E-Autos aus China: Macht sich Bremerhaven abhängig?

Ein Autofrachter des chinesischen Unternehmens BYD liegt in Bremerhaven

Warum vermehrt chinesische Autos in Bremerhaven ankommen

Bild: dpa / Lars Penning

Der chinesische E-Autohersteller BYD hat Bremerhaven für sich entdeckt. Ende Februar traf der erste Frachter des Unternehmens ein. Doch was überwiegt: Chance oder Risiko?

In Bremerhaven werden insgesamt rund 1,7 Millionen Fahrzeuge umgeschlagen. Damit ist gehört der Hafen zu den größten Autohäfen der Welt – und soll nun auch zur Drehscheibe für chinesische Hersteller werden. Zumindest, wenn es nach dem Bremer Logistikkonzern BLG geht. Der chinesische E-Auto-Konzert BYD hat nun erstmals einen Frachter in die Seestadt geschickt.

Handelsbeziehung zu China hat große Bedeutung für Bremerhaven

Als das Schiff des chinesischen Autoherstellers Bremerhaven anlief, wollte die BLG Logistics Group eigentlich den roten Teppich ausrollen. Aber der blieb eingerollt: Die chinesischen Partner wurden schon auf dem Genfer Automobilsalon erwartet und haben keine Zeit für einen großen Empfang in Bremerhaven. Die Plakette zum Erstanlauf bekam stattdessen der Kapitän des Schiffes in die Hand gedrückt.

Zum Start der BYD Explorer Nr. 1 gab es also erstmal nur die Fracht: 3.000 E-Autos, die in Bremerhaven angelandet wurden. Nach und nach wurden sie vom Schiff gefahren. Für den Bremer Wirtschaftsstaatsrat Kai Stührenberg hat das eine große Bedeutung für den Standort.

Der Markt für Elektroautos aus China für Europa wächst. Und dann ist natürlich gut, wenn ein Großteil dieser Autos über Bremerhaven nach Deutschland und Europa kommt. Letztlich leben wir in einem Wettbewerb. Und tatsächlich sind diese Autos von hoher Qualität und preislich relativ attraktiv – und damit müssen sich die deutschen Autobauer auseinandersetzen. Es geht letztlich um Innovation, um gute Produkte.

Kai Stührenberg, Bremer Wirtschaftsstaatsrat

Mehr Fahrzeugimporte nach Bremerhaven

Wie Stührenberg verweist auch der Vorstand des Bremer BLG-Konzerns, Matthias Magnor, auf den freien Markt. Und da zeigt sich, dass der Import von Fahrzeugen deutlich zugelegt hat in den vergangenen Jahren: "Man muss aber dazu sagen, dass da durchaus auch internationale Produktionen von deutschen und europäischen Herstellern mit dabei sind, die ihre Werke auch zunehmend im Ausland haben", sagt er. Die Fahrzeuge würden dann nach Bremerhaven gebracht und gingen von dort aus in den deutschen Markt.

Wir freuen uns darauf, hier möglichst viele BYD-Schiffe, aber auch Schiffe von anderen Reedereien begrüßen zu können. Wir sind ein offener Hafen, nicht reedereigebunden, nicht herstellergebunden.

Matthias Magnor, Vorstand des Bremer BLG-Konzerns

Aber wie steht es um die zunehmende Abhängigkeit von China? Professor Burkhard Lemper vom Institut für Seeverkehr und Logistik und der Hochschule Bremen hält den wachsenden chinesischen E-Auto-Umschlag für nicht bedenklich. Schließlich gehe es um einen weiteren Kunden am Autoterminal – nicht um eine Beteiligung der Chinesen an einem Terminal, wie mit dem Einstieg der Reederei Cosco in Hamburg. Und ein neuer Kunde sichere zudem auch Arbeitsplätze.

Vorwürfe von Wettbewerbsverzerrung und Spionage

Das Institut der deutschen Wirtschaft sieht den chinesischen Einfluss in der Autoindustrie wachsen. So habe es allein im ersten Halbjahr vergangenen Jahres ein Plus beim Import von Fahrzeugen aus der Volksrepublik um 243 Prozent gegeben. Zurzeit untersucht die EU, ob sie Strafzölle auf Fahrzeuge verhängt. Der Vorwurf: Wettbewerbsverzerrung durch chinesische Subventionen. Doch der ADAC stellt klar: Chinesische Autos seien nicht unbedingt immer ein Schnäppchen. Man müsse fairerweise die Gesamtkosten mit dem Wiederverkaufswert vergleichen.

Neuer Frachter in Bremerhaven: Automarke aus China will Europa erobern

Bild: Radio Bremen

Ein weiterer Vorwurf: Spionagesoftware. "Wo sind Sie hingefahren? Was haben Sie mit wem gesprochen? Das ist alles erfassbar", warnen Sicherheitsexperten zum Beispiel aus der Bundeswehr. Auch aus der Politik – etwa von der CDU – kommt die Kritik, die Bundesregierung unterschätze das Risiko.

Geringer chinesischer Marktanteil

Bei der Qualität jedenfalls können die Chinesen mit europäischen Herstellern längst mithalten oder sind sogar an ihnen vorbeigezogen, meint Professor Stefan Reindl vom Institut für Automobilwirtschaft an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt in Baden-Württemberg auf Anfrage von buten un binnen: "Die chinesischen Fahrzeuge sind wettbewerbsfähig, sowohl was die Qualität angeht, als auch was die Technik angeht", sagt er. "Die Bedenken werden meines Erachtens schnell ausgeräumt sein, und dann haben wir mit Wettbewerbern zu tun, auf die wir aufpassen müssen."

In manchen Bereichen sind chinesische Automobilhersteller weit vorne. Das betrifft die Batterietechnologie und auch die Fahrzeug-IT mit der Fahrzeug-Software, die ganz neue Möglichkeiten eröffnet.

Professor Stefan Reindl vom Institut für Automobilwirtschaft an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt in Baden-Württemberg

Allerdings ist der Marktanteil der chinesischen Hersteller in Deutschland noch äußerst gering, betont der Autoexperte: "Im vergangenen Jahr hatten alle chinesischen Hersteller zusammengenommen noch einen Marktanteil von 1,2 Prozent. Im Januar waren es nur noch 0,5 Prozent." Trotzdem wollen die Hersteller unbedingt ein größeres Stück vom Kuchen. "Da wird sich einiges tun in den kommenden Jahren. Und wenn man mit Wachstumsraten von etwa 15 Prozent rechnet, sind wir bei drei Prozent Marktanteil in 2030, und wenn man mit 25 Prozent jährlichen Wachstumsraten rechnet bei knapp 6 Prozent", sagt Reindl.

Möglicherweise würden zwar nicht alle chinesischen Marken, die heute auftreten, bleiben können. Auich weil der Wettbewerb durch die deutschen Händler hart sei. "Aber ich glaube, dass BYD beispielsweise ihren Weg hier machen werden."

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Autor

  • Dirk Bliedtner
    Dirk Bliedtner Autor

Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Der Nachmittag, 8. März 2024, 17:20 Uhr