Schule, Herberge, Denkmal: die "Schulschiff Deutschland"
Der Dreimaster ist das einzige heute noch erhaltene Voll- und Segelschulschiff der deutschen Handelsschifffahrt. Dort wurden Tausende junge Männer zu Seeleuten. Eine Chronik.
Jugend auf hoher See
Am 14. Juni 1927 hatte es seinen Stapellauf: Das Dreimast-Vollschiff "Schulschiff Deutschland", erbaut in der damals für solche Bauten bekannten Tecklenborg-Werft in Geestemünde (Bremerhaven). Auftraggeber war der 1900 gegründete Schulschiff-Verein. An seinem Heimathafen an der Hunte in Elsfleth war der Großsegler in den Anfangsjahren wenig: Auf 12 Überseereisen und 17 Ausbildungsfahrten lernten Tausende junger Seeleute auf ihm ihr Handwerk. Bei Fahrten über den Atlantik absolvierten die bis zu 140 "Zöglinge", wie die Seeleute in spe genannt wurden, bis zu 12.000 Seemeilen.
Ausbildungsfahrten trotz Luftangriffen
Auch während des Zweiten Weltkrieges wurden noch etwa 800 Offiziersanwärter auf der "Schulschiff Deutschland" ausgebildet. Hierzu wurde das Schiff in die Ostsee, später wegen zunehmender Luftangriffe nach Lübeck verlegt.
Um das Schiff bei Kriegsende nicht an die Allierten zu verlieren, richtete der damalige Kapitän es als Lazarettschiff ein. Auf Weisung der britischen Marine, die Lübeck am 05. Mai 1945 besetzte, wurde das Schulschiff 1946 nach Cuxhaven verholt, wo es als Wohnschiff für Minenräum-Einheiten diente. 1948 wurde es dann in die amerikanische Besatzungszone in Bremen geschleppt, um einer Auslieferung an die Briten zu entgehen.
Erst Jugendherberge, dann Seemannsschule
Am Europahafen gelegen, wurde das Schulschiff ab 1948 umfunktioniert – zu einer Jugendherberge. 1950 ging das Schiff dann von den Alliierten wieder an den Schulschiff-Verein über, der es erst einmal umfassend instand setzen ließ. Anschließend ging die "Schulschiff Deutschland" in Woltmershausen flussabwärts der Stephaniebrücke vor Anker.
Das Schiff lag nun direkt neben einem Schulgebäude für nautische Schiffsoffiziersanwärter. Sie absolvierten hier den praktischen Teil ihrer Ausbildung. Zwanzig Jahre lang fungierte das Segelschiff nun als Seemannssschule, bis es 1972 abermals umgebaut und als Schulinternat und Ausbildungswerkstatt genutzt wurde.
Denkmal und Touristenmagnet
Seit 1994 steht die "Schulschiff Deutschland" unter Denkmalschutz, ein Jahr später zogen Schlepper sie zu umfassenden Renovierungsarbeiten in die Bremer Vulkan-Werft, um sie möglichst originalgetreu herzurichten. Der inzwischen schwarz gefärbte Schiffskörper wurde wieder weiß gestrichen, ein Deck aus Edelholz gefertigt. 5,5 Millionen DM kosteten die Umbauten. Pünktlich zum Jahrestag des Stapellaufes wechselte der Großsegler 1996 schließlich zu seinem jetzigen Liegeplatz an der Lesum-Mündung in Bremen-Vegesack.
Heute kann man ihn besichtigen, für Hochzeiten oder andere Veranstaltungen buchen und auch darin übernachten. Zweimal nahm das Schiff auch an der Sail in Bremerhaven teil. Eine Vollzeitkraft kümmert sich um die Instandhaltung, unterstützt von einigen 450-Euro-Kräften sowie Ehrenamtlichen. Den Unterhalt von etwa 250.000 Euro im Jahr bestreitet der Verein durch Einnahmen und Spenden.
Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, 6. Juli 2017, 10:50 Uhr