"Menschenverachtend": Bremens Politik reagiert auf Geheimtreffen

Delegierte sitzen vor dem Parteilogo bei dem AfD-Bundesparteitag.

Bremer Politik reagiert entsetzt auf Geheimtreffen

Bild: dpa | Carsten Koall

Im November berieten AfD-Politiker mit Neonazis und Unternehmern unter anderem über Vertreibungen. Jetzt mehren sich die Rufe nach einem Parteiverbot – auch in Bremen.

Auch die Politik in Bremen hat nach dem Geheimtreffen von Rechtsextremen, Unternehmern und AfD-Funktionären in Potsdam zum Teil alarmiert oder besorgt reagiert. Recherchen des Medien-Netzwerks "Correctiv" haben die Zusammenkunft im November jetzt der Öffentlichkeit bekannt gemacht. Bei dem Treffen sollen Pläne besprochen worden sein, wie die Rechten Millionen von Menschen mit nicht-deutschem beziehungsweise internationalem Hintergrund aus Deutschland verjagen wollen.

"Wie dort über die Vertreibung von Menschen geplant und gesprochen wurde, da läuft es einem kalt den Rücken runter", sagte Bremens CDU-Landeschef Heiko Strohmann. Für die CDU Bremen gebe es kein Relativieren. Die AfD mache sich auf einen Weg, der eine große Gefahr für Land, Freiheit und Wohlstand sei, heißt es weiter aus der Union.

Auch Bremens FDP-Chef Thore Schäck zeigte sich entsetzt. Das Bundesamt für Verfassungsschutz habe die AfD zu Recht bundesweit als rechtsextremen Verdachtsfall eingestuft, sagte er.

Dass prominente AfD-Politiker mit Neonazis gemeinsame Sache machen, kann kaum überraschen. Aber dass sie geheime Pläne schmieden, um Millionen Menschen aus Deutschland auszuweisen, erinnert an dunkelste Zeiten in unserer Geschichte.

Thore Schäck, Landesvorsitzender der FDP Bremen

Allerdings sei ein Parteienverbotsverfahren nicht ohne Risiko. Wenn dieses nicht gelinge, würde es die AfD und rechtsextremes Gedankengut stärken, fürchtet Schäck.

Bremer Grüne wollen über AfD-Verbot nachdenken

Der Bremer Grünen-Landesvorstandssprecher Marek Helsner zeigte sich schockiert über den Correctiv-Bericht: "Die gemeinsamen Pläne von AfD und weiteren rechtsextremen Kräften zur sogenannten Remigration zeigen einmal mehr, wie sehr rechtsextreme, menschenverachtende Gedanken bis weit in die Bundesspitze dieser Partei reichen." Jede Art von Relativierung dürfe keinen Platz mehr haben, kommentiert Helsner. Es müsse auch über ein Verbot nachgedacht werden.

SPD-Landeschef Reinhold Wetjen sieht das ähnlich: Den Enthüllungen müssten nun Konsequenzen folgen. Dazu gehöre zunächst, dass die AfD vom Verfassungsschutz beobachtet wird – auch im Land Bremen. Gegen konspirativ rechtsextreme Netzwerke brauche es mehr Aufklärung. Ein Verbotsverfahren gegen die AfD dürfe nach wie vor nicht ausgeschlossen werden. Dass reiche Geldgeber mit hochrangigen AfDlern und Mitgliedern der Werteunion Pläne schmieden, Millionen Menschen aus Deutschland zu vertreiben, müsse alle Demokraten und Demokratinnen aufrütteln, so der Sozialdemokrat weiter.

Parteiverbot nur durch Bundesverfassungsgericht möglich

Der Linken-Bürgerschaftsabgeordnete Tim Sültenfuß sieht in den mutmaßlichen Absprachen des rechten Netzwerkes "rassistisch motivierte Staatsverbrechen". Damit unterscheide sich die AfD nicht mehr von der rechtsextremen NPD (heute: "Die Heimat"). Sültenfuß fordert, mindestens auf Bundesebene ein Verbotsverfahren gegen die AfD einzuleiten.

Sollte der Bremer AfD-Landesverband, der dem tonangebenden völkischen Flügel der Partei angehört, wieder an Bedeutung gewinnen, sehen wir auch in unserem Bundesland Voraussetzungen für ein Verbotsverfahren.

Tim Sültenfuß, Bürgerschaftsabgeordneter Die Linke

Der Bremer Verfassungsschutz gibt keine eindeutige Einschätzung ab, ob solch ein Verbotsantrag Erfolg haben könnte. Ein Parteienverbot könne nur das Bundesverfassungsgericht aussprechen – weil politische Parteien einen besonderen Schutz genössen. Das Bremer Landesamt werde aber selbstverständlich Staatsorgane dabei unterstützen, gegebenenfalls Beweismaterial gegen die AfD zusammenzustellen, hieß es.

Kein neues Konzept des Rechtsextremismus

Das was auf der Konferenz in Potsdam besprochen worden sein soll, sei kein neues Konzept des Rechtsextremismus: Die "Neue Rechte", insbesondere die "Identitäre Bewegung" verwende bereits seit Jahren den Begriff "Remigration", um Maßnahmen zur Umkehrung von Flüchtlingsströmen und zur Rückführung von Menschen mit Migrationsgeschichte in ihre Heimatländer zu fordern, erklärte das Landesamt auf Anfrage von buten un binnen.

Das "Bündnis Deutschland" in Bremen lehnt ein AfD-Verbot als "politisches Verbot von anderen Meinungen" ab. Der BD-Landesvorsitzende Jan Timke will lieber die inhaltliche Auseinandersetzung mit dem politischen Mitbewerber suchen. Ein langwieriges Verbotsverfahren würde die AfD eher aufwerten. Bündnis Deutschland distanziere sich von Extremisten und Radikalen.

Bremer AfD: Kein Funktionär bei Geheimtreffen

Die Bremer AfD beteuert, dass an dem Treffen keine ihrer Funktionäre beteiligt waren. Das deckt sich auch mit den Aussagen des Verfassungsschutzes. Rufe nach einem Verbot gegenüber seiner Partei bezeichnete AfD-Landesvorstand Sergej Minich als "Armutszeugnis".

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Autor

  • Folkert Lenz
    Folkert Lenz

Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Nachrichten, 11. Januar 2024, 18 Uhr