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Wie gefährlich ist der Hass? "Hanau hat mich zum Nachdenken gebracht"
Besonders als Bürgerschaftspräsidentin wurde Antje Grotheer beleidigt. Eine Drohung zeigte sie an. Nach Hanau fragt sie sich: "Müsste ich nicht mehr an die Polizei weitergeben?"
Dass Politiker "keine Ahnung haben", hörten sie und ihre Kollegen ständig. "Das muss man vielleicht sogar aushalten", sagt Antje Grotheer. Die SPD-Politikerin hat im vergangenen Jahr besonders viele Anfeindungen und Drohungen erhalten, in ihrer Zeit als Bürgerschaftspräsidentin. Doch einmal war eine Grenze überschritten: "Als jemand in einem Brief schrieb, er würde mich 'persönlich zur Rechenschaft ziehen' – das ist deutlich eine Drohung." Die 53-Jährige zeigte den Fall an, das Verfahren läuft. "Da habe ich gemerkt, dass auch meine Familie gefährdet sein könnte."
Welche Drohungen sind wirklich gefährlich?
Grotheer wirkt selbstbewusst, wenn sie erzählt. Als öffentliche Person, mit einer öffentlichen Mail-Adresse, würden einem viele Menschen schreiben. Darunter seien auch Zuschriften, die verwirrt wirken. "Bei manchen Schreiben denkt man sich: 'Das sind vielleicht Leute, denen es psychisch nicht gut geht.' Das ist gar nicht nachvollziehbar. Die Sätze fangen komisch an, finden kein Ende."
Beunruhigt hat die Politikerin das nicht – bisher. Seit ein offenbar psychisch kranker Rechtsextremist in Hanau elf Menschen tötete, habe sich etwas verändert.
Wenn Sie aber jetzt von Hanau wissen, dass sich ein geistig verwirrter Täter eine ganz eigene Welt baut und daraufhin losläuft und Menschen ermordet, in diesem schrecklichen Terrorakt, dann machen Sie sich natürlich Gedanken über die Frage: 'Müsste ich so eine Mail nicht auch mal an die Polizei weitergeben?'
Antje Grotheer, stellvertretende Bürgerschaftspräsidentin Bremen
Unterstützung über die eigene Partei hinaus
Frauen in der Politik erfahren laut Grotheer immer wieder auch sexistische Beleidigungen. "Wo wir aufs Aussehen reduziert werden oder darauf, Quotenfrauen zu sein. Da gibt es eine große Solidarität auch unter den Frauen." Man kümmere sich untereinander, unabhängig vom politischen Lager. Weil wir, egal was wir für politische Ansichten haben, feststellen, dass wir massiv unter Druck geraten. Leute abzuwerten, weil sie bereit sind, sich für diese Gesellschaft zu engagieren, das geht nicht. Schon gar nicht auf einer persönlichen Ebene.
Grotheer glaubt, wie stark man Anfeindungen ausgesetzt ist, hänge von zwei Bedingungen ab: Wie sehr man im Licht der Öffentlichkeit steht und welche Themen man vertritt: "Ist man gegen rechts und für Gleichstellung, ruft das die Menschen aus ihren dunklen Stuben hervor."
Beschimpft, beleidigt, bedroht – das erleben Bremens Politiker:
Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 25. Februar 2010, 19:30 Uhr