Nach Klimaprotest auf A27: 4 Leichtverletzte bei Unfall am Stauende
Demonstranten hatten sich am Mittag von einer Brücke abgeseilt. Laut Verwaltungsgericht Stade durfte die Aktion unter der Voraussetzung einer Autobahn-Sperrung stattfinden.
In Folge einer Vollsperrung für eine Protestaktion von Klimaaktivisten ist es zwischen Langwedel und Achim-Ost zu einem Auffahrunfall am Stauende gekommen. Dabei wurden drei Fahrzeuge zum Teil erheblich beschädigt. Nach Angaben der Polizei gab es vier Leichtverletzte. Wegen des Unfalls sei die Autobahn noch einmal gesperrt worden.
Demnach hatte eine 70-jährige Autofahrerin unvermittelt die Spur gewechselt, als sie das Stauende sah. Sie fuhr von der rechten Fahrspur auf die linke und übersah dabei einen BMW. Die 41-jährige BMW-Fahrerin konnte nicht mehr rechtzeitig bremsen und fuhr in den Renault der 70-Jährigen. Daraufhin überschlug sich das Auto der Seniorin und prallte gegen ein weiteres Fahrzeug. Den Sachschaden beziffert die Autobahnpolizei auf rund 50.000 Euro.
Verwaltungsgericht erlaubt Protest
Die Klimaaktivisten hatten bei den zuständigen Behörden in Achim zunächst eine entsprechende Aktion als Versammlung angemeldet. Sie wollten sich demnach bei laufendem Verkehr über der A27 kurz vor dem Bremer Kreuz in Fahrtrichtung Bremen abseilen, um so für eine Verkehrswende zu demonstrieren. Nachdem die Behörde diese Aktion verboten hatte, klagten die Demonstranten vor dem Verwaltungsgericht Stade.
Dort entschieden die Richter, dass die Protestaktion stattfinden darf – unter der Voraussetzung, dass die Autobahn gesperrt wird. Dazu forderte das Verwaltungsgericht die Polizei auf.
Unsere Aufgabe ist es hier, mit einigen Einsatzkräften die Autobahn zu sperren und das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit zu ermöglichen.
Helge Cassens, Polizei Verden/Osterholz
Betroffen von der mehr als einstündigen Sperrung war der Bereich zwischen den Anschlussstellen "Bremer Kreuz“ und "Achim Nord" in beiden Fahrtrichtungen. Der Protest-Zeitraum war zunächst mit 12 bis 13 Uhr angegeben worden. Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in Lüneburg hat die genehmigte Dauer aber kurzfristig verkürzt. Demnach startete die Aktion um 12 Uhr, aber musste bereits nach einer halben Stunde um 12:30 Uhr beendet werden.
Nach Angaben der Polizei war eine rund fünf Kilometer lange Strecke beim Bremer Kreuz betroffen. Aktivisten seilten sich am Mittag von einer Brücke über der A27 ab und brachten mehrere Plakate an. Einer Polizeisprecherin zufolge waren sechs Menschen auf der Brücke.
In der Begründung des Stader Verwaltungsgerichts hieß es, dass Verkehrsbehinderungen über einen kurzen Zeitraum die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs – auch unter Berücksichtigung einer erforderlichen teilweisen Sperrung des Bremer Kreuzes – nicht in unzumutbaren Maße beeinträchtigen würden.
Polizeigewerkschaft übt scharfe Kritik
Scharfe Kritik an der Gerichtsentscheidung kam von der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) in Bremen. "Ein künstlicher Stau auf der Bundesautobahn, selbst wenn dort eine Geschwindigkeitsbegrenzung herrscht, ist immer ein hohes Risiko", sagte der Landesvorsitzende Bernard Soika. Die Polizei erlebe fast täglich Unfälle an Stauenden, die oft auch tödlich endeten.
Aus diesem Grund halte ich es für absolut fahrlässig, eine solche Versammlungsfreiheit höher zu hängen als die Sicherheit und das Leben anderer.
Landesvorsitzende Bernard Soika (Deutsche Polizeigewerkschaft)
Der Gewerkschaftsvorsitzende warnte davor, in Zukunft viele solcher Staus zu provozieren und damit Menschenleben zu gefährden. Nicht nur die Reisenden, sondern auch die Polizistinnen und Polizisten seien bei der Unfallaufnahme und Absicherung besonders gefährdet. Eine solche Aktion hätte aus Gewerkschaftssicht in die Stadt verlegt werden sollen.
Aktivisten protestieren gegen Gerichtsprozess
Aktueller Anlass der Aktion ist den Aktivisten zufolge ein Strafverfahren wegen einer ähnlichen Aktion über der A27 während der Verkehrsministerkonferenz im Jahr 2021. In dem Verfahren wird ein Urteil vor dem Amtsgericht Achim erwartet. "Anlässlich des nächsten Gerichtstermins wollen wir nun zeigen, dass solche Aktionen notwendig und legitim sind", sagte ein Versammlungsteilnehmer laut Mitteilung. "Der klima- und umweltschädliche Autoverkehr ist tagtäglich für viele Menschen und Tiere tödlich und verletzend", hieß es weiter.
Weniger Autos bedeuten weniger Lärm, bessere Luft und mehr Raum für Menschen. Wir streiten mit solchen Aktionen für eine Welt, in der Leben mehr wert ist als Wachstum, Schnelligkeit und Profit.
Versammlungsteilnehmer in einer Mitteilung
Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Nachrichten, 28. August 2024, 14 Uhr