Interview
Dann kann die Begegnung mit einem Wolf gefährlich werden
Dass Wölfe auch in Bremen auftauchen, ist für die Landesjägerschaft nur eine Frage der Zeit. Ihr Präsident erklärt, wann die Tiere gefährlich werden und wann eher nicht.
Marcus Henke ist Präsident der Landesjägerschaft Bremen. Als einer der ersten war er am Sonntag nach Hastedt geeilt, als dort die ersten Anwohner mögliche Wolfssichtungen meldeten. Und er hatte Glück. Er konnte Spuren der Tiere finden. Dass es sich um einen Wolf handelt, hält er für wahrscheinlich. Große Angst vor einer Gefahr muss man aber nicht haben, so Henke im Gespräch mit Bremen Eins.
Wie kommt es, dass der Wolf, wenn es denn einer ist, in die Stadt gekommen ist?
Die Wölfe nehmen zu. Wir haben in Niedersachsen fünf oder sechs Rudel, die ganz dicht an Bremen herankommen. Und diese Rudel vermehren sich. In ganz Niedersachsen gibt es mittlerweile über 50 nachgewiesene Rudel. Der Druck auf Bremen besteht. Die Wölfe wollen einfach mal schauen: Was ist eigentlich hier in Bremen los?
Die typische Neugier des Tieres und auch die Suche nach Nahrung sorgen dafür, dass sie nach Bremen kommen?
Ja, das scheint ein junger Wolf zu sein. Die sind neugierig, finden hier genug zu fressen. Das Szenario "Wolf in der Stadt" – da werden wir uns wohl oder übel dran gewöhnen müssen.
Sie haben ihn noch nicht Auge in Auge gesehen, gehen aber davon aus, dass es sich um einen Wolf handelt. Streift der jetzt durch Bremen? Muss man Grund zu Sorge haben?
Wir wissen erst genau, ob es ein Wolf ist, wenn wir die DNA-Analyse haben. Es ist mir heute gelungen, an einer Stelle Blut von diesem Tier zu nehmen und Speichel – er hat versucht, sich an einem Stabgitter durchzubeißen und hat sich verletzt. Das wird nun untersucht. Dann wissen wir genau: Was ist das für ein Tier? Ein Wolf? Ein junges Tier? Ist es schon bekannt?
Das andere ist natürlich: Erstmal gibt es keinen Anlass zur Sorge, wenn man sich richtig verhält. Eine normale Situation ist: Wolf begegnet Mensch, Wolf ist interessiert und nähert sich vielleicht. Wir verhalten uns normal: vorsichtig oder vielleicht auch laut. Auf keinen Fall Fluchtverhalten zeigen, eher langsam zurückziehen. Dann ist die Situation erledigt.
Und wann kann es gefährlich werden?
Die andere Situation ist, wie wir sie heute früh hatten: kleiner Garten, hoch umzäunt, der Wolf ist da drin – und eine Anwohnerin geht aus Interesse ebenfalls in den Garten. Dann wird das Tier in die Enge getrieben. Wir haben es mit einem Wildtier zu tun. Und der europäische Wolf hat ein Gewicht von 40 bis 70 Kilo. Da kann man überlegen, wer ist der Stärkere. Da besteht ein unkalkulierbares Risiko. Aber wir haben das in der Hand durch unser eigenes Verhalten.
Die Fragen stellte Norbert Kuntze bei Bremen Eins. Das Gespräch hat Sven Kuhnen zusammengetragen und aufbereitet.
Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, 22. Oktober 2023, 17:40