Kirchen wollen gemeinsamen Religionsunterricht in Niedersachsen
Geht es nach den Kirchen wird es in Niedersachsen bald keinen getrennten Religionsunterricht mehr geben. Stattdessen soll es nur noch ein gemeinsames Fach für Katholiken und Protestanten geben.
Die evangelischen Kirchen und katholischen Bistümer in Niedersachsen wollen mit der Landesregierung in Verhandlungen über eine gemeinsamen Religionsunterricht eintreten. Ziel der Gespräche sei es, das Fach als ordentliches Unterrichtsfach anstelle des bisherigen katholischen und evangelischen Religionsunterrichts einzurichten, so die Kirchen.
Christlicher Religionsunterricht – geht es nach den Kirchen in Niedersachsen, könnte das gemeinsame Fach in Zukunft so heißen. Das müssen die evangelischen Kirchen und katholischen Bistümer nun noch mit der niedersächsischen Landesregierung verhandeln. Denn: Bevor das Fach eingeführt werden kann, muss das Schulgesetz verändert und die Lehrpläne angepasst werden.
Kirchliche Zusammenarbeit entwicklet sich weiter
Die Idee eines gemeinsamen Unterrichts ist in Niedersachsen aber nicht neu. An den meisten Schulen im Land würde bereits ein konfessionell-kooperativer Unterricht stattfinden, erklärt Winfried Verburg, Leiter der Abteilung für Schulen und Hochschulen beim Bistum Osnabrück. Getrennt unterrichtet würde vor allem noch an vielen Gymnasien.
Der gemeinsame Unterricht erfreue sich immer mehr Beliebtheit, bestätigt Benjamin Simon-Hinkelmann, Pressesprecher der evangelischen Kirchen Niedersachsen. "Deshalb wollen wir mit dem 'Christlichen Religionsunterricht' noch einen Schritt weitergehen." Der christliche Religionsunterricht soll den bisherigen Unterricht ersetzen, sowohl den gemischt-konfessionellen als auch den getrennten. Es soll dann künftig nur noch eine gemeinsame Form geben.
Entscheidung liegt beim Land
An den Start gehen könnte der gemeinsame Religionsunterricht frühestens im Schuljahr 2025/26. Dafür müssen erst Lehrpläne für die verschiedenen Schulformen erstellt werden. Simon-Hinkelmann sieht die Möglichkeit, zunächst das Fach in der Grundschule einzuführen, im Anschluss dann gestaffelt in den höheren Jahrgängen. "Aber dies ist nicht die Entscheidung der Kirchen, sondern letztlich des Landes," erklärt er. "Wir wollen darüber so schnell wie möglich mit der Landesregierung Gespräche führen."
Neben den Lehrplänen müssen auch Schulbücher erarbeitet werden, sagt Winfried Verburg. Für den gemeinsamen Unterricht gebe es die noch nicht. Mit leeren Händen stehe man aber nicht da. "Wenn man zum Beispiel die Lehrpläne für die Grundschule anguckt hier in Niedersachsen, dann sind die zwischen katholischem und evangelischem Unterricht fast deckungsgleich," erklärt Verburg. "Das heißt, das Material, das es gibt, kann man auch für den christlichen Religionsunterricht einsetzen."
Was ändert sich für Schüler, Lehrer und Studierende?
Vor allem an den Schulen, die schon konfessionell-kooperativ unterrichten, seien es keine großen Veränderungen. Verburg halte es trotzdem für wichtig, dass es Fort- und Weiterbildungsangebote für Lehrkräfte gebe. "Letztlich ist es ein anderes Fach, das sie unterrichten werden, als das, wofür sie ausgebildet sind. Da ist natürlich Fortbildungsbedarf." Darum müsse das Land sich kümmern.
Auch für Schülerinnen und Schüler sieht Verburg wenig Veränderung: "Sofern sie jetzt schon konfessionell-kooperativen Religionsunterricht bekommen, wird sich wenig merklich ändern." An Schulen, die getrennten evangelischen und katholischen Religionsunterricht anbieten, könnten die Schüler im gemeinsamen 'Christlichen Religionsunterricht' dann mehr Wissen über die anderen Konfessionen gewinnen.
Vielleicht ist das sogar einfacher. Wenn ich nicht getauft bin, keiner Kirche angehöre und sage, Christentum interessiert mich. Mal da reinzugehen, ohne sich schon entscheiden zu müssen, gehe ich jetzt in die katholische oder evangelische Tür.
Winfried Verburg über die Chance eines gemeinsamen christlichen Religionsunterrichts
Eine gute Nachricht haben die Kirchenvertreter auch für Lehramtsstudierende: Die bestehenden Studiengänge sollen sich nicht grundlegend verändern. Es sei die Überzeugung der Kirche, dass angehende Lehrer weiterhin entweder katholische oder evangelische Theologie studierten. "Wenn wir eine eigene Lehramtsausbildung für christlichen Religionsunterricht machen würden, wären angehende Lehrer nur auf das Bundesland beschränkt, wo es das Fach gibt," erklärt Verburg. Das wolle man in Niedersachsen vermeiden um einen Wechsel in andere Bundesländer offen zu lassen. "Gleichzeitig wollen wir auch Lehrkräfte aus anderen Bundesländern einsetzen können."
Unterricht nach Bremer Klausel
In Bremen stellt sich die Frage nach einem gemeinsamen christlichen Religionsunterricht nicht. Denn: In Bremen ist der Religionsunterricht nicht konfessionell geregelt. Basis dafür ist eine Sonderregelung.
In Bremen gilt immer schon die Bremer Klausel des Grundgesetzes, die unter anderem Bremen einräumt, den Religionsunterricht selbst zu gestalten. Hier wird der Religionsunterricht nicht von den Religionsgemeinschaften verantwortet.
Sabine Hatscher, Pressesprecherin Bremischen Evangelischen Kirche
Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Nachrichten, 10. Januar 2023, 9 Uhr