, ob im Umfeld des Kindes regelmäßig Drogen konsumiert werden. Auch das kann für Kinder gefährlich sein, wenn es dazu führt, dass sich die Eltern nicht ausreichend kümmern können.

Das Labor gibt dem Jugendamt außerdem eine Einschätzung zu den Ergebnissen: Bei "kritischen" Werten ist es wahrscheinlicher, dass die Kinder selbst Drogen aufgenommen haben. Auch das heißt noch nicht, dass ihnen die Drogen vorsätzlich verabreicht wurden, aber dass sich Reste zum Beispiel auf dem Fußboden befunden haben. Gerade Kleinkinder, die auf dem Boden krabbeln und vieles in den Mund nehmen, kommen so häufiger direkt mit Drogen in Kontakt.

Welche Drogen können überhaupt über die Haare nachgewiesen werden?

Je nach Anlass werden verschiedene Drogen oder deren Abbaustoffe untersucht, darunter am häufigsten:

  • Methadon
  • Kokain
  • Heroin
  • Amphetamin, Methamphetamin
  • Ecstasy (MDMA, MDE)
  • Cannabinoide
  • Opioide
  • Benzodiazepine
  • Ketamin
  • Alkohol-Marker: Ethylglucuronid und Ethylpalmitat

LSD und NPS ("Neue Psychoaktive Stoffe") werden aufgrund des hohen Aufwands in aller Regel nicht untersucht

Eltern eines Kindes sitzen auf einer Bank und trinken Bier, während das Kind im Sandkasten spielt (Symbolbild)
Sind die Eltern suchtkrank, hat dies häufig auch Einfluss auf die Kindesentwicklung. Bild: Imago | epd/Maike Glöck

Welche Folgen haben positive Befunde?

Ein positiver Befund ist immer ein Anlass, genau zu schauen: Wie geht es der Familie? Ist das Kind gut versorgt? Welche Unterstützung ist notwendig? Die Haaranalyse liefert den Sozialarbeitern und Sozialarbeiterinnen vom Jugendamt hierbei eine Grundlage, um mit den Eltern über die Probleme ins Gespräch zu kommen.

Ob ein Kind in der Folge tatsächlich in Obhut genommen und anderweitig untergebracht werden muss oder ob Gespräche, eine Therapie oder eine intensive Begleitung durch das Jugendamt ausreichen, hängt stark vom Einzelfall ab. Grundlage für die Entscheidung sei nicht nur das Ergebnis des Haartests, sondern auch viele weitere Faktoren, betont ein Sprecher der Sozialbehörde.

Anna Tibert von der gemeinnützigen Comeback GmbH, die suchtkranke Eltern und Kinder begleitet, fürchtet, dass Fachkräfte bei Haaranalysen zu sehr auf die Zahlen fokussiert seien und die Menschen aus dem Blick verlören. Außerdem gebe es keinen einheitlichen Umgang mit den Ergebnissen: Teilweise würden Kinder sofort aus den Familien genommen, in anderen Fällen würde im Anschluss an positive Befunde zu wenig passieren.

In welchen Abständen werden die Kontrollen gemacht?

Das ist unterschiedlich und wird von den Fachkräften im Jugendamt entschieden, die die Familien begleiten. Bei einer längerfristigen Überwachung werden Kontrollen oft halbjährlich durchgeführt.

Wie häufig werden Haaranalysen bei Kindern in Bremen und Bremerhaven gemacht?

Im Jahr 2021 wurden in Bremen 120 Haaranalysen durchgeführt und in Bremerhaven neun. Hiervon waren 51 Analysen negativ. In mehr als 50 Haarproben wurden Kokain oder Abbaustoffe von Kokain gefunden. Am zweithäufigsten – in 36 Fällen – wurden Abbauprodukte von Cannabis nachgewiesen. Vereinzelt wurden auch Heroin, Methadon, Amphetamine und Ecstasy gefunden. Häufig wurden in Haarproben nicht nur eine, sondern mehrere unterschiedliche Drogen gefunden.

Haaranalysen in Bremen und Bremerhaven

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Autorin

  • Katharina Mild
    Katharina Mild Moderatorin

Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Der Morgen, 24. Januar 2023, 11:38 Uhr