InteraktivStanddatum: 5. September 2021.Autorinnen und Autoren:
Katharina Mild und
Lieselotte Scheewe
Bremen wählt mit – schätzen Sie: Gesundheit und Pflege unter der Groko
Gesundheitsminister Spahn diskutiert mit Pflegekräften in Bremen-Nord
Bild: Radio Bremen
Gesundheitsminister Jens Spahn war am Samstag in Bremen; es ist Wahlkampf. Am 26. September wird gewählt. Aber was haben Spahn und die Groko in den letzten Jahren erreicht?
Ziehen Sie mit Ihrer Maus eine Linie so, wie Sie glauben, dass sich zum Beispiel die Zahl der Pflegefachkräfte entwickelt hat. Ist sie gleich geblieben, gesunken oder gestiegen? Ist die Linie vollendet, erscheint eine weitere Linie: Die korrekte Entwicklung auf Basis der aktuellen Zahlen. Und? Lagen Sie richtig?
Pflege soll attraktiver werden
Bessere Arbeitsbedingungen, bessere Bezahlung und vor allem mehr qualifiziertes Personal – das hatte sich die Große Koalition 2013 und 2017 auf die Fahnen geschrieben. Schätzen Sie: Wie hat sich die Zahl der Fachkräfte in der ambulanten und stationären Gesundheits- und Krankenpflege verändert?
Quellen: GPR, Statistisches Bundesamt
Bis 2019 ist es der Regierung nicht gelungen, mehr Fachkräfte in die Gesundheits- und Krankenpflege zu locken. Es sind sogar weniger als 2012. In der Altenpflege hingegen ist die Zahl der Fachkräfte gestiegen: von 216.000 im Jahr 2012 auf 285.000 im Jahr 2019. Allerdings ist auch die Zahl der Pflegebedürftigen in Deutschland im gleichen Zeitraum um rund 60 Prozent gestiegen.
Arzttermine sind Mangelware
Im Jahr 2019 ist Jens Spahns "Terminservice- und Versorgungsgesetz" in Kraft getreten. Damit sollen Patientinnen und Patienten schneller an Arzttermine bekommen. Hat es geklappt? Was meinen Sie, wie viel Prozent der Patientinnen und Patienten warten länger als drei Wochen auf einen Arzttermin?
Quelle: Versichertenbefragungen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung
Hinweis: Für 2012 liegen leider keine Daten vor.
Die Zahl der Patientinnen und Patienten, die länger als drei Wochen auf einen Arzttermin warten müssen, hat sich erhöht. Von kürzeren Wartezeiten kann nicht die Rede sein – vor allem bei Fachärztinnen und Fachärzten. Anmerkung: Wartezeiten auf Psychotherapeutisches Erstgespräch wurden nur 2019 erfasst. 20 Prozent warteten länger als drei Monate.
Organspenden sollen gefördert werden
Ein weiteres erklärtes Ziel von Jens Spahn: Die Zahl der Organspenden erhöhen und die Organentnahme besser vergüten. Was meinen Sie, wie viele Menschen haben in den vergangenen Jahren ihre Organe gespendet?
Quelle: Statistisches Bundesamt
Auch hier hat die Regierung ihr Ziel klar verfehlt. Die Zahl der Organspenden in Deutschland ist in den vergangenen Jahren gesunken. Anfang 2020 hat der Deutsche Bundestag ein neues Gesetz auf den Weg gebracht zur "Stärkung der Entscheidungsbereitschaft bei der Organspende". Das Gesetz sieht vor, dass die Bereitschaft, Organe nach dem eigenen Tod zu spenden regelmäßiger erfragt werden soll. Künftig soll eine Erklärung zur Organspende auch in einem Online-Register und den Ausweisstellen möglich sein. Außerdem sollen Hausärzte die Patienten ermuntern, eine Entscheidung zu dokumentieren. Das Gesetz wird zwei Jahre nach seiner Verkündung in Kraft treten, voraussichtlich im ersten Quartal 2022.
Nicht nur auf dem Land fehlen Ärztinnen und Ärzte…
Um einem Ärztemangel frühzeitig entgegen zu wirken, hat die Große Koalition 2017 versprochen, mehr Medizinstudienplätze zu schaffen. Schätzen Sie: Wie hat sich die Zahl der Studienanfänger im Bereich Humanmedizin entwickelt?
Die Zahl der Studienanfänger ist in den vergangenen Jahren gestiegen, 2020 dann allerdings leicht gesunken. Insgesamt wäre noch Luft nach oben: Rund 40.000 Bewerber*innen versuchen jährlich einen der begehrten Studienplätze zu ergattern.
Schwangere und Neugeborene sollen gut versorgt sein
Die Geburtshilfe ist für Familien und Geburtshelfer ein großes Thema. Auch gesamtgesellschaftlich ist es relevant, Schwangere und Neugeborene möglichst gut zu versorgen. Was glauben Sie, wie viele Kinder werden in Deutschland eigentlich geboren? Schätzen Sie!
Quelle: Statistischen Bundesamt, die Zahl aus dem Jahr 2020 aus der sogenannten Milupa-Liste
Nach einem längeren Tief seit den 70er Jahren, steigen die Geburtenraten seit 2007 in Deutschland wieder an. 2009 wurden in Deutschland knapp über 665.000 Kinder geboren.
Fünf Jahre später waren es schon rund 715.000 Kinder. Die höchste Geburtenrate der vergangenen 10 Jahre war im Jahr 2016. In dem Jahr kamen in Deutschland über 792.000 Kinder lebend zur Welt. Im vergangenen Jahr wurden rund 773.000 Kinder geboren.
Geburtshilfe soll gestärkt werden
Die Große Koalition wollte, so steht es im Koalitionsvertrag, die Geburtshilfe stärken. Wie sieht es denn tatsächlich mit der Versorgung aus? Wie viele Geburtshelfer und Geburtshelferinnen gibt es in Deutschland? Schätzen Sie!
Quelle: Statista
Mit den steigenden Geburtenraten steigt in Deutschland auch die Anzahl der Geburtshelfer an. 2009 gab es rund 20.000 Geburtshelfer. Im Jahr 2016 waren rund 24.000 Geburtshelfer tätig. 2019 stieg die Zahl auf knapp 25.000 Geburtshelfer an.
Wie ist also die Lage in der Geburtshilfe?
Um wirklich zu verstehen, wie sich die Versorgung der Schwangeren und Neugeborenen in Deutschland entwickelt hat, muss man die steigenden Geburtenzahlen und die Anzahl der Geburtshelfer ins Verhältnis setzen. Was glauben Sie, wie viele Geburten gibt es pro Geburtshelfer im Schnitt? Schätzen Sie!
Quelle: Statistisches Bundesamt
Betrachtet man bundesweit das Verhältnis zwischen Geburtshelfern und Geburtenzahlen, hat sich die Versorgungssituation in der Geburtshilfe in den Jahren der Schwarz-Gelben-Koalition (2009-2013) leicht verbessert. 2009 gab es 33 Geburten pro Geburtshelfer, 2013 gab es 30 Geburten pro Geburtshelfer. Unter der Großen Koalition seit 2013 schwankt die Zahl zwischen 31 und 33 Geburten pro Geburtshelfer. Die Versorgungsituation in der Geburtshilfe hat sich also den steigenden Geburtenzahlen angepasst. Betrachtet man nur diese Kennzahlen (Anzahl der Geburtshelfer im Verhältnis zur Geburtenzahl), hat sich die Versorgungssituation in der Geburtshilfe in den vergangenen Jahren weder verschlechtert noch verbessert.
Gesundheitsminister Spahn diskutiert mit Pflegekräften in Bremen-Nord