Bremerhavener Lloyd-Werft bangt nicht das erste Mal um ihre Existenz
Schon 2004 musste die Bremerhavener Werft Insolvenz anmelden. Das Unternehmen hat eine bewegte Geschichte mit vielen Krisen. Ein Blick zurück.
Die Bremerhavener Lloyd-Werft steckt in der Krise. Mal wieder – es ist nicht die erste Insolvenz in der 165-jährigen Unternehmensgeschichte. Ein Überblick über die wichtigsten Ereignisse der Werft-Geschichte:
1857: Die Lloyd-Werft in Bremerhaven wird als Werftbetrieb der Reederei Norddeutscher Lloyd (NDL) in Bremen gegründet. Sie war eine Werkstatt für die schnell wachsende Lloyd-Flotte.
1871: Die Werkstätten befinden sich zunächst im Alten und Neuen Hafen. Als die Schiffe immer größer werden, wechselt die Werft an ihren heutigen Standort in den Überseehafen.
1872: Der Bremer Senat beschließt den Bau des Kaiserhafens mit eigener Schleuse.
Die Geschichte der Bremerhavener Lloyd-Werft in Bildern
1879: Der Technische Betrieb des Norddeutschen Lloyd arbeitet nun auch im Kaiserhafen.
1892: Der Kaiserhafen wird erweitert und die Kaiserschleuse gebaut. Sie galt damals als die größte Schleuse der Welt.
1897: Das Kaiserdock I wird fertig und von NDL gepachtet.
1899: Erst zwei Jahre später, als auch die Kaiserschleuse fertig ist, dockt mit dem Dampfer "Prinz-Regent Luitpold" das erste Schiff im neuen Dock am heutigen Werftstandort an.
1913: Das Kaiserdock II geht als Europas größtes Trockendock in Betrieb.
1936 bis 1938: Das Kaiserdock II wird verlängert. Jetzt ist es 335 Meter lang.
1944: Bei einem Bombenangriff werden etliche Werkstätten der Werft vernichtet.
1968: Der Norddeutsche Lloyd kauft die Werft für 10 Millionen DM vom Bremer Senat.
1970: Norddeutscher Lloyd und Hapag fusionieren, der Technische Betrieb wird zur Hapag Lloyd Werft GmbH.
1972: Die Werft übernimmt den ersten Umbau eines Kreuzfahrtschiffes: Sie baut die "Volendam" der Holland-America-Linie um.
1973: Nachdem die Schließung der Werft mehrfach zur Debatte stand, wird die Hapag Lloyd Werft Bremerhaven drei Jahre nach der Fusion von Norddeutschem Lloyd und Hapag unabhängig.
1984: Die Bremer Vulkan AG übernimmt die Werft. Ab sofort heißt sie Lloyd Werft Bremerhaven GmbH.
1987: Die Lloyd-Werft baut die "Queen Elisabeth 2" innerhalb von 179 Tagen um.
1997: Nach dem Zusammenbruch des Bremer Vulkan-Verbundes wird die Lloyd-Werft selbstständig.
1998: Der englische Finanzinvestor Bridgepoint Capital steigt in die Werft ein und übernimmt 70 Prozent der Anteile.
2003: Die Lloyd-Werft wechselt für 18 Millionen Euro den Besitzer. Bridgepoint steigt wieder aus – das Werft-Management übernimmt die Holdinggesellschaft LPS.
2004: Die Lloyd-Werft muss nach der Havarie der "Pride of America" Insolvenz anmelden. Das Schiff war drei Monate vor seiner Fertigstellung im Hafenbecken gesunken. Die Rettung: Das Land Bremen unterstützt die Werft mit zehn Millionen Euro. Außerdem verzichten Gläubiger auf offene Forderungen.
2006: Die Bremer Investitions-Gesellschaft (BIG), die dem Land Bremen gehört, steigt mit 2,9 Millionen Euro (13,1 Prozent) in die Werft ein. Außerdem kauft der italienische Staatskonzern Fincantieri für fünf Millionen Euro 21 Prozent der Anteile.
2009: Schon drei Jahre später steigt Fincantieri wieder aus.
2010: Der Bremerhavener Schiffbauunternehmer Dieter Petram übernimmt die Anteile von Fincantieri und weitere Anteile von der LPS und wird so Hauptgesellschafter der Lloyd-Werft.
2015: Die asiatische Genting-Group übernimmt 70 Prozent der Lloyd-Werft-Anteile. Große Kreuz- und Flussfahrtschiffe sollen in Bremerhaven gebaut werden. Das Land Bremen plant 33 Millionen Euro für eine Sanierung des Werft-Umfeldes ein. Doch zu den Großaufträgen kommt es nicht.
2016: Genting übernimmt die Lloyd-Werft komplett. Genting gibt außerdem den Kauf der "Nordic Yards" bekannt, der drei Werften in Stralsund, Wismar und Warnemünde. Die Werften sollen künftig zusammen mit der Lloyd-Werft als "Lloyd Werft Group" geführt werden. In Bremerhaven entsteht ein neues Design-Zentrum. Kurz darauf sind die Mitarbeiter an der Ostsee in Kurzarbeit. Dann wird klar, dass Bremerhaven nur noch Reparaturen und Umbauten übernimmt. Das Land Bremen zieht die 33 Millionen Euro wieder zurück.
2017: Die Lloyd-Werft entlässt rund ein Viertel der Belegschaft und es wird auf Kurzarbeit umgestellt.
2018: Es geht wieder bergauf. Die Auftragsbücher sind bis 2020 gut gefüllt, heißt es.
2020: Die Corona-Pandemie erschüttert die Welt, der Mutterkonzern Genting gerät wegen der Corona-Krise in finanzielle Schwierigkeiten. Die Genting-Group verdient ihr Geld vor allem mit der Kreuzfahrtbranche, die infolge der Pandemie fast vollständig zum Erliegen kommt.
2021: Es wird bekannt, dass die Lloyd-Werft zum Jahresende geschlossen werden soll. Dazu kommt es aber nicht.
2022: Genting und die Lloyd-Werft melden Insolvenz an.
Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 20. Januar 2022, 19:30 Uhr