Interview

Raser und Poser in Bremen: Das sagen die Menschen hinterm Steuer

Wie Bremerhaven strikter gegen Autoposer rund um den Zoo am Meer vorgeht

Bild: dpa | Christoph Reichwein

Wir machen den Perspektivwechsel: Vier Männer erklären, warum sie so gern mit ihren schnellen Autos durch Bremen und Bremerhaven fahren.

Wir waren abends in Bremen und Bremerhaven unterwegs, um mit denjenigen zu reden, die gemeinhin als "Autoposer" bezeichnet werden. Getroffen haben wir Mohammed Al-Zein, 29, der mit seinem Audi RS7 mit 605 PS eben noch mit 280 km/h über die Autobahn gerast ist. Außerdem drei weitere Fahrer, deren Namen wir geändert haben: Hakim, 23, mit einem Mercedes e400 Diesel mit 340 PS; Hassan, 21, der mit seinem BMW 650 mit 450 PS nach eigenen Angaben schon 270 km/h gefahren ist, und Jakob, 26, in einem Mercedes c63 AMG mit 500 PS, den er laut eigener Aussage schon auf 310 km/h hatte. 

Was gibt es dir, ein tolles Auto zu haben und damit spätabends durch die Stadt zu fahren?

Mohammed: Schöne Autos fahren wir nicht für irgendwelche Menschen oder für irgendjemanden, das machen wir für uns, weil wir jeden Tag hart arbeiten gehen. Am Ende des Tages, wenn wir ins Auto einsteigen, es anmachen, dann wissen wir, warum wir arbeiten. Für uns, unsere Familie und unser Selbstwertgefühl.

Hakim: Jeder möchte so etwas fahren. Egal ob jung oder alt. Einfach zum Spaß, jeden Abend. Bisschen rauskommen, unter Leute. Spaß ist einfach, wenn du den Drehmoment spürst, wenn du Power spürst. Wenn du merkst, du hast dein Auto unter Kontrolle, du kannst es halten, auch wenn es höhere Leistung hat. Auch wenn du ein anderes Auto überholst, das mehr Power hat als du. Ist wie ein Computerspiel, nur in echt. Adrenalin pur. Wenn du ein paar Unfälle hattest, verlierst du die Angst. Du bist ja versichert. So lange du keine Leute gefährdest, finde ich das ok.   

Autoposertreffen mit Zuschauern (Symbolbild)
In beiden Städten hat sich eine regelrechte Szene gebildet (Symbolbild). Bild: dpa | Julian Stratenschulte

Hassan: Einfach der Adrenalinkick, der macht Spaß. Einen schicken Wagen zu fahren, das ist mein Anreiz.

Jakob: Wir waren an der Schlachte, was essen, jetzt hier (Steintorviertel; Anmerkung der Redaktion) einmal so durchfahren und gucken, was los ist. Nein, was heißt Autoposer. Man fährt eine kleine Runde für sich selber und dann nach Hause.

Ist alles am Auto legal, ist es deins oder hast du es fürs Rumfahren gemietet?

Mohammed: Ja, das ist alles serienmäßig, vom Werk aus, original. Hat 80.000 Euro gekostet. Alles zulässig, sonst dürften wir ja gar nicht fahren. Wir wollen auch genau so auf den Straßen fahren, wie es erlaubt ist. 

Hakim: Der kostet ca 120.000 Euro und mein Cousin hat ihn geleast. Es gibt auch Mietwagen. Manche gucken so, welches Auto zu ihnen passen könnte. 

Jakob: Ja, ist ein zehn Jahre altes Auto. Hart gearbeitet, gespart und bezahlt. Ich bin bei einer Spedition, fahre Lkw. Ich fahre das Auto nur am Wochenende, den ganzen Monat kannst du dir das nicht leisten. Da gehen 20 Liter in der Stadt durch, pro 100 Kilometer. Da ist alles original. Sechs Liter Hubraum. Also der ist tiefergelegt, das ist eingetragen, der Rest ist Serienausstattung.

"Autoposer" – wie stehst du zu diesem Wort?

Mohammed: Es gibt Treffen, beispielweise an Tankstellen. Ich finde das kitschig. Ich mag es auch nicht, vor irgendwelchen Leuten zu prahlen. Vielleicht denken jetzt Leute: "Guck mal, jetzt gibt er Gas." Ich bin nicht so einer, ich fahr' ganz normal. Ich bin nicht hochmütig. Es gibt Leute, die Unfälle bauen, etwa weil die Wagen aufgemotzt sind und dann das Fahrwerk der Leistung nicht standhalten kann. Sie gefährden andere, unbeteiligte Menschen, Kinder, Familien. Das finde ich nicht okay, da bin ich komplett dagegen, da bin ich raus. Rennen fahre ich auch nicht. Ich möchte nicht mein Leben riskieren wegen ein bisschen Blech. Das mache ich nicht. Ich könnte nicht ruhig schlafen, wenn meinetwegen ein Passant verletzt worden wäre. Ich gebe Gas, wo es erlaubt ist.

Keiner gibt zu, dass er einer ist, aber es gibt schon viele.

Hassan über sogenannte Autoposer

Hakim: Poser gibt es, das sind die, die in Bremen an der Schlachte entlang fahren. Viel Gas auf ein paar Metern, um andere zu beeindrucken. Wir sind das nicht, wir sind Autoliebhaber.    

Hassan: Keiner gibt zu, dass er einer ist, aber es gibt schon viele. Aber ich würde mich selber nicht so bezeichnen. Ein Autoposer ist jemand, der viel umdreht und hin und her fährt, wo viele Menschen sind. Der einfach zeigen will, was er hat.

Was sagst du Anwohnerinnen und Anwohnern, die sich gestört fühlen, die sich beschweren?

Mohammed: Es gibt Menschen, die diese Autos stören. Aber die werden ja gebaut und für den Straßenverkehr zugelassen. Ich glaube, wenn die Leute es könnten, würden sie auch so einen Wagen fahren. Wenn ich weiß, dass sich da, wo ich langfahre, Menschen gestört fühlen, fahre ich verhalten. Ich mag es, Menschen zufrieden zu stellen. 

Hakim: Was soll ich denen sagen? Das ist deren Meinung, und unsere ist eine andere. Deswegen. Musst du auch mit rechnen. Ist alles zugelassen.

Hassan: Ja natürlich, ist Scheiße, aber ich achte schon darauf, wo ich das mache. Ich achte auf die Mitmenschen, ich mach das nicht überall. Die Woche über fahre ich auch wie jeder andere, ganz normal. Das ist eigentlich mehr fürs Wochenende oder für auf der Autobahn.

Jakob: Also wenn ich da sitze und so was höre, finde ich es geil. Das hat meiner Meinung nach nichts mit Posen zu tun. Vielleicht gibt’s den ein oder anderen, im Alter von 20, der so was übertreibt. Aber das ist noch im Rahmen, bei mir.

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Autor

  • Zu sehen ist ein Porträtfoto von Mario Neumann. Blaue Augen, relativ kurze, dunkelblonde Haare. Er hat die Arme verschränkt und lächelt.
    Mario Neumann Autor

Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Der Morgen, 27. August 2024, 7:10 Uhr