Darum wurde Olympia für Werders Tischtennis-Ass Falck zur Qual

Gerassimenko will nach Olympia mit Werder Meister werden

Bild: Imago | Bildbyran

Mattias Falck hatte sich sein Olympia-Ticket verdient, trotzdem war der Schwede nur Reservist und zum Zuschauen verdammt. Zum Bundesligastart will er den Frust positiv nutzen.

Der Jubel in der South Paris Arena 4 explodierte. Die 6.400 ekstatischen Tischtennis-Fans ließen den Lärmpegel auf die 116 Dezibel eines Rockkonzertes hochschnellen – und diese Olympia-Party rockte gewaltig.

Werders schwedischer Tischtennis-Profi Mattias Falck sitzt beim olympischen Wettbewerb als Reservist auf der Tribüne mit angespannter Miene.
Reservisten wie Mattias Falck (Mitte) war in Paris der Zutritt zu den olympischen Wettkampfstätten nur als Zuschauer erlaubt. Bild: Imago | Bildbyran

Unten am Tisch lief das packende Mannschaftsfinale zwischen China und Schweden, oben auf der Tribüne saß König Carl Gustaf. Das Tischtennis-Fieber hatte auch ihn gepackt.

Und während der König ausgelassen den sensationellen Silber-Erfolg des schwedischen Teams bejubelte, saß auf der Tribüne auch einer, der gute Miene zum bösen Spiel machen musste: Mattias Falck. Werders Nummer eins war fünf Tage lang zum Zuschauen verdammt, als Reservist. Mittendrin in Paris, aber eben doch nicht dabei. Viel schlimmer geht es kaum.

Das waren ein paar sehr harte Tage in Paris für mich. Zuschauen zu müssen, wie die anderen spielen, während man selbst unbedingt spielen will, war richtig schwer. Ich habe trotzdem mein Bestes versucht, die anderen zu unterstützen.

Werders Tischtennis-Profi Mattias Falck bei buten un binnen

Falck gehörte zu den Olympia-Härtefällen

Schwedens Tischtennis-Team mit Werder-Profi Mattias Falck steht im olympischen Dorf in Paris vor den Ringen mit König Carl Gustaf.
Audienz beim schwedischen König Carl Gustaf (Mitte): Mattias Falck (links) und seine Teamkollegen begegneten ihn im olympischen Dorf in Paris. Bild: Imago | TT

Für manche Sportler reicht das olympische Motto "Dabeisein ist alles" schon aus und fühlt sich an wie ein Sieg. Schließlich kann nicht jeder eine Medaille gewinnen. Aber für einen so erfolgreichen Sportler wie Mattias Falck, der mit seinen fast 33 Jahren im Tischtennis schon Vizeweltmeister und Welt- und Europameister im Doppel gewesen und amtierender Team-Europameister ist, für den war diese Olympia-Erfahrung die reine Qual.

In Tokio 2021 hatte er das Team noch angeführt, in Paris gehörte Falck nun zu den Härtefällen. Wie die deutsche Mannschaft hatten auch die Schweden ein Problem: vier starke Spieler, aber nur drei durften ins Team. So wie Patrick Franziska gar als Nummer zehn der Welt für Timo Boll Platz machen musste, traf es Falck als Weltranglisten-25., der sich hinter Truls Möregardh und Anton Källberg sein Olympia-Ticket eigentlich verdient hatte.

Platz machen für einen Querulanten

Da aber Kristian Karlsson für den neugeschaffenen Mixed-Wettbewerb qualifiziert war, musste dieser einen Platz im schwedischen Team bekommen und Falck für den Spieler weichen, der nicht nur sein Trauzeuge und langjähriger Doppelpartner ist, sondern der auf Position 60 auch weit hinter ihm rangiert.

Und der vor allem in Tokio trotzig eine beispiellose Schlammschlacht gegen seine Teamkollegen in den schwedischen Medien angezettelt hatte, für die er aus den meisten anderen Nationalmannschaften dauerhaft rausgeflogen wäre.

"Wollte zeigen, wie man sich als Teamplayer verhält"

Werders Tischtennis-Profi Mattias Falck fixiert den Ball in der Luft beim Aufschlag.
Mattias Falck geht mit Werder Bremen in die sechste Saison und gehört Jahr für Jahr zu den besten Bundesliga-Profis. Bild: Gumzmedia | Andreas Gumz

Nun war Karlsson drin und Falck raus. Und es wäre schon frustrierend genug gewesen, sich die Spiele von daheim in Halmstad aus im Fernsehen anschauen zu müssen.

Doch als gestandener Profi auszuhalten, die anderen wie ein x-beliebiger Sparringspartner täglich aufzuwärmen, sie zu motivieren, die unbequemen Pappbetten im olympischen Dorf in Kauf zu nehmen, nicht einmal im Wettkampf auf der Bank bei den Teamkollegen sitzen zu dürfen und mitanzusehen, wie den drei Teamkollegen nach einem der größten schwedischen Erfolge die Silbermedaillen umgehängt werden und dabei selbst leer auszugehen – dazu gehört schon etwas.

Am Ende war es die richtige Entscheidung, dass ich da war und nicht abgesagt habe. Ich bin ja schon etwas älter und wollte ihnen zeigen, wie man sich als Teamplayer verhält.

Werders Tischtennis-Profi Mattias Falck bei buten un binnen

"Ich konnte den Kopf frei kriegen, den Akku aufladen"

Ein Teamplayer ist Falck schon immer gewesen, aber eben auch ein Anführer, wie nun im sechsten Jahr bei Werder Bremen in der Bundesliga. Und so sehr es auch schmerzt, aus der Ferne mitzuverfolgen, wie das schwedische Team daheim gefeiert wird und das Tischtennis-Fieber in den Medien überschwappt – für Falck sind es Stiche, die ihn nun anstacheln.

Ich nehme jetzt positiv mit, dass ich eine sehr gute Vorbereitung auf die Bundesligasaison hatte. Ich habe sehr viel und sehr gut trainiert, habe meine Leistenbruch-OP gut überstanden und hatte Zeit mit meiner Familie. Ich konnte den Kopf frei kriegen, den Akku aufladen.

Werders Tischtennis-Profi Mattias Falck bei buten un binnen

In den vergangen zwei Monaten konnte Falck keine Wettkämpfe bestreiten, die Operation seines Leistenbruchs war nötig, kleine Auszeiten nach der Geburt seiner zweiten Tochter für den Familienvater dagegen ein Geschenk. Doch nun ist der Schwede auf Platz 58 in der Weltrangliste abgerutscht, die 400 Punkte für seinen Turniersieg in Rio de Janeiro im Vorjahr sind rausgefallen und Falck hatte auch keine Chance, in Paris die satten Punkte einzusammeln. Gewertet wurde Olympia wie ein Grand-Smash-Turnier mit bis zu 2.000 Weltranglistenpunkten.

Ab Freitag startet die Bundesliga

Werders Tischtennis-Profis Kirill Gerassimenko und Mattias Falck strahlen bei einem Selfie nach ihren Siegen beim WTT-Turnier in Ljubljana.
Mitte Juni bestritt Mattias Falck (rechts) mit Werder-Teamkollege Kirill Gerassimenko in Ljubljana seinen bisher letzten Wettkampf. Bild: Mattias Falck

"Das passiert eben, wenn man zwei Monate nicht spielen kann", erklärte Falck, "aber im Tischtennis braucht man auch nur ein sehr gutes Ergebnis und man steht wieder in den Top 30." Dorthin soll es wieder für ihn gehen, denn anders kommt man nicht in die besten Turniere rein. Und Falck hatte auch in diesem Jahr bewiesen, dass er weiterhin zum Kreis der weltbesten Spieler gehört.

Am Freitagabend ab 19 Uhr startet Falck mit Werder erst einmal in der Bundesliga, die Bremer eröffnen die Saison mit dem Duell gegen Aufsteiger Borussia Dortmund. "Ich freue mich, dass ich endlich wieder Matches spielen kann", sagte Falck, "vermutlich werde ich auch ein bisschen nervös sein." Doch die Angriffslust nach dem Frust ist da und in den kommenden zwei Monaten ist der Terminkalender proppevoll, mit jeder Menge Chancen, wieder in Bestform zu kommen. Denn Mitte Oktober wartet mit der Tischtennis-Europameisterschaft noch ein Highlight. Falck hat dort Gold im Doppel und Bronze im Einzel zu verteidigen. Medaillen gibt es schließlich nicht nur bei Olympia.

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Autorin

Quelle: buten un binnen.

Dieses Thema im Programm: Sportblitz, 22. August 2024, 18:06 Uhr