Interview
ARD-Nachrichtentag: Wie unterscheide ich Fakten und Fake?
Vor Falschmeldungen schützen in der täglichen Informationsflut: Der Chef der Radio-Bremen-Nachrichtenredaktion erklärt, wie sich Fake News identifizieren lassen.
Ob im Internet, im Radio oder im Fernsehen – jeder wird täglich mit unzähligen Informationen konfrontiert. Dabei fällt es vielen Menschen schwer, Falschmeldungen eindeutig zu erkennen. Damit beschäftigt sich auch der heutige ARD-Nachrichtentag. Als Teil der ARD geht es deshalb auch bei Radio Bremen darum, wie Fake News entlarvt werden können.
Jan Siegert ist Chef der Nachrichtenredaktion von Radio Bremen. Im Interview erklärt er, nach welchen Kriterien Nachrichten ausgewählt werden, wie Informationen überprüft werden und wie man selbst seinen Blick für Fake News schärfen kann. Dabei kommt es ihm vor allem auf eine Sache an: "Nicht alles gleich glauben, was man liest."
Herr Siegert, früher war die Gefahr, dass Falschmeldungen verbreitet werden, deutlich geringer als heutzutage. Stimmt das?
Ich würde sagen, ja. Die Verbreitungswege waren nicht so multipel wie es heutzutage der Fall ist. Vor zwanzig, dreißig Jahren war Social Media nicht so weit entwickelt wie jetzt. Wenn man sich anguckt, wie beispielsweise auch in der Pandemie Informationen bei Facebook, bei Instagram oder bei Twitter teilweise ein wirkliches Eigenleben entwickelt haben, kann man das auf jeden Fall so unterschreiben.
Ich glaube, das macht es für die Menschen einfach auch schwieriger zu verstehen, welche Informationen eigentlich glaubhaft sind. Woher kommt die Information? Und das ist eine ganz wesentliche Aufgabe, die wir auch gerade als öffentlich-rechtliche Sender und auch als Nachrichtenredaktion haben. Wir müssen den Menschen nach wie vor verdeutlichen, dass wir uns erstens auskennen in der Arbeit als Journalisten und zweitens wirklich verlässliche und bewährte Mechanismen haben, um genau solche Informationen zu überprüfen.
Viele Menschen beziehen ihre Informationen aus dem Internet. Wie lässt sich dort herausfinden, ob eine Meldung wirklich stimmt?
Da würde ich auf jeden Fall sagen: Nicht alles sofort glauben, was man liest. Ein sehr gutes Zeichen für eine verlässliche Information ist, wenn man eine Information bekommt, in der auch eine Quelle genannt wird. Also woher kommt diese Information? Lässt die sich überprüfen? Es reicht nicht aus, wenn jemand sagt: "Ich habe gehört, dass das und das passiert ist." Sondern am besten ist es immer, wenn es eine verlässliche Quelle gibt. Also beispielsweise Politiker XY hat gesagt, dass... Dann ist das etwas, was man direkt nachprüfen kann. Man kann schauen, ob man beispielsweise eine Pressekonferenz findet, wo das gesagt worden ist. Das ist immer ein erstes, sehr gutes Indiz.
Dann sollte man schauen, ist das von einer Einzelperson – das ist auch immer ein guter, verlässlicher Punkt – oder kommt das von einem Medium? Von einer Zeitung beispielsweise, die man möglicherweise kennt. Oder von einer Regierungsorganisation. Oder teilweise dann auch von Behörden. Die nennen wir "verlässliche Quellen". Zum Beispiel die Polizei oder die Feuerwehr.
Das sind auf jeden Fall immer Punkte, die man sich als ganz wichtig auf den Zettel schreiben sollte: Kann ich die Information, die ich bekommen, überprüfen oder wird das einfach behauptet? Damit startet man schon mal sehr gut und ansonsten einfach auf den gesunden Menschenverstand vertrauen.
Nach welchen Kriterien werden die Themen, die Radio Bremen in den Nachrichten senden, ausgewählt?
Wir legen in der Nachrichtenredaktion bestimmte Kriterien an. Das sind so Sachen wie Aktualität. Also wie aktuell ist das gerade? Passiert das gerade oder ist es vor Kurzem passiert? Das legen wir als Maßstab an. Das ist auf jeden Fall eine ganz wichtige Geschichte. Dann gibt es etwas weichere Kriterien, wie: Hat etwas einen Gesprächswert oder betrifft es den Alltag der Menschen? Das ist für uns auch immer ein ganz wichtiger Punkt. Deswegen kommt naturgemäß beispielsweise sehr viel Politik vor. Also Entscheidungen und Gesetze, die sich direkt auf den Alltag der Menschen auswirken.
Und ansonsten kommen dann noch weichere Aspekte dazu, wie der Gesprächswert, die Tagesaktualität und dann eben auch, was die Menschen interessiert. Das versuchen wir landauf, landab durch Umfragen und Studien immer wieder zu erarbeiten. Und so setzt sich dann der Gewichtungskanon zusammen, den wir in der Nachrichtenredaktion haben.
Das Interview hat Susan Hamman geführt, Anna-Lina Wever hat das Interview aufbereitet
Quelle: buten un binnen.
Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, 19. September 2024, 13:40 Uhr