Dramatische Lage in Tierheimen: 6 Probleme und 6 Lösungsvorschläge

Ein Listenhund schaut durch die Gitterstäbe seines Zwingers im Tierheim.

"Zu viele Tiere, zu wenig Personal": Bremer Tierheim schließt vorerst

Bild: Radio Bremen

Die Tierheime in Bremen, Bremerhaven und Cuxhaven sind am Limit: Wie konnte es so weit kommen und was kann helfen?

Von einer "dramatischen Lage" berichten die Tierheime in Bremen, Bremerhaven und Cuxhaven. Das Bremer Tierheim gab am Wochenende bekannt, bis auf Weiteres für den Publikumsverkehr zu schließen. Grund: Zu viele Tiere und zu wenig Personal. Das Bremerhavener Tierheim kann bereits seit Monaten keine Tiere mehr aufnehmen. In einer gemeinsamen Stellungnahme mit dem Cuxhavener Tierheim listet Leiterin Amelie Bensch die Ursachen für die dramatische Lage auf.

1 Haustierkäufe während der Pandemie

Die Tierheime melden, dass viele Menschen, die sich während der Corona-Pandemie ein Tier angeschafft haben, jetzt merken würden, dass sie langfristig nicht für die Tiere sorgen können oder wollen. Diese Tiere würden aktuell in den Tierheimen landen.

2 Unseriöse Züchter

Tiere, die von unseriösen Züchtern stammen, seien oft verhaltensauffällig und die Käufer damit überfordert. Diese Tiere würden intensive Pflege und medizinische Versorgung benötigen, was die Ressourcen der Tierheime stark beanspruche​​.

3 Illegaler Welpenhandel

Der Handel mit illegal importierten Welpen trage erheblich zur Überfüllung bei. Auch diese Tiere seien oft gesundheitlich und emotional stark belastet.

4 Verhaltensauffällige Tiere

Auch unabhängig von unseriösen Züchtern und illegalem Handel würden aktuell vermehrt verhaltensauffällige Tiere in den Tierheimen landen, insbesondere Hunde. Die Betreuung sei sehr zeitaufwendig und die Tiere nur schwer vermittelbar.

5 Steigende Kosten

Steigende Kosten würden auch die Tierheime treffen: Futter, Tierärzte und Personal – alles werde teurer.

6 Urlaubszeit

Während der Urlaubszeit werden laut Tierheimen vermehrt Tiere abgegeben, da viele Besitzer keine geeigneten Betreuungsmöglichkeiten haben. Dies führe insbesondere in den Sommermonaten zu einer erheblichen Belastung.

Ein Hund ist an einen Poller am Straßenrand angebunden.
Kurz vorm Urlaub wollen einige ihre Tiere schnell loswerden. Bild: Imago | teutopress

Diese sechs Probleme listen die Mitarbeiter der Tierheime in Bremerhaven und Cuxhaven auf. Gleichzeitig haben sie sechs Lösungsvorschläge erarbeitet, um ihre Situation zu verbessern.

Das sind die Lösungsvorschläge

1 Mehr finanzielle Unterstützung

Ohne finanzielle Mittel von Bund und Ländern gehe es nicht. Sowohl Sanierungen als auch Ausbauten seien notwendig. Auch brauche es mehr Personal im Bereich Tierschutz. Zusätzlich fordert das Bremer Tierheim eine Wildtierauffangstation, um mehr Tiere versorgen zu können. Eine solche Station ist sogar Thema im Koalitionsvertrag, in Planung sei sie allerdings noch nicht, heißt es aus dem Umweltressort.

2 Verbot von Tierhandel übers Internet

Die Tierheime und der Tierschutzbund sehen die Gefahr, dass einige Menschen über das Internet unüberlegt und impulsiv Tiere kaufen. Deshalb fordern sie, den Tierhandel über das Internet grundsätzlich zu verbieten.

3 Kennzeichnungs- und Registrierungspflicht

Mit einer verpflichtenden Kennzeichnung und Registrierung von Haustieren könnte der Verbleib von Tieren besser nachverfolgt werden, so die Tierschützer. Außerdem könnte auch damit illegaler Tierhandel eingedämmt werden.

4 Sachkundenachweis für Tierhalter

Hundehalter mit ihren Tieren bei der Hundeschule.
Wenn es nach den Mitarbeitern der Tierheime geht, müssen Tierhalter verpflichtend an Schulungen teilnehmen. Bild: dpa | Sebastian Kahnert

Die Mitarbeiter der Tierheime fordern die Einführung eines Sachkundenachweises. Dieser Nachweis stelle sicher, dass zukünftige Tierhalter über das notwendige Wissen und die Fähigkeiten verfügen, um ein Tier artgerecht zu halten, heißt es. Für Hundehalter soll dieser Sachkundenachweis in Bremen und Bremerhaven tatsächlich kommen. Das hat die Bürgerschaft im November nach einem Beißangriff eines Rottweilers auf ein Kind beschlossen. Laut Behörden ist allerdings noch unklar, wann das Gesetz in Kraft tritt.

5 Öffentlichkeitsarbeit und Aufklärung

Die Mitarbeiter der Tierheime wünschen sich mehr Öffentlichkeitsarbeit. Aufklärungskampagnen sollen die Verantwortung der Haustierhaltung betonen und Menschen dazu anregen, sich vor der Anschaffung eines Tieres gründlich zu überlegen, ob sie langfristig für das Tier sorgen können.

6 Abschaffung der Rasseliste

Zusätzlich fordern sie für das Land Bremen die Abschaffung der Liste der als gefährlich eingestuften Hunderassen, der sogenannten Rasseliste. Diese Liste führe zu ungerechtfertigten Vorurteilen und zusätzlichen Belastungen für bestimmte Hunderassen, was die Vermittlung der Tiere erschwere.

Petition wird am Freitag beraten

Ihre Lösungsvorschläge haben die Mitarbeiter des Tierheims Bremerhaven auch in einer Petition niedergeschrieben. An diesem Freitag soll die Petition im Petitionsausschuss für das Land Bremen beraten werden.

Rückblick: Bremer Tierheim fordert Auffangstation für Wildtiere

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Autorin

Dieses Thema im Programm: Bremen Next, Nachrichten, 4. August 2024, 16:30 Uhr