20 Jahre Double: Werders Rausch begann mit der Schmach von Pasching

Vor 20 Jahren: Als sich Werder in Pasching blamiert

Bild: Imago | Ulmer

Die Saison 2003/04? Ein echtes Spektakel! Bremen wurde Meister und Pokalsieger. Gedacht hätte das aber keiner – denn Werder blamierte sich vorab im UI-Cup.

Thomas Schaaf braucht da gar nicht lange zu überlegen. "Ja, dieses Ereignis", so ist sich Werders Trainerlegende sicher, "das ist ein Tag, den man in seinem Fußballerleben nicht unbedingt erleben möchte".

Schaaf hat viel erlebt, nicht nur in den 14 Jahren an der Seitenlinie des SVW. Aber dieses Mal hat der inzwischen 62-Jährige bei jenem schwarzen Tag der Grün-Weißen nicht etwa den Abstieg im Jahr 2021 im Sinn. Sondern Schaaf würde gerne den 30. Juli 2003 ungeschehen machen – und steht damit wohl nicht allein da.

Als "Werder Dösis" verspottet

Denn eben jener Mittwochabend im Juli ging als die Schmach von Pasching in Werders Historie ein. Die Zeitungen titelten damals von "Werder Dösis" und "Schimpf und Schande bei Werder Bremen" und gipfelten in dem Appell: "Schämt euch!" Was war passiert?

Werder reiste nach Pasching in Oberösterreich, einen Vorort von Linz. Ein kleines Kaff mit 7.000 Einwohnern. Das Halbfinale im UI-Cup stand an. Damals eine Möglichkeit für Teams, die an der Qualifikation für den UEFA-Cup gescheitert waren, sich im Sommer noch nachträglich zu qualifizieren. Deshalb nannte man ihn auch "Strohhalm-Cup".

Glieder über Werder: "Die waren richtig schlecht"

Paschings früherer Torschütze gegen Werder Eduard "Edi" Glieder sitzt im Stadion auf der Tribüne bei einem Interview.
20 Jahre nach Paschings Sieg wieder im Waldstadion: Eduard "Edi" Glieder, der zweifache Torschütze. Bild: Radio Bremen | Dino Bernabeo

Und die Bremer wähnten sich irgendwie schon mit einem Bein im internationalen Wettbewerb. Der Gegner war schließlich Letzter der österreichischen Liga und kam zudem noch mit diesem urigen Namen FC Superfund Pasching daher, über den sich viele lustig machten. Am Ende aber lachte nur Pasching – denn die Underdogs blamierten Werder mit 4:0 bis ins Mark.

"Die waren richtig schlecht, ja, das muss man so sagen", erinnert sich Eduard, genannt "Edi", Glieder noch 20 Jahre später. Dieser Abend, das war die Sternstunde seiner Fußball-Karriere. Zwei Tore verpasste er den Bremern und konnte sein Glück kaum fassen.

Wir hatten nicht im Traum daran gedacht, dass wir hier die Bremer im Endeffekt raushauen werden, aber wir hatten einfach an uns geglaubt.

Eduard "Edi" Glieder im Sportblitz

Ismael, Micoud, Ailton – allesamt blamiert

Werder-Profi Valerien Ismael im UI-Cup-Spiel gegen Pasching im Zweikampf mit Edi Glieder.
Zweikampf mit Edi Glieder (links): Werders Valerien Ismael erwischte einen gebrauchten Tag. Bild: Imago | Ulmer

Und dabei stand da auch nicht irgendwer bei Werder auf dem Platz. Pascal Borel, Valerien Ismael, Ludovic Magnin, Mladen Krstajic, Tim Borowski, Fabian Ernst, Krisztian Lisztes, Johan Micoud, Paul Stalteri, Ailton und Angelos Charisteas. Zur zweiten Halbzeit kam noch Frank Baumann. Allesamt blamiert. Keiner hatte sich gewehrt.

"Alles lief furchtbar, so schrecklich", erinnert sich Schaaf, "du merkst: Das Ding läuft einfach gegen dich." Und das Debakel hatte sich schon am Vortag angekündigt. "Wir waren sehr früh angereist", sagt Schaaf, "und es war tierisch heiß." 35 Grad im Schatten.

Wir haben den Bremern zugesehen beim Abschlusstraining – das war sehr gemütlich, sehr lethargisch. Ich dachte mir: Am nächsten Tag gibt es dann richtig Vollgas.

Eduard "Edi" Glieder im Sportblitz

Schaaf: "Das war ein Wachmacher zur rechten Zeit"

Werder-Trainer Thomas Schaaf schlägt sich während des UI-Cup-Rückspiels gegen Pasching verzweifelt die Hände vors Gesicht.
Verzeiflung pur auch im Rückspiel gegen Pasching bei Werder-Coach Thomas Schaaf. Bild: dpa | Ingo Wagner

Aber Werder kam gar nicht in die Gänge. Die Hitze schläferte die Grün-Weißen ein, bei den Paschingern weckte sie dagegen die Lebensgeister. Es war wohl das Spiel ihres Lebens, ihr Stückchen Fußball-Geschichte. Im UI-Cup-Finale verloren sie zwar gegen Schalke 04 und seit 2007 gibt es den Verein nicht mehr. Doch dieser Triumph im Waldstadion bleibt ihnen.

Genau wie Werder die Peinlichkeit. Und dann hatten sie bei diesem blamablen Auftritt auch noch erstmals die heute legendären orange-grünen Papagaien-Trikots getragen – an denen schieden sich die Geister. "Bedröppelt" sei man laut Schaaf nach Bremen zurückgefahren. Ein maues 1:1 im Rückspiel machte das Debakel dann perfekt. Und nach dieser Schmach von Pasching wurde Werder tatsächlich Meister und Pokalsieger?

Im Nachhinein werden wir sicherlich alle so einen Satz fallen lassen wie: Das war ein Wachmacher zur rechten Zeit und hat uns alle wachgerüttelt, um richtig in die Saison zu starten – und tatsächlich war es dann ja auch so.

Werder-Trainer Thomas Schaaf im Podcast "Das Werder-Märchen 2004"

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Dieses Thema im Programm: Sportblitz, 1. August 2023, 18:06 Uhr