Mehr als 1.000 Einsatzkräfte suchen nach Arian aus Bremervörde
Soldaten, Polizisten, eine Reiterstaffel: Mehr Einsatzkräfte als je zuvor suchen nun nach dem Sechsjährigen. Der Junge wird seit fast einer Woche vermisst.
Die Suche nach dem sechsjährigen Arian aus Bremervörde-Elm geht weiter und wurde laut Polizei noch einmal ausgeweitet. Rund 1.200 Einsatzkräfte sind vor Ort – und damit mehr als je zuvor. Ein Großteil der Helfer bildet eine anderthalb Kilometer breite Menschenkette und durchstreifet das Gebiet nördlich des Wohnorts des Jungen, erklärte eine Polizeisprecherin. Zusätzlich seien weiter Boote und Drohnen im Einsatz, so die Sprecherin. Technisches Hilfswerk (THW) und Feuerwehr durchsuchten Gräben und darin befindliche Rohre. Hinzu komme eine Reiterstaffel.
Seit Montagabend wird der autistische Junge vermisst. Hunderte Einsatzkräfte durchkämmen seitdem den Heimatort des Jungen und das Umland. Eine Überwachungskamera hatte den Jungen am Montagabend gefilmt, wie er nach dem Verschwinden aus seinem Elternhaus wahrscheinlich in Richtung eines Waldes lief.
Die Situation, aufgrund des Autismus, ist natürlich eine ganz besondere. Fachleute haben uns beschrieben, dass das Kind durchaus in der Lage ist, sich längere Zeit draußen aufzuhalten. Sodass wir ganz optimistisch sind, dass wir ihn möglicherweise noch finden können.
Rainer Bohmbach, Pressesprecher der Polizeidirektion Stade, am Samstag
Auch die Oste wird wieder durchsucht
Am Samstag hatten die Einsatzkräfte wieder nahe Elm die Oste, einen Nebenfluss der Elbe, durchsucht. Sie fuhren mit sogenannten Sonarbooten auf dem Fluss. An Land liefen Helfer den Fluss zu Fuß ab. Weitere Einsatzkräfte durchkämmten das Gebiet zwischen Elm und der Gemeinde Oldendorf.
Außerdem haben die Einsatzkräfte einen Appell an Landwirte gerichtet. Sie sollen aktuell keine Felder rund um den Ortsteil Elm mähen. Die Einsatzkräfte halten es für möglich, dass der Sechsjährige sich auf einem Feld aufhält.
In dem Gebiet beobachtete ein dpa-Reporter am Samstag, wie etwa 30 Bundeswehrsoldaten eine Weide kontrollierten. Sie liefen verteilt in einer Reihe und suchten den Boden ab. Anders als am Freitag konzentrierte sich die Suche nicht auf Elm.
Polizisten melden sich freiwillig
Ein Polizeisprecher sagte, es hätten sich Polizisten freiwillig zum Dienst gemeldet, Bereitschaftspolizisten seien nicht im Einsatz gewesen. Dazu kommen Helfer der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft, des Deutschen Roten Kreuzes und des Technischen Hilfswerks.
Eine Sprecherin des Landeskommandos Niedersachsen der Bundeswehr sagte am Samstag, tagsüber beteiligten sich gegenwärtig rund 400 Objektschützer und Logistiker an der Suche. Nachts seien etwa 60 Soldaten im Einsatz. Weniger Kräfte bei der Suche einzusetzen oder diese nach mehreren Tagen einzustellen, ist laut Polizei weiterhin keine Option. "Auf gar keinen Fall", betonte eine Polizeisprecherin.
Kein Hinweis auf einen Kriminalfall
Ein Polizeisprecher sagte, es gebe keine Hinweise auf einen Kriminalfall. Einen etwaigen Wolfsangriff, in der Gegend gibt es Wölfe, schloss der Sprecher aus. Ein Wolfsberater des Landkreises Rotenburg hält das ebenfalls für unwahrscheinlich. Wolfgang Albrecht sagte, Gefahr bestehe nur in Sonderfällen, etwa wenn ein Wolf sich angegriffen fühle.
Arian wird wahrscheinlich nicht auf Zuruf reagieren. Die Ergotherapeutin Jutta Bertholdt arbeitet mit Autisten zusammen und berät die Einsatzkräfte. Sie sagte, Arian könne ohne die Erlaubnis einer Vertrauensperson vor Kontakt mit Einsatzkräften zurückschrecken. Menschen mit Autismus seien Regeln vergleichsweise wichtig, sagte sie. Deswegen seien Aufnahmen mit Botschaften seiner Mutter abgespielt worden, die Arian hören sollte. Diese erlaubten ihm, sich an die Helfer zu wenden.
Autismus-Expertin lobt die Einsatzkräfte
Bertholdt hatte den Einsatzkräften geraten, Arian nicht anzufassen, sollten sie ihn finden. Autisten könnten Berührungen von Fremden als unangenehm oder schmerzhaft empfinden, sagte sie. Das sei aber nicht immer so.
Die Ergotherapeutin lobte die Einsatzkräfte. Es werde an allen Orten gesucht, was richtig sei. Es könne sein, dass Arian als Autist anders als Altersgenossen keine Angst etwa vor dem dunklen Wald habe.
In der Nacht zu Samstag suchten Soldaten der Bundeswehr mit Nachtsichtgeräten nach dem Jungen. Die Soldaten sollten in kleinen Gruppen unterwegs sein. Besprochen wurde, dass die Einsatzkräfte sich still verhalten.
Damit stellte die Einsatzleitung ihre Taktik um: In Nächten zuvor spielten die Helfer Kinderlieder und brannten Feuerwerk ab. Damit sollte Arians Aufmerksamkeit gewonnen werden. Man habe die Taktik geändert, weil die anderen Ansätze keinen Erfolg gebracht hätten, sagte der Polizeisprecher.
Quellen: AFP und dpa.
Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 27. April 2024, 19:30 Uhr