"Freie Strände für freie Bürger"? Eintritt an der Nordsee polarisiert

Zahlreiche Menschen halten sich mit Strandkörben und Strandmuscheln an einem Strand vor dem Wattenmeer auf.
Bild: dpa | Ingo Wagner

Bezahlen für den Strand? Die einen argumentieren mit Infrastruktur, die anderen mit dem Naturschutzgesetz – so ist die Lage in Cuxhaven und an der Wurster Nordseeküste.

Über den Deich gucken und am Meer spazieren gehen – das ist längst nicht überall kostenfrei möglich. Entlang der Küste zwischen Bremerhaven und Cuxhaven zum Beispiel verlangen die Stadt Cuxhaven und die Gemeinde Wurster Nordseeküste Strandeintritt für Kurgäste. Das ist nicht neu, aber nach wie vor umstritten.

Bereits in den 1980er Jahren fragte ein Hörfunk-Reporter die Serviceleiterin der Kurverwaltung in Cuxhaven nach der Notwendigkeit einer Strandgebühr. Und schon damals war die Antwort: Wer sich umsehe, stelle fest, was die Verwaltung an Möglichkeiten für die Kurgäste schaffe. "Dazu gehört natürlich, dass wir die Strände in Ordnung halten." Das sei sehr kostenaufwendig. Und heute hört sich die Argumentation ähnlich an.

Die Einnahmen fließen in den Unterhalt. Wir haben in Cuxhaven über zehn Kilometer Strand. Die 1,1 Millionen Gäste, die wir jährlich erwarten, können entsprechende Leistungen abrufen. Alleine bei den Sanitäranlagen haben wir 30 Stück. Wir betreiben sechs Rettungsstationen, eine sogar ganzjährig.

Olaf Raffel, Cuxhavener Kurdirektor

Besucher sind geteilter Meinung

Das sind viele Serviceleistungen, die auch mit Blick auf die klammen Kassen der Gemeinden ohne Eintritt und Kurbeiträge wohl kaum finanzierbar wären. Einige Gäste am Strand zeigen deshalb Verständnis für die Gebühr: "Weil die Strände sauber sind", sagt eine Besucherin. Und ein Besucher fügt hinzu: "Es ist besser, die bezahlen, die es nutzen, als die, die zum Beispiel in München leben und hier gar nicht her wollen." Aber immer wieder gibt es auch kritische Stimmen: "Der Strand soll für alle da sein, das ist doch keine Ausstellung", argumentiert eine andere Besucherin. Eine Urlauberin kommentiert auf Facebook im Internet:

Wir waren an Ostern in Cuxhaven. Der komplette Strand eingezäunt und an den Eingängen Rentner, die wie die Geier Eintritt haben wollten. Das wollten wir uns nicht bieten lassen, wir wollten nur mal die Füße ins Wasser halten. Für 3,90 Euro pro Person. Unverschämtheit. Von der Ostsee kenne ich sowas nicht.

Facebook-Nutzerin

Allerdings gibt es an Ostseestränden häufig Automaten, an denen Gäste selbstständig ein Tagesticket ziehen müssen – und es gibt stichprobenartige Kontrollen.

Gericht gab Bürgerinitiative Recht

Eine Bürgerinitiative aus dem Wangerland im Landkreis Friesland kämpft seit 2012 für kostenfreien Zugang zu den Stränden. "Freie Strände für freie Bürger", fordert der gerne als Strand-Rebell bezeichnete Gründer der Initiative, Janto Just.

Sie sollen frei am Strand spazierengehen, ins Watt und auf dem Deichsicherungsweg spazieren oder mit dem Rad fahren können. Das Verwaltungsgericht, so erwarten wir das, wird die Strandgebühr für unzulässig erklären. Und die Gemeinde Wangerland wird sich überlegen können, ob sie einen Tageskurbeitrag einführt, aber der wird das Betretungsrecht auch nicht einschränken dürfen.

Janto Just, Bürgerinitiative im Wangerland

Und so kam es tatsächlich. Das Gericht entschied im Sinne des Paragraphen 59 des Bundesnaturschutzgesetzes, nach dem das Betreten der freien Landschaft allen gestattet sei. Die Gemeinde strich den Eintritt im vergangenen Jahr. Stattdessen erhöhte sie allerdings die Parkgebühren um 100 Prozent oder weitete diese auf neue Bereiche aus. Auch dagegen klagt die Initiative jetzt.

Infrastruktur und Sand-Aufschüttung als Argument

Cuxhaven und auch die Wurster Nordseeküste nahe Bremerhaven haben sich von dem Gerichtsurteil bislang unbeeindruckt gezeigt – und verweisen weiterhin auf die umfangreiche Infrastruktur wie WCs und Rettungsstationen. Besonders Cuxhaven argumentiert auch mit dem Sandstrand, der etwa nach Sturmfluten immer neu aufgeschüttet werden muss.

Auch Cuxhaven hat die Parkgebühren zusätzlich deutlich erhöht, was so manchen Gast empört: "Wenn man schon Kurtaxe für alles bezahlt, dann mit einer Freikarte oder kostenlosem Nahverkehr", regt eine Besucherin an. Die Debatte um den Eintritt für den Strand ist auch nach Jahrzehnten nicht vom Tisch – sie bleibt ein Dauerbrenner.

Großteil der Meinungsmelder gegen Strandgebühren an der Küste

Bild: Radio Bremen

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Autor

  • Dirk Bliedtner
    Dirk Bliedtner Autor

Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Das Wochenende aus Bremerhaven, 23. Juni 2024, 12:40 Uhr