Was Sie über die Eiswette wissen müssen
Das letzte Mal, dass die Weser vollständig zugefroren war, liegt 70 Jahre zurück. Doch das hält die Männer in Schwarz und mit Zylinder vom Verein "Eiswette" nicht davon ab, jedes Jahr wieder zu fragen, ob die Weser "geiht" oder "steiht". Aber wie wahrscheinlich ist es eigentlich, dass der Fluss tatsächlich zufriert?
Es ist der 6. Januar, meistens ist es kalt, der Schneider kommt immer zu spät – und trotzdem stehen Hunderte Bremer am Weserdeich und warten auf die traditionelle Eiswette. Die Frage ist immer dieselbe: Ist die Weser zugefroren oder nicht? Also, geiht de Werser or steiht de Werser?
Wette aus dem 19. Jahrhundert
Die Tradition der Bremer Eiswette geht auf eine Wette von 1829 zurück. Diese schlossen 18 Bremer – darunter viele reiche Kaufleute – zum Zeitvertreib ab. Die Frage: Friert die Weser in Bremen zu oder nicht? Feststellen sollte dies ein 99 Pfund bzw. 44,5 Kilogramm schwerer Schneider, der mit einem heißen Bügeleisen über die Weser laufen sollte.
Gewettet wurde damals laut Bremer Verein Eiswette um einen "vaterländischen Kohl mit Zubehör". Wer gewonnen hat, ist allerdings nicht bekannt. Angeblich verzehrten sie den Wetteinsatz noch gemeinsam am selben Tag – und beschlossen, die Wette auch im nächsten Jahr abzuhalten.
Bremer Tradition
Die Eiswette wurde zur Bremer Tradition und ist mittlerweile ein kabarettistisches Spektakel. Das Präsidium der Eiswette, die Novizen und Pagen und sogar die Heiligen Drei Könige erwarten den Schneider. Der wird erst einmal gewogen, was einen Schlagabtausch von Schneider und Präsident nach sich zieht.
Wiegt der Schneider dann auch offiziell 99 Pfund, kann es losgehen. Er muss jetzt die Weser trockenen Fußes und mit einem heißen Bügeleisen in der Hand überqueren. Würde er das aus eigener Kraft schaffen, wäre die Wette gewonnen. Seit Jahrzehnten braucht der Schneider dafür allerdings die Unterstützung eines Schiffs der Seenotrettung.
Wann die Weser zufriert
Auch wenn die Weser in den vergangenen Jahren meistens eisfrei blieb, können zumindest theoretisch jeden Winter große Teile der Weser zufrieren. So bildeten sich im Winter 1986/1987 an der Zufahrt zum Europahafen große Eisflächen, durch die selbst ein russischer Eisbrecher nur mithilfe von drei Schleppern in den Hafen gelangen konnte.
"Bei langen Kälteperioden bilden sich häufig Eisschollen auf der Mittelweser", erklärt Rüdiger Oltmanns vom Bremer Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt. "Durch die Tide bewegen sich die Eisschollen dann auf der Weser hin und her – und können sich so zu großen Eisflächen auftürmen." Erst zusammengeschobene Eisschollen lassen die Weser zufrieren.
Allzu unwahrscheinlich ist es also nicht, dass sich Eis auf der Weser bildet. Aber: "Damit die Weser komplett zufriert, müssen extreme Wetterbedingungen herrschen", erklärt Rüdiger Oltmanns. "Es müssen über viele Wochen Temperaturen unter Null herrschen. Allzu wahrscheinlich ist das also nicht." Auch dieses Jahr wird sich der Schneider also vermutlich mit einem Schiff auf die andere Weserseite bringen lassen müssen.
Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Der Tag, 5. Januar 2017, 23:20 Uhr