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Anwohnerparken, Quartiersgaragen: Was löst Bremens Parkplatz-Problem?
Vollgeparkte Straßen und Gehwege sorgen bei Bremern und in der rot-grün-roten Koalition für Aufregung. Dass sich etwas ändern muss, ist allen klar. Aber das "Wie" ist umstritten.
Bei den Bürgerinnnen und Bürgern in Bremen-Findorff sorgt die schwierige Parksituation immer wieder für Aufregung. Zuletzt ging es in einer Sitzung des Findorffer Beirats hoch her: Mobilitätssenatorin Maike Schaefer (Grüne) und Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) stritten heftig über das aufgesetzte Parken in dem Stadtteil. Sie waren sich beim Ziel einig: Das illegale Parken muss verhindert werden, verteidigten aber ihre jeweiligen Ideen dazu.
Das grundsätzliche Problem: Viele Autos, wenig Parkraum. Wer durch die Bremer Wohnviertel wie die Neustadt oder eben Findorff geht, der sieht häufig die Straße vor lauter Autos nicht mehr. Oft sind Gehwege und Straßen so vollgeparkt, dass Rettungswagen, aber auch Rollstuhlfahrer oder Kinderwagen kaum noch durchkommen. Und auch für die Autofahrer bedeutet die Suche nach einem Parkplatz häufig langes Kreisen und Stress pur.
Quartiersgaragen als ein Teil der Lösung
Doch die eine Maßnahme, die alles löst und alle Seiten zufrieden stellt, die gibt es nicht, sagt Carsten-Wilm Müller, Professor für Verkehrswesen an der Hochschule Bremen. Stattdessen sei es wichtig, Kompromisse zu finden und verschiedene Hebel zu tätigen.
Eine Idee, die immer wieder auch in Bremen diskutiert wird und zum Beispiel im Koalitionsvertrag der rot-grün-roten Regierung von 2019 steht, sind sogenannte Quartiersgaragen. Also Parkhäuser oder Parkplätze, auf denen die Bewohner eines Viertels ihre Autos gebündelt abstellen können.
In der Stadt Bremen gibt es bereits fünf städtische Parkhäuser, die als Quartiersgaragen gelten. Sie stehen unter anderem in der Neustadt, am Klinikum-Mitte und im Viertel. In ihnen kann man Dauerparkplätze mieten, Anwohner bekommen einen vergünstigten Tarif. Wer einen Dauerparkplatz als Anwohner mieten möchte, muss dafür in einem Umkreis von 500 Metern wohnen und je nach Parkhaus 35 bis 85 Euro im Monat bezahlen.
Man plane auch einige neue Quartiersgaragen, sagt Jens Tittmann, Sprecher der Senatorin für Klimaschutz, Umwelt, Mobilität, Stadtentwicklung und Wohnungsbau. Doch damit solche Garagen überhaupt helfen, müssen sie selbstverständlich auch von den Bewohnern der Viertel angenommen werden. Das klappe in Bremen nicht überall, sagt Tittmann. Zum Beispiel in der Garage am Klinikum-Mitte sei die Auslastung "ernüchternd".
Wie kann es klappen?
Damit Quartiersgaragen tatsächlich genutzt werden und funktionieren, muss Einiges stimmen, meint Verkehrsexperte Müller. Einerseits müssen sie nah an den Wohnungen der Menschen stehen. "Bei Bushaltestellen gelten 300 Meter in der Regel als eine zumutbare Laufentfernung", erklärt er. Das müsse auch bei den Garagen gelten. Allerdings kommt hier ein weiteres Problem ins Spiel: Der mangelnde Platz für den Bau.
In den bereits eng bebauten Wohnvierteln einen Ort für ein neues Parkhaus zu finden ist schwierig. Hier könnten laut Müller moderne Parkhäuser helfen, in denen die Fahrzeuge automatisch zu ihrem Stellplatz gebracht werden, ohne, dass die Fahrer das Parkhaus betreten. Das sei platzsparender, meint der Verkehrsexperte. Vor allem, wenn es auch kleinere, dezentrale Garagen gebe.
Der Bau eines solchen modernen Parkhauses werde dabei wohl auch nicht länger dauern, als die Suche nach einem großen Grundstück in der Bremer Innenstadt. Und um die Kosten zu tragen, rät der Experte, private Investoren für solche Projekte zu suchen. Damit die Parkplätze dann für die Kunden nicht zu teuer werden, könne man gleichzeitig eine Obergrenze für die Parkgebühren beschließen. Auch gemeinsame Projekte von städtischer und privater Hand seien denkbar.
Experte und Ressort einig: Straßenparkplätze sollten kosten
Ein weiterer – und laut Müller der relevanteste – Punkt ist, dass die Menschen die kostenpflichtigen Quartiersgaragen wohl erst nutzen, wenn es keine kostenlosen Alternativen mehr gibt. Darum sei es wichtig, den Parkraum an den Straßenrändern zu bewirtschaften, also kostenpflichtig zu machen, sind sich der Experte und das Mobilitätsressort einig.
Parkraum ist ein seltenes Gut. Und wenn ich mir die Wirtschaft angucke, dann weiß ich: Seltenes Gut ist immer teuer. Warum sollte Parkraum dann umsonst sein, wenn es etwas ist, das ich nutze?
Carsten-Wilm Müller, Professor für Verkehrswesen an der Hochschule Bremen
Anwohnerparken – ja oder nein?
Darum setze man in den betroffenen Gebieten auf das Bewohnerparken, erklärt Tittmann vom Mobilitätsressort. Dabei können Bewohner sich gegen eine Gebühr eine Parkerlaubnis für die umliegenden Straßen ausstellen lassen. Nicht-Anwohner können auf bestimmten Flächen kostenpflichtig parken.
Verkehrsexperte Müller hingegen sieht das Konzept des Anwohnerparkens kritisch. Denn auch Besucher hätten oft Gründe, warum sie in den Gebieten parken wollen. Und durch solche Aufteilungen in Anwohner und Nicht-Anwohner würden wieder Fronten zwischen verschiedenen Gruppen aufgebaut. Und solche oft festgefahrenen Konflikte hielten die gesamte Entwicklung auf.
Streit in Findorff als Negativbeispiel
Ein Beispiel dafür sei die Diskussion um das Thema des illegal aufgesetzten Parkens in Findorff. Gegen dieses will und muss die Politik nach einem Gerichtsurteil vorgehen. Doch dadurch werden wohl 30 bis 50 Prozent weniger Autos dort parken können.
Wenn ich die Entscheidung treffe: Ich möchte gerne, dass die Hälfte der Menschen im Auto sich auf etwas Anderes orientiert. Dann kann man das machen. Dann muss man aber auch für Alternativen sorgen. Und was jetzt passiert, ist: Es gibt nicht genügend gute Alternativen. Und deswegen fühlen sich die Leute bevormundet und sind dagegen.
Carsten-Wilm Müller, Professor für Verkehrswesen an der Hochschule Bremen
Darum müsse man am Besten für jede Straße einzeln schauen, wo sich welche Lösung umsetzen lasse. Und auch nach Kompromissen suchen, "und nicht nach solchen endgültigen Lösungen, an denen man dann nie wieder was machen muss", sagt Müller. Denn das funktioniere sowieso nicht.
Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 22. Februar 2023, 19:30 Uhr