Fragen & Antworten
Wo Betroffene bei Partnerschaftsgewalt in Bremen Hilfe finden
Die Gewalt an Frauen nimmt zu, meistens sind die Partner die Täter. In Bremen finden Frauen nicht nur im Frauenhaus Zuflucht, es gibt auch Präventionsprojekte.
Was fällt alles unter geschlechtsspezifische Gewalt?
Meist wird vor allem über körperliche Angriffe gesprochen, also wenn ein Mann eine Frau schlägt, mit Tritten oder mit einer Waffe verletzt. Wenn eine Frau wegen ihres Geschlechtes getötet wird, was zum Beispiel in der Partnerschaftsgewalt oft der Fall ist, spricht man von einem Feminizid. Im vergangenen Jahr gab es in ganz Deutschland 360 Femizide.
Außerdem fallen auch sexualisierte Gewalt, also Vergewaltigungen, sexuelle Nötigung und sexuelle Übergriffe, oder auch Stalking unter "Gewalt an Frauen".
Aber es gibt auch andere Arten der Gewalt: Wenn zum Beispiel ein Mann seiner Frau immer wieder verbietet, Freunde zu treffen, sie nach jedem Einkauf direkt nach Hause kommen muss oder ihr ihr Handy wegnimmt, ist das psychische Gewalt. Denn er isoliert sie so und schränkt damit ihre Freiheitsrechte ein.
Auch das sogenannte Gaslighting fällt unter psychische Gewalt: Dabei gibt der Täter dem Opfer immer wieder das Gefühl, seine Umgebung falsch wahrzunehmen und sorgt so für eine totale Unsicherheit. Zu dieser Form der Gewalt gehören Sätze wie "Das bildest du dir ein" oder "Das habe ich gar nicht so gesagt" oder "Da hast du wieder übertrieben" – damit geben die Tätern den Opfern das Gefühl, sich selbst nichts mehr zutrauen zu können.
Wie ist die Lage in Bremen?
Laut der Polizeilichen Kriminalstatistik 2023, die im Frühjahr veröffentlicht wurde, steigen die Zahlen bei der häuslichen Gewalt: Mehr als 2.700 Frauen waren Opfer solcher Taten, 700 mehr als im Vorjahr. Darunter fallen Übergriffe durch Partner, aber auch andere Familienmitglieder, genauso wie sexuelle Übergriffe.
Allerdings gibt es bei diesen Taten eine hohe Dunkelziffer, weil sie viele Frauen nicht trauen, zur Polizei oder zu einer Beratungsstelle zu gehen; entweder aus Angst vor einer weiteren Gewalteskalation oder weil sie glauben, sich deshalb schämen zu müssen.
Wie ist die Situation in den Bremer Frauenhäusern?
Im Land Bremen gibt es vier Frauenhäuser, drei in Bremen und eins in Bremerhaven. Im vergangenen Jahr wurden 20 zusätzliche Plätze geschaffen, insgesamt gibt es jetzt 145. Aber auch die Belegzahlen sind gestiegen, im Frauenhaus der AWO waren 2023 31 Frauen untergebracht, im Jahr davor waren es 27.
Man tue alles, um den Frauen gerecht zu werden, sagt die Leiterin Dagmar Köller. Aber das sei nicht immer einfach. "Ich nehme so viele Frauen auf, dass ich manchmal nicht verantworten kann, fünf Personen in einem 14 Quadratmeter Zimmer unterzubringen. Aber wir haben keine Chance, wir können die Frauen nicht in den gefährlichen Situationen lassen." Viele Frauen bleiben sechs Monate bis 1,5 Jahre dort. Leiterin Dagmar Köller fordert, dass nicht nur mehr, sondern auch bessere Plätze geschaffen werden.
Die Zahlen steigen, in Bremen und bundesweit. Warum?
Viele Expertinnen und Experten sagen, dass die Zahlen vor allem in der Corona-Pandemie gestiegen sind: Viele Frauen waren durch den Lockdown mit den Tätern eingesperrt und hatten keine Möglichkeit zu entkommen. Gleichzeitig trauen sich immer mehr Frauen, diese Taten auch anzuzeigen.
Allerdings beobachtet Dagmar Köller auch, dass die Gewalttäter immer perfider werden: "Inzwischen ist es so, dass wir weniger sichtbare Verletzungen feststellen bei Frauen", sagt sie. "Die Täter verändern so ihre Gewalt, dass sie dorthin schlagen, wo Außenstehende das nicht sehen. Das heißt nicht im Gesicht, nicht auf den Unterarmen, aber ganz stark am Unterleib und in der Brustgegend."
Was tut die Politik, um den Frauen zu helfen?
In Bremen gibt es den sogenannten Aktionsplan zur Umsetzung der Istanbul-Konvention. Die Istanbul-Konvention ist ein Übereinkommen des Europarates zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt. Der Bremer Aktionsplan sieht vor, dass die Frauenhäuser ausgebaut werden, langfristig sind 160 Plätze geplant.
Außerdem ist über diese Förderung auch die Bremer Gewaltschutzambulanz aufgebaut worden, in der Opfer von sexualisierter oder häuslicher Gewalt bei einer vertraulichen Spurensicherung Verletzungen dokumentieren lassen können, ohne zur Polizei zu gehen.
Präventionsprojekte wie "Stop – Stadtteile ohne Partnerschaftsgewalt", die es bundesweit, aber auch in Bremen gibt, sollen ebenfalls helfen. Die Idee: Partnerschaftsgewalt soll über Infomaterial, aber auch gemeinsame Treffen schon frühzeitig erkannt werden. Denn vielen Betroffenen und auch Tätern ist manchmal gar nicht bewusst, dass ihr Verhalten schon als Gewalt gilt.
Quelle: buten un binnen.
Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, 25. November 2024, 10:10 Uhr