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Wo Bremer Pflegeschüler Hilfe finden, wenn sie überfordert sind

Ein Azubi der Altenpflege gibt einer Seniorin etwas zu trinken.

Wo Bremer Pflegeschüler Hilfe finden, wenn sie überfordert sind

Bild: dpa | Markus Scholz

Hohe Anforderungen, hohe Belastung, wenig Gehalt: Rund ein Drittel der Bremer Pflegeschüler haben zuletzt ihre Pflegeausbildung abgebrochen. Ein Projekt soll das verhindern.

Nimet Celik ist ein aufgeweckter und selbstbewusster junger Mann, der sich stets mit festem Handdruck vorstellt. Der 29-Jährige gebürtige Türke ist seit sechs Jahren in Deutschland und in seinem ersten Ausbildungsjahr als Pflegefachmann. Aktuell ist er in der Altenpflege im Einsatz. Celik liebt die Arbeit mit Menschen. Das hat er schon in seinem Freiwilligen Sozialen Jahr gemerkt. Wenn er von seinem Beruf erzählt, dann redet er schneller und betont: "Ich will den Menschen helfen."

Sein Enthusiasmus ist nicht selbstverständlich. Denn zu Beginn der Ausbildung bemerkt Nimet Celik: Anatomie liegt ihm nicht, viele Fachbegriffe versteht er nicht und Klausuren fallen ihm schwer. Der 29-Jährige verspürt Druck, findet auch auf Station wenig Hilfe. Denn viele Kolleginnen und Kollegen sind ebenfalls gestresst. Hinzu kommt ein Praxis-Einsatz, bei dem er sich unwohl fühlt. Und: Die Praxisanleitung, die ihm helfen soll, findet nicht immer die Zeit, ihm unter die Arme zu greifen.

Gründe für Abbruch sind vielfältig

Solche Probleme sind nicht ungewöhnlich. Ende Januar präsentierte die Uni Bremen in Zusammenarbeit mit der Arbeitnehmerkammer eine Studie: Darin geht es um die Ausbildungsqualität in der Pflege. Bundesweit liegt die Abbruchquote in der Ausbildung zur Pflegekraft bei rund 40 Prozent, in Bremen bei rund 34 Prozent. Zwar brechen hier also weniger Menschen ab als im Bundesschnitt – aber immer noch mehr als ein Drittel.

Warum das so ist – dem sollte die Studie auf den Grund gehen. Die Ergebnisse sind sehr ähnlich zu dem, was Nimet Celik erzählt: Fast der Hälfte der Befragten sind die psychischen Anforderungen in der Ausbildung zu hoch. Auch zu hohe Lernanforderungen sind ein Thema, sowie geringes Gehalt.

Probleme bei der Ausbildung in der Pflege

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"bleib dran"-Projekt soll Abbrüche verhindern

Nimet Celik traute sich im November 2024 zum Projekt "bleib dran" in Bremen. Seine Dozenten hatten es ihm in der Schule empfohlen. Das Projekt soll Abbrüche verhindern.

Dort trifft er auf Melanie Brauner, eine Beraterin des Projekts und studierte Diplom-Pflegewirtin. Er redet mit ihr über seine Probleme und die Angst, die Ausbildung abbrechen zu müssen. Diese Gedanken gehören für viele Auszubildende zum Alltag, wie die Studie zur Ausbildungsqualität zeigt. Demnach denke zusammengerechnet ein Drittel der Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer "oft" oder "eigentlich jeden Tag" über einen Abbruch nach.

So oft denken Azubis in der Pflege über einen Ausbildungsabbruch nach

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Rahmenbedingungen sind oft ein Problem

Melanie Brauner hört oft ähnliche Geschichten wie die von Nimet Celik: "Wir merken einen großen Bedarf der Auszubildenden, die mit ganz unterschiedlichen Themen kommen. Das geht von Themen in der Praxis über Lernthemen oder auch um die Sorge, Lernstoff nicht schaffen zu können. Sprache ist auch ein großes Thema, weil wir sehr viele Zugewanderte in der Ausbildung haben."

Brauner wünscht sich mehr sozialpädagogische Kräfte, auch an den Pflegeschulen. Die könnten die psychischen Belastungen an den Schulen verringern. Generell mangele es oft an verschiedenen Stellen, die miteinander zusammenhängen.

Ich erlebe überall, wirklich überall – in der Schule und in Praxis – bei den Auszubildenden so viele engagierte Menschen. Und letztendlich scheitert manches einfach an den Rahmenbedingungen.

Melanie Brauner, Projekt "bleib dran"

Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard (Die Linke) kennt diese Probleme – und die Forderungen. Auch sie wünscht sich Schulsozialarbeiter in Pflegeschulen. Aktuell gibt es die noch nicht: "Es fehlt dafür noch an Ressourcen, Geld und Personal."

Celik hat seinen Weg gefunden

Mit seiner Beraterin Melanie Brauner vereinbart Celik, dass er sich viele deutsche Texte durchliest und versucht, ein wenig zu entschleunigen. Seit knapp einem Monat besucht er zudem einen Deutschkurs für das Sprachniveau B2. Nimet Celik verbessert sich, ihm gelingt es, den Druck ein wenig rauszunehmen. Hinzu kommt ein Praxis-Einsatz, der ihm gezeigt hat, wie es auch gehen kann: Kolleginnen und Kollegen helfen ihm, alle unterstützen sich gegenseitig. Er fühlt sich gut aufgehoben.

Celik hofft, dass er die Ausbildung bald erfolgreich in der Tasche hat. Er wünscht sich aber vor allem etwas, von dem die ganze Pflegebranche profitiert: bessere Bedingungen für Pflegeschülerinnen und -schüler.

Autorin

  • Marie Roters
    Marie Roters Autorin

Quelle: buten un binnen.

Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, 20. Februar 2025, 17:20 Uhr