Fragen & Antworten

Jäger erklärt: Darum könnte der Wolf immer noch in Bremen sein

Ein Wolf streift durch den Wald

DNA-Test bestätigt: Es war tatsächlich ein Wolf mitten in Bremen

Bild: dpa | Uwe Koch

Durch eine Karte der Wolfssichtungen wird der Weg des Tieres nun klarer. Offenbar nutzt der Wolf die Weser als Einfallstor. Nun werden wohl auch Wildkameras zur Sichtung aufgestellt.

Die DNA-Analyse lässt keinen Zweifel mehr: Das Tier auf den Videos, das mehrmals in Bremen gesichtet wurde, ist ein Wolf. Marcus Henke von der Landesjägerschaft Bremen hat die DNA-Spuren des Wolfs aufgenommen. Er ist dem Tier seitdem auf der Spur und verrät, wie sich das Tier nach bisherigen Erkenntnissen bewegt hat – und warum der Wolf weiterhin in Bremen sein könnte.

Wie lief der DNA-Test des Wolfs ab?

Die DNA-Spuren des Wolfs wurden an einem Zaun eines Grundstücks in Hastedt gefunden. Der Wolf hat sich an einem Stabgitterzaun festgebissen, der mehr als zwei Meter hoch ist, erklärt Marcus Henke, Präsident der Landesjägerschaft Bremen. Er habe die massiven Stäbe zerbogen – "dafür braucht es eine enorme Kraft", sagt Henke. Der untere Bereich des Zauns war laut Henke mit einer LKW-Plane verschlossen, die der Wolf zerrissen hat. "An der LKW-Plane war Blut und Speichel des Wolfs zu finden und sehr deutlich sichtbar."

Marcus Henke sei dann selbst hin gefahren und habe mit einem Wattestäbchen die Probe genommen und auch ein Stück der Plane mitgenommen. Dann ging es mit den Proben ab ins Labor. Das Ergebnis war erwartbar, sagt der Jäger. Trotzdem war der DNA-Nachweis laut Henke etwas besonderes: "So etwas gibt es nur sehr selten. Man kriegt den Nachweis nur dann, wenn ein Wolf auch wirklich Spuren hinterlässt."

Welche Spuren gibt es noch von dem Wildtier?

Das Ergebnis durch den DNA-Test ist, dass es sich um einen Rüden handelt, der im Jahr 2022 zur Welt gekommen ist. Das Wildtier stammt aus einem Wolfsrudel in Sachsen. Das Tier ist schon als junger Wolf auffällig geworden. Der Wolf hat sich vom Rudel getrennt und wurde zum ersten Mal auf Rügen nachgewiesen. Dort ist er im August 2023 bei Rissen an Nutztieren beteiligt gewesen, oder hat sie sogar verursacht. "Von dort ist der Wolf dann nach Bremen gewandert. Das ist nichts ungewöhnliches: Wölfe legen teilweise große Distanzen zurück", sagt Marcus Henke.

Wo der Wolf aktuell steckt, ist nicht ganz klar, erklärt Henke. Der Jäger hat eine Übersichtskarte mit Sichtungen erstellt, um nachzuvollziehen, wo das Tier wann gewesen ist.

Der Wolf nutzt die Weser als Einfallstor. Er ist Stromabwärts die Weser hoch gelaufen. Dort gibt es viel Nahrung: Kaninchen, Hasen, Ratten, Nutria, Müllbeutel. Es wird wohl kein Einzelereignis bleiben, dass Wölfe so bis in die Innenstadt kommen.

Marcus Henke
Marcus Henke, Präsident der Landesjägerschaft Bremen

Hier wurde der Wolf in den vergangenen Wochen gesichtet

Eine Karte, auf der 13 verschiedene Wolfssichtungen in Bremen eingezeichnet sind
Karte der Bremer Landesjägerschaft mit allen plausiblen Wolfssichtungen. Bild: Landesjägerschaft Bremen

Nach den Testergebnissen: Wissen wir jetzt auch sicher, dass der Wolf auf dem Stadtwerder unterwegs war?

"Mehr als der DNA-Test geht ja nicht", sagt Henke. Die Foto-Beweise und Sichtungen würden außerdem zu dem DNA-Test passen. "Das zeigt, dass wir tatsächlich einen Wolf in der Stadt hatten oder haben." Alle Sichtungen seien von Henke nach intensiven Befragungen aufgelistet worden: "Ich habe nicht alle Sichtungen aufgenommen, sondern nur die, die auch plausibel waren."

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Könnte der Wolf immer noch in Bremen sein?

Laut Henke ist das eine Möglichkeit: "Wo er ist, wissen wir nicht." Der Wolf könnte aber immer noch zum Beispiel auf dem Stadtwerder sein. "Dort gibt es lauter Kleingärten und bei dem Wetter sind die nicht jeden Tag besucht. Im Prinzip kann er sich da rum treiben und sich aufhalten ohne, dass er da gesichtet wird." Die letzte Sichtung des Wolfs war am 30. Oktober.

Langfristig wird der Wolf wohl jedenfalls nicht im Stadtkern sein. "Der Wolf will sich ein Revier suchen, um sich dort zu reproduzieren", sagt Henke. "Da ist die Innenstadt nicht das ideale Revier." Irgendwo am Stadtrand könnte das Tier aber auch dauerhaft bleiben, sagt Henke. Der Präsident der Landesjägerschaft will nun mehr Daten sammeln. "Wir brauchen weitere Sichtungen." Dafür wollen die Jäger auch mit Wildkameras in Bremen arbeiten. Auch weitere Wolfssichtungen von Menschen würden helfen.

Wie gefährlich ist so ein Tier, das schon mal mit der Zivilisation in Kontakt gekommen ist?

"Grundsätzlich wollen wir keine Panikmache betreiben. Wir gehen erstmal davon aus, dass es ungefährlich bleibt", sagt Henke. Trotzdem könnten gerade die Tiere gefährlich werden, die sich schon an die menschliche Umgebung gewöhnt hätten: "Gerade in dem jungen Alter des Tieres ist das keine wünschenswerte Situation", erklärt der Jäger. Durch den Trip in die Stadt könnte der Wolf gelernt haben, dass er sich Menschen ruhig annähern könne.

Je geringer die Scheu des Wolfs, sich Menschen zu nähern, desto größer ist das Gefährdungsrisiko. Das besteht daraus, dass ein Wildtier einem Menschen begegnet.

Marcus Henke
Marcus Henke, Präsident der Landesjägerschaft Bremen

Das Risiko bestehe dann, wenn man sich falsch verhalte. "Wenn man Distanz wahrt, den Wolf nicht reizt und laut in die Hände klatscht, dann wird einem bei einer Begegnung mit einem Wolf nichts passieren", sagt Henke. Wenn es allerdings dazu kommt, dass sich Mensch und Tier in die Enge getrieben fühlen, könne es gefährlich werden. Was man nicht tun sollte: Wegrennen. Auch wenn Kinder laufen, kann das aussehen wie Fluchtverhalten. Dann kann laut Henke der Beutereflex des Wolfs einsetzen. Henke betont aber: Zunächst geht die Gefahr nicht vom Wolf aus: "Der will erstmal keine Menschen fressen."

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Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Nachrichten, 4. November 2023, 15 Uhr