Interview
Vitamin D im Winter: Was Bremer über das Sonnen-Hormon wissen müssen
Im Winter Vitamin D als Ergänzungsmittel einnehmen – das klingt erstmal sinnvoll. Aber ist das wirklich nötig? Und wozu brauchen wir überhaupt Vitamin D?
Es ist dunkel und trübe. Klar, es ist ja auch Januar. Wer geht da schon gerne vor die Tür? Das bedeutet aber auch, dass wir kaum Sonnenlicht zu Gesicht bekommen. Doch Sonnenlicht ist unsere wichtigste Vitamin D-Quelle und die Folge kann ein Vitamin D-Mangel sein.
Die Ersatzversorgung mit Nahrungsergänzungsmitteln ist allerdings sehr umstritten. Julia Waizenegger von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) bringt Licht ins Dunkel um das Sonnen-Hormon.
Wie schaut das bei Ihnen aus? Nehmen Sie morgens oder abends eine Tablette Vitamin D?
Ja, ich persönlich nehme auch leicht dosierte Vitamin D Tabletten.
Und wofür brauchen wir Vitamin D?
Vitamin D ist ja als Sonnen-Hormon bekannt und nimmt eine Sonderstellung ein, weil es nicht nur über Lebensmittel aufgenommen werden kann, sondern auch durch die Sonneneinstrahlung in der Haut vom Menschen selber gebildet werden kann. Und eine der zentralsten und bekanntesten Funktionen ist die Steuerung des Calcium- und Phosphat Haushalts, wodurch wiederum die Knochenstabilität und allgemein die Knochengesundheit gefördert wird. Zudem ist es auch noch wichtig für die Muskelfunktion, die Entwicklung von Zellen, aber auch im Immunsystem spielt Vitamin D eine wichtige Rolle.
Wie wirkt sich ein Mangel an Vitamin D bei uns aus?
Bei einem schwerwiegender und anhaltenden Mangel sind die bekanntesten Erkrankungen die Rachitis im Säuglings- und Kindesalter. Oder die Osteomalazie im Erwachsenenalter, da kommt es auf Grund des Vitamin D-Mangels zu einer unzureichenden Versorgung der Knochen mit Mineralstoffen – vor allem Calcium – und das führt dann zu einer Erweichung oder auch Verformung der Knochen.
Weitere Mangelerscheinungen können auch eine verringerte Muskelkraft oder Tonus sein, oder eine erhöhte Infektanfälligkeit, obwohl das natürlich nicht immer nur auf den Vitamin D-Mangel zurückgeführt werden kann.
Dieses Gefühl der Schlappheit lässt sich nicht mit einem Vitamin D-Mangel erklären?
Es ist auch ein Symptom, aber das ist natürlich unspezifisch. Es gibt auch noch andere Nährstoffe, wie zum Beispiel Eisen oder Selen, bei denen ein Symptom Müdigkeit sein kann.
Einen Mangel kann man ja im Blut nachweisen, das müssen Kassenpatienten selber zahlen, oder?
Genau. Das ist eine sogenannte Igelleistung, die wenn nicht ein wirklicher Verdacht besteht, oftmals selbst übernommen werden muss. Die Kosten belaufen sich auf 20 bis 30 Euro.
Was ist denn, wenn dann ein Mangel festgestellt wird? Reicht das, wenn ich zum Beispiel täglich einen ausgedehnten Spaziergang an der frischen Luft mache? Oder kann ich das in irgendeiner Form mit der Ernährung ausgleichen?
Bei Vitamin D muss man sagen, dass der Hauptanteil der Versorgung mit 80 bis 90 Prozent die Synthese in der Haut, also die Bildung in der Haut durch Sonneneinstrahlung ausmacht. Wenn man jung und gesund ist und sich in den Frühlings- und Sommermonaten, also von März bis Oktober, viel in der Sonne aufhält, ist die Chance in der Regel hoch, dass die Versorgung an Vitamin D ausreichend ist.
Zumal Vitamin D auch im Muskel- und Fettgewebe gespeichert werden kann und somit auch einen Beitrag leisten kann. Das gebildete Vitamin D kann während des Winters also auch zur Versorgung beitragen.
Das heißt, ich kann mir so ein kleines Depot angelegen. Also hoch die Ärmel!
Genau! Es gibt natürlich bestimmte Risikofaktoren, die dazu führen, dass eventuell in den warmen Monaten nicht genug Vitamin D gebildet wird. Das kann zum einen auch bei jüngeren Erwachsenen der Fall sein, die sich viel drinnen aufhalten – gibt es ja immer: Menschen, die sich viel im Büro aufhalten oder in der Freizeit viel vorm Computer, vorm Fernseher. Und weitere Risikogruppen für einen Mangel sind Senioren, die oftmals pflegebedürftig und nicht mobil sind und somit auch nicht viel an die frische Luft kommen. Zudem lässt die Synthesefähigkeit in der Haut im Alter nach. Oder auch Personen, die stark bekleidet nach draußen gehen.
Sollte ich dann Vitamin D als Nahrungsergänzungsmittel einnehmen?
Ich glaube es ist so, dass man das nicht als generelle Empfehlung für die Gesamtbevölkerung aussprechen kann, da es von verschiedenen, individuellen Faktoren abhängt. Wenn man im Sommer viel draußen ist, ist die Chance hoch, dass das ausreicht.
Wenn aber ein Verdacht besteht, kann man natürlich beim Arzt untersuchen lassen, ob ein Mangel vorliegt und wenn die endogene Synthese, also die Synthese in der Haut, nicht ausreicht, dann ist eine Supplementation sinnvoll. Da ist es aber sinnvoll, keine hohen Dosen zu supplementieren. Wir sprechen uns für eine Supplementation in Höhe des Referenzwertes aus, das heißt 20 Mikrogramm pro Tag. Das sind so um die 800 internationale Einheiten.
Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Der Morgen, 24. Januar 2023, 10:10 Uhr