Fragen & Antworten
Wer ist verantwortlich für das Fischsterben in Hamme und Lune?
In den Landkreisen Osterholz und Cuxhaven sind zahlreiche Fische wegen Sauerstoffmangels verendet. Der Umweltverband BUND sieht aber auch die Landwirte in der Verantwortung.
Was ist geschehen?
In der Hamme und in weiteren Gewässern im Landkreis Osterholz sind in den vergangenen Tagen zahlreiche tote Fische gefunden worden. Auch in Rohr, Lune und Geeste im Landkreis Cuxhaven gab es verendete Tiere. "Das Fischsterben betrifft nicht nur die Hamme im Landkreis Osterholz, sondern zahlreiche Gewässer in den Gebieten, in denen in den vergangenen Wochen die enormen Regenmengen niedergegangen sind", sagt Bettina Dörr, Sprecherin des Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN).
Wie viele Tiere verendet sind, ist laut Dörr schwer zu sagen. "An der Hamme wurden bisher vier vermutlich halb gefüllte Big Bags mit etwa 1.000 Litern Füllmenge durch den Angelverband und Kollegen vom Betriebshof Arensch eingesammelt." Auf dem Elbe-Weser-Schifffahrtsweg seien rund 150 tote Fische eingesammelt worden. Dort sei ein Fischsterben zuletzt 1998 aktenkundig geworden, sagt Dörr.
Warum sind die Fische gestorben?
Der Landkreis Cuxhaven hat die betroffenen Gewässer untersucht und eine Nährstoffanreicherung (fachlich Eutrophierung) festgestellt. Der Sauerstoffgehalt ist demnach in den Gewässerabschnitten, in denen das Fischsterben auftritt, zu niedrig. Auch der Landkreis Osterholz sieht aktuell keine Hinweise, "dass es eine andere Ursache als den Sauerstoffmangel gibt".
Den Grund für den Nährstoffüberschuss sehen die Experten im starken Regen der vergangenen Wochen. Der soll dazu geführt haben, dass von landwirtschaftlichen Flächen sowie aus Siedlungs- und Gewerbegebieten große Wassermassen in die Gewässer gespült wurden. Zersetzen sich dann die Nährstoffe im Wasser, verbraucht das Sauerstoff.
Fischsterben kommt in Gewässern immer mal wieder vor. Die Beteiligten können sich nicht erinnern, dass es schon einmal ein so flächendeckendes Ereignis, das nicht nur Gewässer im Landkreis Osterholz betrifft, wie jetzt gegeben hat.
Sabine Schäfer, Sprecherin des Landkreises Osterholz
Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) bestätigt das – sieht die Verantwortung allerdings vor allem bei den Landwirten. "Durch die starke landwirtschaftlichen Nutzung gelangen viele Nährstoffe in die Gewässer und belasten sie", sagt Martin Rode vom BUND Bremen. Normalerweise wirke Starkregen entlastend.
Wenn aber während einer sehr trockenen Periode viel gedüngt wird und diese Stoffe dann durch folgenden Starkregen in die Gewässer gelangen, kann das ein Problem werden.
Martin Rode vom BUND Bremen
Sind also die Landwirte in der Region schuld?
Die Landwirtschaftskammer Niedersachsen (LWK) weist diese Vermutung zurück. "Nährstoffeinträge von landwirtschaftlichen Flächen sind nur eine von vielen möglichen Ursachen", sagte LWK-Sprecherin Jantje Ziegeler auf Anfrage. Ein oberflächlicher Abfluss von Nährstoffen sei aber unwahrscheinlich, da vor allem im Frühjahr gedüngt werde. Dementsprechend seien die Nährstoffe längst von den Pflanzen aufgenommen worden. "Lediglich Grünland wird auch zu dieser Jahreszeit gedüngt", sagt Ziegeler. Wegen der dichten Durchwurzelung und Bodenbedeckung sei ein oberflächlicher Abfluss aber nahezu auszuschließen. Zudem sei in der unmittelbaren Nähe von Gewässern der Einsatz von Düngemitteln streng reguliert.
Auch der Landkreis Cuxhaven fasst die möglichen Verursacher des Nährstoffüberschusses weiter. Und die Messungen haben ergeben, dass andere Werte als Sauerstoff – etwa von Nitrat, Nitrit, Ammonium oder Sulfat – unauffällig sind.
Hätte man gegebenenfalls das kritische Absinken des Sauerstoffgehalts früher bemerken können?
NLWKN-Sprecherin Dörr sagt: Nein. Die Gewässer würden regelmäßig untersucht. So werde unter anderem der Sauerstoffgehalt in der Hamme monatlich in den Blick genommen – zuletzt am 19. Juli. Damals habe der Sauerstoffgehalt bei 6,1 Milligramm pro Liter gelegen. Kritisch für Fische werde es ab drei Milligramm pro Liter. Die nächste Überprüfung hätte am 22. August stattfinden sollen.
Für uns als BUND resultiert aus dem Vorfall, dass wir noch vorsichtiger mit den Gewässern umgehen müssen.
Martin Rode, Geschäftsführer BUND Bremen
Der Landkreis Osterholz überprüft den Sauerstoffgehalt zudem anlassbezogen. "Aktuell mindestens täglich an mehreren verschiedenen Stellen", sagt Sprecherin Sabine Schäfer.
Auch BUND-Geschäftsführer Rode sagt: "Das Problem liegt nicht etwa in der zu geringen Messdichte begründet." Sondern eher in der grundsätzlich sehr hohen Belastung der Gewässer.
Was passiert jetzt?
Die toten Tiere werden entsorgt. In der Hamme etwa hat der NLWKN das Einsammeln bereits beendet. Die Osterholzer Kreissprecherin Schäfer ist sich sicher: "Der Sauerstoffgehalt wird sich wieder normalisieren." Der Landkreis wolle
zusammen mit anderen Beteiligten Pläne entwickeln, um ein zukünftiges Fischsterben "möglichst zu vermeiden".
Naturschützer Rode ist da pessimistischer. "Bis sich die Gewässer von solch einem Fischsterben erholen kann es Monate oder sogar Jahre dauern", sagt er. Er fordert, dass noch vorsichtiger mit Gewässern umgegangen werden muss.
Zum Beispiel braucht es Randstreifen an den Gewässern, auf denen nicht gedüngt werden darf.
Martin Rode vom BUND Bremen
Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Nachrichten, 17. August 2023, 15 Uhr