Ist Künstliche Intelligenz Fluch oder Segen, Herr Kipker?
KI chattet mit Studenten, schafft Kunst und schreibt Software. Ob wir uns angesichts des Hypes sorgen müssen, fragt Felix Krömer im Talk den KI-Experten Dennis-Kenji Kipker.
Die Technologie entwickelt sich rasant, ob in der Medizin, im Verkehr oder im Alltag, wo der KI-Chatbot ChatGPT in aller Munde ist. Doch was sind die Folgen dieses Hypes um Künstliche Intelligenz (KI)? Wo liegen die Chancen, wo die Grenzen der KI? Dennis-Kenji Kipker ist Professor für IT-Sicherheitsrecht an der Universität Bremen. Mit ihm spricht Felix Krömer darüber, ob die neue Technologie ein Segen ist – oder doch eher ein Fluch.
1 Welche Rolle spielt KI an der Uni Bremen?
Felix Krömer will von Dennis-Kenji Kipker zunächst (ab Minute 1:30) wissen, wo Künstliche Intelligenz an der Uni Bremen genutzt wird. Der IT-Recht-Professor betont, dass er selbst KI wie den Chatbot ChatGPT nur sehr eingeschränkt nutze. Er warnt zudem vor einem unbedarften Einsatz der Technologie, wie er ihn zeitweise bei seinen Studierenden beobachte – zum Beispiel beim Anfertigen von Hausarbeiten. "Da merkt man teilweise schon, dass die Standards in der wissenschaftlich-akademischen Ausbildung durch Künstliche Intelligenz abzusinken drohen."
2 Was ist Künstliche Intelligenz eigentlich?
Zwar spricht fast jeder über Künstliche Intelligenz. Was KI ist, könnten aber nur wenige definieren. Felix Krömer bittet seinen Talk-Gast daher (ab Minute 8:30) um Aufklärung.
Kipker gibt daraufhin einen geschichtlichen Abriss von den 1950er Jahren, über den Schachcomputer "Deep Blue" bis hin zu den heutigen Chatbots und neuronalen Netzen. "Wenn ich irgendeinen statischen Source-Code habe, dann ist es eine Sache – das verändert sich nicht", sagt der Wissenschaftler. Die heute verwendeten neuronalen Netze brächten den Computer hingegen in die nächste Evolutionsstufe. Computer seien durch sie in der Lage, sich selbst anzulernen.
3 Wo unterstützt Künstliche Intelligenz die Arbeitswelt?
Seine Ursprungsfrage, ob KI eher Fluch oder Segen ist, konkretisiert Krömer (ab Minute 15:50) in einer Zuspitzung auf die Folgen für den Arbeitsmarkt. Kipker nennt daraufhin "monotone Arbeiten" als jene Tätigkeiten, die von der Technologie am ehesten ersetzt werden könnten, also beispielsweise in der Buchhaltung oder der polizeilichen Datenverarbeitung. Der Vorteil: Menschen könnten sich dann um anspruchsvollere Aufgaben kümmern. "Man kann schon sagen, dass KI den Fachexperten nicht ersetzen wird", sagt Kipker. KI könne aber als Unterstützung sehr wertvoll sein, zum Beispiel in der Medizin.
4 Wird Felix Krömer bald durch eine KI ersetzt?
Mit einer Mischung aus Sorge und Ironie greift Felix Krömer (ab Minute 27:14) die Praxis in China auf, KI-generierte Moderatorinnen und Moderatoren einzusetzen. "Mein Job gehört dann letztendlich zu denen, die in Gefahr sind", sagt er. Dennis-Kenji Kipker beruhigt jedoch: "Ich würde es vielleicht nicht so pauschalisieren", sagt er. Zumindest zurzeit würden Menschen lieber einem natürlichen Menschen im Fernsehen folgen wollen.
Das Hauptproblem sieht der IT-Forscher eher in der Kreativ-Branche: Bei Grafik- und Werbedesignern gebe es bereits jetzt Anpassungsdruck. Hier zieht der Wissenschaftler einen Vergleich zu den Umbrüchen, die durch die Dampfmaschine kamen oder die Einführung der Fließbandproduktion. Anders als damals gehe es bei der Künstlichen Intelligenz nicht unbedingt um klassische Industrien, sondern um datengetriebene Branchen. Betroffen seien davon beispielsweise auch Callcenter und juristische Berufe.
5 Wie kann Künstliche Intelligenz kontrolliert werden?
Darüber tauschen sich Krömer und Kipker (ab Minute 34:04) ausführlich aus. Themen wie Plattformregulierung und der Digital Services Act, der Datenschutz, soziale Netzwerke und Künstliche Intelligenz in der EU regeln soll, kommen dabei zur Sprache. Gleiches gilt für die Grenzen solcher Regeln, die durch Attacken ausländischer Staaten oder in privaten Gruppenchats auf Telegram oder Whatsapp gefährdet seien.
6 Bricht KI Urheberrechte?
Über das schwierige Verhältnis von Künstlicher Intelligenz zum Urheberrecht reden die zwei Gesprächspartner ein wenig später: Ob Werke von Picasso in Datenbanken verwendet werden dürfen oder die Schöpfungen einer KI selbst urheberrechtlich geschützt sind und warum die "New York Times" aktuell gegen Microsoft und die ChatGPT-Macher von OpenAI klagt, ist Thema ab Minute 39:50.
7 Droht ein Terminator-Szenario?
Auch die Gefahr von Dystopien, wie sie in Science-Fiction-Filmen wie Terminator oder der Matrix auf die Leinwand gebracht worden sind, sparen die zwei Gesprächspartner (ab Minute 43:15) nicht aus. Kipker hält es zwar nicht für ausgeschlossen, dass Künstliche Intelligenz beispielsweise dazu genutzt werden könnte, gezielt weitere Pandemien auszulösen oder neue Waffensysteme autonom zu steuern. Aber er verrät am Ende auch, wo er die eigentliche Verantwortung sieht.
Quelle: buten un binnen.
Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 14. September 2024, 19:30 Uhr