Infografik

Nebel, Tinte, Kleber: Das tun Bremens Banken gegen Automatensprenger

Ein gesprengter Geldautomat ist auf einer Pressekonferenz beim Landeskriminalamt (LKA) zur Vorstellung des Lagebilds der Organisierten Kriminalität hinter einem Flatterband mit der Aufschrift „Polizeiabsperrung“ ausgestellt.
Elf Geldautomatensprengungen gab es 2023 allein in Niedersachsen. In Bremen fand die letzte Tat im Dezember 2022 statt. Bild: dpa | Matthias Balk

Im Monatstakt sprengen Verbrecher derzeit Geldautomaten in Bremen und umzu. Wie Banken, Polizei und Land darauf reagieren, verraten wir hier.

"Das Ausmaß der Explosion hier in Achim ist erschreckend", sagte Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens (SPD), als sie den Scherbenhaufen sah, den Mitte vergangener Woche eine Gang von Geldautomatensprengern in einer Commerzbank-Filiale hinterlassen hatte. Das nahe Bremen gelegene Achim war dabei bereits die elfte Sprengung in Niedersachsen in diesem Jahr. Ende Januar hatten die Räuber im benachbarten Oyten zugeschlagen. Im Dezember sprengten sie eine Bankfiliale in Bremen-Oslebshausen.

Geldautomatensprengungen in Niedersachsen und Bremen

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Während in Niedersachsen die Zahlen seit Jahren steigen, schwanken sie im kleineren Land Bremen. 2020 waren es sieben Anschläge, 2021 drei und 2022 zwei Fälle. In diesem Jahr ist die Hansestadt bislang von den Verbrechern verschont geblieben.

Helfer des Technisches Hilfswerks (THW) sichern nach der Sprengung eines Geldautomaten eine Bankfiliale einer Sparkasse.
Sparkassen-Filiale nach einer Geldautomaten-Sprengung: Bei rund der Hälfte der Überfälle erbeuten die Täter tatsächlich Bargeld. Bild: dpa | Nord-West-Media TV

Es ist auch daher vor allem Niedersachsens Innenministerin, die Tempo bei der Bekämpfung der Verbrechen fordert.

Bis April sollen Banken der Innenministerkonferenz klare Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit von Geldautomaten vorlegen, sagte Behrens angesichts des jüngsten Anschlags in Achim. "Wenn die erforderlichen Maßnahmen nicht freiwillig getroffen werden, brauchen wir als Ultima Ratio gesetzliche Verpflichtungen der Banken."

Das Innenressort von Senator Ulrich Mäurer (SPD) schaut bislang eher von der Seitenlinie zu. "Wir haben auf Bitte der CDU im Februar in der Deputation sowohl über das Thema Geldautomatensprengungen als auch über die Initiative aus Niedersachsen gesprochen", sagt Innenressort-Sprecherin Rose Gerdts-Schiffler auf Nachfrage buten un binnens. Eine abschließende Position dazu gebe es aber noch nicht.

Bremerhavener Finanzinstitute preschen vor

Das ist vielleicht auch gar nicht nötig. Denn die Banken selbst haben längst damit begonnen, ihre Geldautomaten mit verschiedenen Maßnahmen vor Raub und Sprengung zu schützen. So hatte beispielsweise die Bremerhavener Weser-Elbe-Sparkasse als eine der ersten Finanzinstitute angekündigt, einen Standort mit Geldautomaten wegen der Gefahr einer Sprengung dichtzumachen.

Und auch die Volksbank Stade-Cuxhaven hat inzwischen verkündet, sämtliche elf Filialen mit Geldautomaten von 23 bis 5 Uhr zu schließen. Der Grund: Vor allem in der Nacht schlagen die Täter zu, um danach mit ihrer Beute und in schnellen Sportwagen über die Autobahn in Richtung holländische Grenze zu flüchten.

Auch Bremens Filialbanken wappnen sich

Auch die Sparkasse Bremen arbeitet an Sicherheitskonzepten. "In Bremen gab es im vergangenen Jahr bei uns zwar nur eine gewaltsame Öffnung", sagt Vorstand Thomas Fürst, verantwortlich für das Privatkundengeschäft. Insgesamt sei die Sparkasse in den vergangenen fünf Jahren allerdings bereits Opfer von fünf Delikten gewesen.

Daher setze die Sparkasse jetzt auf zahlreiche Maßnahmen. So seien bereits 2021 alle Geldautomaten auf die neuesten Sicherheitsstandards umgerüstet worden. Darüber hinaus prüfe das Unternehmen mittlerweile sehr genau, wie oft und mit welchen Bargeldmengen die Automaten versorgt werden müssen. Zusätzlich würden die Öffnungszeiten der Selbstbedienungsbereiche an allen Standorten angepasst. Das heißt, wer bei der Sparkasse zwischen 22 Uhr und 6 Uhr morgens Geld am Automaten holen will, steht vor verschlossenen Türen. "Nahezu alle versuchten oder auch erfolgreichen Angriffe fanden in Deutschland, aber auch im Ausland, in diesem Zeitfenster statt“, sagt Fürst.

Vernebelung und Verfärbungen sind nur zwei Maßnahmen

Nicht zuletzt investiere die Sparkasse Bremen in die bauliche und technische Sicherung der Standorte. Freistehende Geldautomaten soll es bald nicht mehr geben. Hinzu kämen Alarm- und Einbruchmeldeanlagen, Videoüberwachung mit einer Notruf-Service-Leitstelle und weitere technische Sicherheitseinrichtungen wie die Vernebelung des Foyers und ein Verfärbungssystem für die Geldscheine.

Pauschal wirksame Einzelmaßnahmen gibt es nicht. Wir haben jeden Standort individuell bewertet und entsprechende Vorkehrungen getroffen.

Thomas Fürst, verantwortlich für das Privatkundengeschäft im Vorstand der Sparkasse Bremen

Skepsis gegenüber einer politischen Lösung

"Der Austausch mit der Bremer Polizei, aber auch mit anderen Geldinstituten und den Herstellen der Geldautomaten, sei bei diesem Thema sehr eng", sagt Delf Lerke, der für die Automaten verantwortliche Bereichsleiter Organisation der Bremischen Volksbank.

Mitarbeiter der Kriminaltechnik untersuchen eine schwer beschädigte Volksbank-Filiale nach der Sprengung eines Geldautomaten
Volksbank-Filiale nach einer Geldautomaten-Sprengung: Die Verbrecher brauchen meist nur drei oder vier Minuten. Bild: dpa | Markus Klümper

Auch seine Bank versuche, die Sicherheit der 30 Geldautomaten der Bank im Bremer Stadtgebiet durch entsprechende Gefährdungsanalysen stetig zu verbessern. "Wir kommunizieren das aber nicht so sehr nach außen", sagt er. Die bekannten Maßnahmen wie das Untauglichmachen von Geldscheinen durch Tinte oder Klebe seien dabei ebenso Optionen wie die Positionierung von Automaten an Orten, die für Täter schlechte Fluchtwege böten.

"Bislang haben wir aber noch keine Automaten komplett abgebaut", sagt Lerke, der einer politischen Regelung eher kritisch gegenübersteht.

Wenn es gesetzliche Vorgaben gibt, könnte es dazu führen, dass das Automatennetz ausgedünnt wird oder die Entgelte an die Kunden weitergereicht werden müssen.

Delf Lerke, der für die Geldautomaten verantwortliche Bereichsleiter Organisation der Bremischen Volksbank

"Wer ein bisschen nachdenkt als Bank, der trifft da schon Maßnahmen", sagt Lerke. Doch auch das hilft nicht immer. Denn auch die Bremische Volksbank war vor einigen Jahren bereits Opfer von Automatensprengern. "In der Neustadt war das", sagt Lerke. "Das war damals das letzte Gerät, das damals noch nicht auf den neuesten Sicherheitsstandard umgerüstet war", erinnert er sich. Am nächsten Morgen um sieben Uhr hätte der Automat ersetzt werden sollen. Drei Stunden vorher wurde er gesprengt. "Die Polizei war ziemlich überrascht, wie schnell wir Ersatz parat hatten."

Unbekannte sprengen Geldautomaten in der Achimer Innenstadt

Bild: Radio Bremen

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Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Rundschau am Morgen, 15. Februar 2023, 8 Uhr