Nach Not-Stopp: Wie schnell tickt Bremens Schuldenuhr ab Ende Juni?
Kein Bundesland hat eine höhere Pro-Kopf-Verschuldung als Bremen. In dieser Woche dürfte der Schuldenberg weiter wachsen – mit Folgen für die Bremer Schuldenuhr.
Dreimal ist Bremer Recht – das gilt seit Jahren auch für die Uhrenumstellung. Einmal im März, einmal im Oktober. Und einmal genau dazwischen, wenn der Bund der Steuerzahler in jährlicher Routine die Schuldenuhr auf Stand bringt.
Nach diesem Montag, 17. Juni, dürfte es wieder soweit sein. Dann nämlich wird die Bürgerschaft den vom rot-grün-roten Senat vorgelegten Etatentwurf samt Ergänzungen voraussichtlich durchgewunken haben. Damit endete auch die seit Monaten andauernde haushaltslose Zeit.
Dass Bremen seit vielen Monaten ohne gültigen Landeshaushalt dasteht, liegt daran, dass der Senat infolge eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts im Herbst 2023 alle Finanzplanungen überarbeiten musste. Der Hintergrund: Bremens Landesregierung wollte damals aus Krediten einen 2,5 Milliarden Euro schweren "Klimafonds" einrichten, der rechtlich jedoch nach dem Urteil des Verfassungsgerichts auf tönernen Füßen gestanden hätte.
Bürgerschaft soll Weg für neue Schulden freimachen
"Erst nach der Entscheidung in der Bürgerschaft kann die derzeit eingefrorene digitale Bremer Schuldenuhr auf die neue Zählgeschwindigkeit umgestellt werden", sagt Carl Kau. Er vertritt in Bremen den Bund der Steuerzahler, der die Uhr betreibt. Als sie zuletzt lief, tickte sie mit knapp 60 Euro die Sekunde ins Minus. Und weniger werden dürfte es auch künftig nicht. Aktuell zeigt sie noch 22.773.506.405 Euro an Verbindlichkeiten – anders ausgedrückt: Bremen hat fast 23 Milliarden Euro Schulden. Pro Bürgerin und Bürger macht das 33.252 Euro.
Damit liegt die Pro-Kopf-Verschuldung im Bundesland Bremen fast doppelt so hoch wie in den anderen Stadtstaaten Hamburg und Berlin.
Pro-Kopf-Verschuldung der Bundesländern seit 2010 (in Euro)
Wenn es nach Bremens Senat geht, dürfte die Neuverschuldung auch künftig weiter zulegen. Rund 1,3 Milliarden Euro an neuen Verbindlichkeiten will er jetzt, trotz Schuldenbremse, aufnehmen. Rechnerisch ergäbe sich so eine Pro-Kopf-Verschuldung von grob 35.000 Euro.
Etwa 600 Millionen Euro der neuen Schulden sind für zwei geplante Gesellschaften für die Stadtentwicklung und den Schulbau vorgesehen. Für diese sei keine Ausnahme von der Schuldenbremse nötig, argumentiert der Senat.
Hinzu kommen rund 700 Millionen Euro an neuen Krediten. Es müssten die langfristigen Folgen der Corona-Pandemie bewältigt werden, begründet Bremens Finanzsenator Björn Fecker (Grüne) deren Aufnahme. Zugleich seien die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs samt Energiekrise zu stemmen. Das dafür nötige Geld lasse sich nicht durch Einsparungen im regulären Haushalt aufbringen, so Fecker.
Bund schickt Sanierungshilfe, CDU droht mit Klage
Die Sanierungsverpflichtung Bremens gegenüber dem Bund sieht zwar eigentlich vor, dass Bremen jährlich mindestens 50 Millionen Euro Altschulden tilgt. Doch auch die Bundesregierung folgt Bremens Argumentationslinie, dass es sich bei der Neuverschuldung um einen begründeten Ausnahmefall handele. Anfang Juli fließen daher vom Bund auch erneut 400 Millionen Euro Sanierungshilfen an die Weser.
Das sehen nicht alle so. Bremens CDU-Fraktion hat bereits gedroht, nach der noch laufenden Klage gegen den letzten Bremer Haushalt auch gegen den jetzt vor der Verabschiedung stehenden neuen Haushalt vor dem Staatsgerichtshof zu klagen. Ob die Schuldenuhr also bald ein weiteres Mal und dann außerplanmäßig umgestellt werden muss, entscheidet sich daher wohl vor Gericht.
Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 26. Mai 2024, 19:30 Uhr