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Droht im Land Bremen eine Versorgungslücke bei Zahnärzten?

Ein älterer Mann wird von einem Zahnarzt behandelt.
Im Land Bremen sind aktuell bereits 76 Prozent der Zahnärztinnen und Zahnärzte älter als 50 Jahre. Bild: dpa | Bsip/Grimaud

Praxen finden keine Nachfolger und viele Zahnärztinnen und -zahnärzte sind über 50 – warum Interessengruppen Alarm schlagen, die Politik aber noch gelassen bleibt.

Wie viele Zahnärztinnen und Zahnärzte gibt es im Land Bremen?

Aktuell gibt es im Land Bremen 275 zahnärztliche Praxen. Davon liegen 231 in Bremen und 44 in Bremerhaven, teilt die Zahnärztekammer Bremen auf Anfrage mit. Dort arbeiten insgesamt 302 niedergelassene Zahnärztinnen und Zahnärzte, also (Mit-)Inhaber von Praxen. Hinzu kommen noch die angestellten Zahnärzte, derzeit 244. Die Zahl der Inhaberinnen und Inhaber und der Angestellten gleicht sich immer mehr an: In den vergangenen fünf Jahren habe sich die Anzahl der angestellten Zahnärzte verdoppelt. Es gibt insgesamt 17 zahnmedizinische Versorgungszentren.

Wie viele Praxen mussten mangels Nachfolge schließen?

Sechs Praxen haben dieses Jahr ohne Nachfolger schließen müssen, heißt es bei der Zahnärztekammer. Aktuell gingen auch zwei Zahnärzte in Rente, hätten aber Nachfolger gefunden. Ob es besonders betroffene Stadtteile gebe, dazu kann die Kammer nichts sagen. "Die Über- oder Nichtübernahme einer Praxis liegt nicht immer am Stadtteil, sondern auch an den Räumlichkeiten der Praxis", teilt die Kammer per E-Mail mit. Schwierig werde es bei Praxen, die nach heutigem Standard zu klein, zu alt oder nicht ausbaufähig seien oder die heutigen Hygienevorgaben nicht mehr erfüllten. Nicht jedes Mitglied nehme Kontakt auf, wenn ein Nachfolger gesucht werden, heißt es weiter. Wie viele Zahnärztinnen und Zahnärzte aktuell Nachfolger suchten, wisse man daher nicht. Fakt ist aber, dass in den kommenden Jahren viele das Rentenalter erreichen werden.

Ist die zahnmedizinische Versorgung in Bremen und Bremerhaven in Gefahr?

In der Stadt Bremen liegt der Versorgungsgrad bei 87,1 Prozent, in Bremerhaven bei 80,3 Prozent (Stand: 31.12.2023), teilt das Bremer Gesundheitsressort auf Anfrage mit. "Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung bewertet dies als ausreichende Versorgungssituation, aus der keine drohende Unterversorgung abgeleitet werden kann. Zur Bewertung der Versorgungsgrade wird die Bedarfsplanungs-Richtlinie Zahnärzte des Gemeinsamen Bundesausschusses herangezogen. Diese definiert den Zustand 'Unterversorgung' implizit mit einem Versorgungsgrad von 50 Prozent."

Die Behörde verweist zwar darauf, dass es Unterschiede von Stadtteil zu Stadtteil geben könne, was die Praxendichte angeht. "Uns sind aktuell in keinem Bremer Stadtteil akute Versorgungsengpässe bekannt, daher bewerten wir die zahnärztliche Versorgung aktuell im Land Bremen als ausreichend. Durch die sich ändernde Arbeitswelt und die Altersstruktur in der Zahnmedizin scheint sich die Versorgungssituation in den nächsten Jahren zuzuspitzen."

Wird es bald vor allem große zahnmedizinische Versorgungszentren geben?

Martin Sztraka, Vorstandsvorsitzender der Kassenzahnärztlichen Vereinigung im Lande Bremen, verweist auf die Altersstruktur bei Zahnärztinnen und Zahnärzten in Bremen: "Eine Vielzahl der Zahnärzte wird in den nächsten Jahren im Renteneintrittsalter sein und wird, bei sich verschlechternden Rahmenbedingungen, eher früher als später die zahnärztliche Tätigkeit beenden. Nachfolger für die Praxen finden sich schwerlich, da die Rahmenbedingungen immer unattraktiver werden." Jungen Zahnärztinnen und Zahnärzten bliebe dann nur die Tätigkeit im Angestelltenverhältnis mit immer größer werdenden Praxisstrukturen, die eine wohnortnahe zahnärztliche Versorgung nicht mehr abdecken könnten.

76 Prozent der Bremer Zahnärzte sind über 50 Jahre alt

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Welche Rahmenbedingungen müssten sich verändern, um es wieder attraktiver zu machen, eine Praxis zu übernehmen?

Interessenvertretungen beklagen insbesondere die Belastung mit Bürokratie und das Entlohnungssystem für Zahnärzte. "Die von der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung ermittelte Bürokratielast in den Zahnarztpraxen liegt derzeit bei sechs Stunden pro Zahnarzt und etwa 2,5 Stunden für Mitarbeitende und damit insgesamt bei rund 24 Stunden pro Woche", schreibt Martin Sztraka von der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Bremen.

Außerdem ist der sogenannte Punktwert aus der Gebührenordnung für Zahnärzte seit mehr als 30 Jahren nicht angehoben worden. "Die Lebenshaltungskosten sind seit 1988 um circa 80,6 Prozent gestiegen. Eine Anpassung hat seitdem nicht stattgefunden", schreibt Sztraka. Zahnmediziner fordern außerdem eine Aufhebung der sogenannten Budgetierung. Damit ist gemeint, dass die Bezahlung gleich bleibt, auch wenn mehr ärztliche Leistungen nachgefragt werden, als ein festgelegter Rahmen hergibt. Zahnärzte-Vertreter beklagen, dass in diesem System nicht alle erbrachten Leistungen auch vergütet würden.

Ansprechpartner für die meisten Anliegen der Zahnärzteschaft ist die Bundesregierung. Dennoch reden die Bundesländer auch in Fragen ausreichender Versorgung mit. Das Bremer Gesundheitsressort teilt dazu auf Anfrage mit: "Wir sehen aktuell keine Notwendigkeit, Maßnahmen zu ergreifen, um Zahnarztpraxen wirtschaftlich zu entlasten. Eine Entbürokratisierung begrüßen wir, damit mehr Zeit für die Patientinnen und Patienten bleibt."

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Autorin

  • Patel Verena
    Verena Patel Redakteurin und Autorin

Quelle: buten un binnen.

Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 2. September 2024, 19:30 Uhr