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Schnelle Visa für Erdbebenopfer: Funktioniert das in Bremen?

Mehrere Menschen sind auf einer Straße versammelt
Bild: dpa | AA | Mehmet Taha Mazi

Viele versuchen Angehörige aus dem Erdbebengebiet nach Bremen zu holen. Klappt das so einfach? buten un binnen-Reporter Folkert Lenz hat mit Betroffenen gesprochen.

Es ist mittlerweile Tag Zehn nach dem schlimmen Erdbeben in der Türkei und Syrien, das Zehntausende Tote gefordert hat. Weil das Leben und Überleben in der Katastrophenregion immer schwieriger wird, wollen Angehörige von Opfern, die in Deutschland leben, ihre Familien hierher holen. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatten schon am Wochenende versprochen, dass das "unbürokratisch" möglich sein soll. Doch das funktioniert offenbar nicht, hat buten-un-binnen-Reporter Folkert Lenz herausgefunden, der mit Deutsch-Türken gesprochen hat.

Viele versuchen zum Beispiel, ihre Eltern aus dem Erdbebengebiet nach Bremen zu holen. Klappt das so unbürokratisch wie angekündigt?

Ich habe nicht den Eindruck. Wenn die Bundesregierung von – zumindest vorübergehenden – Visaerleichterungen spricht: In der Praxis müssen sich Betroffene immer noch durch den Behörden-Dschungel kämpfen. Das fängt damit an, dass Menschen hierzulande, die ihre Familien aus der Türkei oder Syrien rausbringen wollen, einen Termin bei den Bürgerämtern brauchen, um eine sogenannte Verpflichtungserklärung zu unterschreiben: Dass sie notfalls finanziell für alles aufkommen, was ihre einreisenden Angehörigen angeht.

Zumindest Mittwoch hieß es noch, dass es Termine dafür erst Ende April/Anfang Mai gibt, also frühestens in sechs Wochen. Das soll sich jetzt zwar ändern. Aber klar: Darüber sind die Betroffenen in Bremen und Bremerhaven echt wütend.

Wo liegen denn die Hauptprobleme, wenn man jemanden aus der Türkei oder aus Syrien nach Deutschland bringen möchte?

Erstmal beharrt Deutschland darauf, dass die Passnummern und weitere Daten der Einreisenden – wie bisher – vorliegen müssen, damit man überhaupt einen Visa-Antrag stellen kann. Das ist aber in der Praxis ein echtes Problem: Denn viele Menschen in der Türkei und Syrien haben ja ihre Papiere bei der Katastrophe verloren. Die haben nur das retten können, was sie am Leib haben. Und die Pässe liegen schlicht in den Hausruinen begraben.

Wenn sie jetzt einen neuen Reisepass brauchen, dann kriegen sie den in den verwüsteten Provinzen aber gar nicht, habe ich gehört. Weil die Behörden natürlich selbst von dem Erdbeben betroffen sind und gar nicht richtig arbeiten. Irgendwie ein Teufelskreis!

Wenn die Bundesregierung jetzt also von Visaerleichterungen spricht: Was wird denn überhaupt einfacher für Betroffene?

Immerhin stellen die türkischen Visa-Zentren für Deutschland jetzt erstmal Drei-Monats-Visa kostenlos aus. Außerdem sollen Anträge von Menschen aus den Erdbebenregionen als erstes drankommen und schneller bearbeitet werden. Man hofft, dass das jetzt in fünf Tagen passiert und nicht – wie normal – in 15 Tagen.

Außerdem brauchen Erdbebenopfer keine Dokumente vorzulegen, wie es ihnen finanziell geht und was sie verdienen. Weil auch der deutsche Staat verstanden hat, dass das "ein großes Hindernis für Menschen wäre, die Haus und/oder Arbeitsstelle durch das Erdbeben verloren haben." So schreibt es zumindest das Auswärtige Amt. Was trotzdem verlangt wird, sind Reisepapiere. Die haben aber viele nicht mehr.

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Auch Bremen hat angekündigt, die Einreise von Erdbebenopfern erleichtern zu wollen. Wie?

Das Land hat zumindest erkannt, dass es auch handeln und helfen muss. Denn hier leben 40.000 Menschen mit türkischen und 14.000 mit syrischen Wurzeln. Aber: Migrationsrecht ist Bundesrecht. Da können die Länder gar nicht viel machen.

Was Bremen trotzdem machen will: Zumindest schneller Termine vergeben für die erwähnten Verpflichtungserklärungen. In den Bürgerämtern sollen sich darum jetzt erstmal viele Mitarbeiter kümmern. Um das abzuarbeiten. Allein am Mittwoch hat es wohl mehrere Dutzend Zusatztermine dafür gegeben. Und das soll jetzt weitergehen. Denn auch der Bremer Ausländerbehörde ist klar: Für die Betroffenen ist jeder weitere Tag quälend, wo sie nicht handeln können.

Visaerleichterungen für Erdbebenopfer: Ist das Ganze also top oder Flop?

Deutschland müsste wohl einfach mal übergangsweise auf ein bisschen Bürokratie verzichten, damit das flutscht. Insofern: Flop! Und was die deutsch-türkische Community sagt: Bei den Ukrainern ging das doch auch, dass die schnell und relativ problemlos nach Deutschland gekommen sind. Warum nicht bei uns?

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Bild: Radio Bremen
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Autor

  • Folkert Lenz
    Folkert Lenz

Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Der Nachmittag, 16. Februar 2023, 17:40 Uhr